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Oldtimer-ImportDas lange Warten auf den großen Traum

Lesezeit 5 Minuten

Meinrad Feldhoff mag es groß und exklusiv: Sein Packard kann als Beispiel dienen. (Foto: Christ)

Wenn es um Oldtimer geht, liebt es Meinrad Feldhoff groß und exklusiv: "Ich bin ein Mensch, der von sich behauptet, ein Individualist par excellence zu sein." Der Kerpener öffnet die Tore seiner Garage und präsentiert das Auto, das seinen Vorstellungen von stilvoller Fahrkultur entspricht: einen Packard 1001 von 1933, ein amerikanisches Luxusungetüm in dunklem Rot mit 5,4 Litern Hubraum, acht Zylindern und etwa 2,2 Tonnen Gewicht. Feldhoff hat noch einen zweiten Wagen dieses Kalibers in Weiß. Doch der wird gerade aufgearbeitet. Bis nach Kerpen war es für die wuchtigen Oldtimer ein weiter Weg: Beide Packards standen bis vor viereinhalb beziehungsweise fünf Jahren noch in Kalifornien.

Schnäppchen, wenn der Dollar schwach ist

Wenn Oldtimer nach Deutschland importiert werden, dann meist aus den USA. Das warme und trockene Wetter in Staaten wie Kalifornien oder Texas schmeichelt der sensiblen Substanz alter Fahrzeuge, anders als das feuchte und damit rostgefährliche Klima Europas. Ist der Dollar - wie aktuell - schwach, sind unter Umständen Schnäppchen möglich. Im Moment ist etwa ein Chevrolet Bel Air von 1959 im mittleren Zustand, dessen Wert in Deutschland bei über 18 000 Euro liegt, in den USA für umgerechnet 8000 Euro zu haben - dazu kommen natürlich Transport- und Umbaukosten. "Man erwartet aus den USA gute und günstige Autos", sagt ADAC-Oldtimer-Experte Heinz-Gerd Lehmann, um gleich einzuschränken: "Es kann natürlich sein, dass das Günstige das Teure ist."

Zum Beispiel, wenn der Käufer sich nur auf die schönen Bilder der Inserate im Internet oder in Fachzeitschriften verlässt. Meinrad Feldhoff erlitt bei seinem ersten Packard sogar Schiffbruch, obwohl er ihm einen persönlichen Besuch abstattete. "Der Wagen machte einen anständigen Eindruck auf mich", sagt der 61-jährige Diplom-Ingenieur, der sich im Nachhinein vom Verkäufer "fürchterlich über den Tisch gezogen" fühlt. Denn erst in Deutschland stellte sich heraus, dass der Holzrahmen der weißen Vorkriegskarosse hoffnungslos vom Pilz zerfressen war. Feldhoff blieb nichts übrig, als die Teile in einer Schreinerei für viel Geld nachfertigen zu lassen. Ein aufwendiges Verfahren: Bis heute ist der Packard nicht fertig restauriert.

"Die Amerikaner lieben eine sogenannte kosmetische Restaurierung, damit die Autos von außen gut aussehen", so Feldhoff. Er rät deshalb, sich nicht nur selbst ein Bild vom Fahrzeug zu machen, sondern am besten gleich einen Sachverständigen mitzunehmen.

Problemlose Überführung

Problemlos lief die Überführung nach Europa. Feldhoff