Nintendo Spiel-KonsoleMit der Switch zuhause und unterwegs Zelda und Co. spielen

Einfach zu handhaben, aber extrem vielseitig: Aus der Konsole wird ein Monitor, aus dem Monitor eine mobile Konsole.
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Wo willst du spielen? Die Antwort auf diese Frage ist entscheidend für die Wahl der Spielplattform. Unterwegs greift man zur Taschenkonsole oder zur App, zu Hause sitzt man am PC oder vor dem Fernseher. Diese bislang strikte Trennung will der Spielekonzern Nintendo, der die Welt der Videospiele schon mehr als einmal auf den Kopf gestellt hat, nun aufheben. Switch heißt die neue Spielkonsole, die auf den ersten Blick eher unscheinbar daherkommt: als kompakte graue Kiste mit zwei Steuerungseinheiten, die kleiner sind als die meisten Fernbedienungen.
„To switch“ ist englisch und heißt so viel wie „wechseln, umschalten“. Der Name trifft ziemlich genau, worum es geht. Wo und wie man spielt, solo oder mit Freunden, auf dem 6,2 Zoll-Touchscreen oder einem Full-HD-Fernseher, das soll künftig allein von der Lust und Laune des Spielers abhängig sein. Eine einzige Konsole für zu Hause und für unterwegs – kann das überhaupt funktionieren?
„Joy-Cons“ heißen die kleinen Steuerungseinheiten
Wir haben es ausprobiert: Los geht es im Wohnzimmer. Die Inbetriebnahme ist kinderleicht. Die Basisstation wird per HDMI-Kabel ans TV angeschlossen, steckt man das Switch-Tablet in die Halterung, wird die Bildschirmansicht direkt auf den großen Monitor übertragen. Für gestandene Gamer gewöhnungsbedürftig ist zunächst der Controller. Oder besser gesagt: die Controller. Denn aus einem Eingabegerät macht Nintendo kurzerhand zwei. „Joy-Cons“ heißen die kleinen Steuerungseinheiten. Mit der einen in der linken, der anderen in der rechten Hand geht es in die offene Spielwelt von „The Legend of Zelda: Breath of the Wild“.
Die Joy-Cons sind mit einer Bewegungserkennung ausgestattet, sodass man die Spielfigur wahlweise mit den Steuerungssticks bewegt und Ziele anvisiert, oder indem man einfach den Arm bewegt. Das funktioniert erstaunlich präzise und führt zu merklich weniger Schulterverspannungen als mit einem einzelnen Eingabegerät. Wer es dagegen eher traditionell mag, schiebt sie in eine separat erhältliche Halterung, wodurch ein klassischer Controller entsteht.
Switch ist Recheneinheit und Monitor in einem

Mobiles Spielen mit der Switch
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An den Fernseher gekettet ist der Spieler auch nicht mehr, denn die Switch ist Recheneinheit und Monitor in einem. Wird das Wohnzimmer beispielsweise mitten im Spiel von einem anderen Familienmitglied beansprucht, nimmt man die Konsole einfach aus der Basisstation und kann anderenorts ohne Unterbrechung weiterspielen. Dazu stellt man das Display auf, wofür es auf der Rückseite einen kleinen ausklappbaren Ständer gibt. Für eine schnelle Mehrspielerpartie drückt man jedem Spieler eine Joy-Con-Einheit in die Hand. Oder man steckt die beiden Joy-Cons seitlich an und hat damit eine mobile Konsole im XL-Format.
Jede Menge Möglichkeiten
Für Kinder ist dieses flexible System der Hit. Vertreibungen aus dem Wohnzimmer führen nicht mehr zwangsläufig zum Spielende, und wenn der sonntägliche Familienausflug ansteht, nimmt man die Switch einfach mit und spielt im Auto weiter. Wenn Freunde kommen, ist in Sekundenschnelle eine Multiplayer-Station aufgebaut. Dabei kommen auch erwachsene Spieler auf ihre Kosten. Und wenn man mal wieder etwas Bewegung braucht, klickt man die Handgelenksschlaufen an die Joy-Cons und spielt ein paar Runden Golf, Bowling oder was immer die Entwickler sich sonst noch so einfallen lassen. Wie für die Wii-Konsole, mit der Nintendo die Bewegungssteuerung vor rund zehn Jahren etabliert hat, wird es sicher auch für die Switch bald jede Menge Fitness-Apps geben.
Im Moment ist das Angebot der auf Mini-Speicherkarten angebotenen Spiele allerdings noch sehr überschaubar. Die Minispielsammlung „1-2-Switch!“ und das Tanzspiel „Just Dance 2017“ (Ubisoft) demonstrieren die Möglichkeiten der Bewegungssteuerung. Der runderneuerte Klassiker „Super Bomberman R“ von Konami ist ein bombensicherer Multiplayer-Hit. Mit „Skylanders Imaginators“ (Activision) geht eine vor allem bei jüngeren Spielern extrem erfolgreiche Serie ins Rennen. Über den eShop will Nintendo aber kontinuierlich weitere Titel als digitale Downloads nachschieben, viele Dritthersteller haben für die kommenden Monate zugkräftige Titel angekündigt. Die Kooperation mit unabhängigen Spiele-entwicklern soll ebenfalls Leben in die Bude bringen: 60 Indie-Spiele stehen laut Nintendo bereits in den Startlöchern.
Super Mario darf nicht fehlen
Stets verlassen können sich Nintendo-Anhänger auch auf die bewährten Blockbuster-Marken. Das macht das bereits erhältliche „The Legend of Zelda: Breath of the Wild“ überdeutlich. Die neueste Folge des Fantasy-Epos entfaltet mit ihrer wunderschönen Comicbuch-Optik ein Videospielkunstwerk voller Action und Poesie. Am 28. April erscheint die Switch-Version des Bestsellers „Mario Kart 8“. Für viele Fans ist der Spaß-Racer schon allein ein Grund, sich die neue Konsole zuzulegen. Für den Herbst ist „Super Mario Odyssey“ angekündigt, und bereits im Sommer soll der jugendfreie Shooter „Splatoon 2“ erscheinen. Das Multiplayer-Spektakel zeigt den Traditionskonzern von seiner modernen Seite und hat sich schon jetzt eine feste Fan-Gemeinde erarbeitet.
Lohnt sich die Anschaffung?

Kraftakt: Vom Tablet lösen sich die Joy-Cons zum Beispiel nicht immer ganz leicht.
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Mit der Switch beweist Nintendo den Mut, neue Wege zu gehen, und schickt eine durchdachte und vielversprechende Spieleplattform ins Rennen. Der wichtigste Starttitel, „The Legend of Zelda: Breath of the Wild“, könnte mit seiner wunderbaren Comicbuch-Optik als schönstes „Zelda“ aller Zeiten durchgehen. Wer über ein begrenztes Budget verfügt, muss angesichts des Kaufpreises der Konsole allerdings schlucken. 330 Euro, das ist schon eine ziemliche Hausnummer, selbst angesichts der Tatsache, dass man im Grunde zwei Konsolen in einer bekommt. Dazu kommen Spiele (50-70 Euro) und Zubehör. So muss man für ein Paar zusätzliche Joy-Cons noch einmal rund 80 Euro einkalkulieren. Immerhin ist der interne Speicher vergleichsweise günstig mit Speicherkarten und externen Festplatten erweiterbar.
Ob sich die Investition lohnt, ist nicht zuletzt vom Erfolg jeder neuen Plattform abhängig. Denn der entscheidet darüber, ob auch künftig spannende Spiele dafür erscheinen. In dieser Hinsicht hat man sich bei Nintendo aber eigentlich noch nie Sorgen machen müssen. Selbst für den eher glücklosen Vorgänger Wii U gibt es mittlerweile ein hochkarätiges Angebot. Bleibt zu hoffen, dass der Neuzugang zumindest ansatzweise in die Fußstapfen der Wii tritt. Ein hoch gestecktes Ziel. Die vor rund einem Jahrzehnt ähnlich visionäre Hardware fand weltweit 100 Millionen Käufer.
Die Alternativen
Die Playstation 4 von Sony (ab 280 Euro) ist die derzeit leistungsstärkste Spielkonsole auf dem Markt. Mit der PS4 Pro (395 Euro) antwortete Sony kürzlich auf die wachsende Nachfrage nach 4K, also Geräten, die Inhalte für die neueste Generation von TV-Geräten mit vierfacher HD-Auflösung liefern kann. Wer einmal Spiele wie „Horizon: Zero Dawn“ auf einem 4K-Fernseher oder „Resident Evil: Biohazard“ mit einer Virtual-Reality-Brille gespielt hat, wird sich kaum noch mit weniger zufriedengeben. Zudem glänzt die PS4 mit vielen Multimediafeatures.
Das trifft auch auf die Xbox One von Microsoft zu, die ebenfalls zugkräftige exklusive Marken wie etwa die Science-Fiction-Saga „Halo“ oder die Rennsportreihe „Forza Motorsport“ im Angebot hat. In den USA und Großbritannien ist die Xbox One derzeit die meistverkaufte Spielkonsole. Ein Pluspunkt ist die „Abwärtskompatibilität“. Die macht es möglich, viele Spiele für den Vorgänger Xbox 360 auch auf der neuen Hardware zu spielen. Neben der Standard-Xbox (ab 245 Euro) gibt es die technisch aufgewertete Xbox One Elite (ab 395 Euro) und Xbox One S (ca. 300 Euro), die etwas kompakter ist und 4K-Videos abspielt. Gegen Ende des Jahres soll der Nachfolger Project Scorpio erscheinen.
Nintendo spielt in einer eigenen Liga
Nintendo spielt in einer eigenen Liga. Das liegt nicht allein an Marken wie Super Mario, Donkey Kong und Zelda. Auch dass der Konzern immer mal wieder für Überraschungserfolge wie „Pokémon Go“ gut ist, ist nur eine Facette des Phänomens. Der Hauptgrund für Nintendos Sonderstellung ist, dass die Japaner ihren eigenen Weg gehen – völlig unbeeindruckt von allem, was die Konkurrenz gerade so treibt. Die Entscheidungen des Konzerns, die aktuellen Trends meist weitgehend zu ignorieren, mögen mitunter rätselhaft erscheinen. Manchmal gehen sie, wie das Beispiel der Wii U zeigt, auch in die Hose. Der Tablet-Controller war spaßig, aber längst nicht so revolutionär und intuitiv wie die Bewegungssteuerung der Wii, die darin liegenden Möglichkeiten wurden von Verbrauchern wie Drittherstellern kaum verstanden. Am Ende wirkte auch der Hersteller mutlos bei der Unterstützung seiner Hardware.
Immer freie Sicht auf den Bildschirm
Es gehört jedoch zu Nintendos großen Stärken, stets sehr genau zu analysieren, wie die eigenen Produkte benutzt werden. So ist es ein Problem des dreidimensionalen Bildschirms der mobilen Konsole 3DS, dass man den 3D-Effekt nur frontal von vorne wahrnehmen kann. Gerade Kinder sitzen aber typischerweise zu mehreren vor einem Spiel. Bei eingeschaltetem 3D konnten die Zuschauer links und rechts des Spielers deshalb nichts erkennen. Bei der Switch hat man, ob man nun allein oder zu mehreren spielt, immer freie Sicht auf den Bildschirm, den man zudem aufstellen kann, wo und wie man will. So macht es beim neuen „Zelda“ fast ebenso viel Spaß, zuzuschauen und Tipps zu geben, wie selbst den Controller in die Hand zu nehmen.
Mit der Switch hat Nintendo die guten Ansätze der Wii und des 3DS weiter-, die der Wii U zu Ende gedacht und das Ergebnis in ein einziges Gerät gepackt. In Sachen Rechenpower ordnete man sich dafür hinter den Mitbewerbern ein. Den Mut (und die finanziellen Mittel) muss man im Haifischbecken der Gamesbranche erst einmal aufbringen. Doch es sind letztlich weder die Leistungsdaten noch die Experten, die über Sieg und Niederlage entscheiden, sondern die Spieler. Und für die ist vor allem eines wichtig: Macht es Spaß oder nicht? Nach den ersten Stunden mit der neuen Hardware steht für mich fest: Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass Nintendo mal wieder ein Coup gelungen ist.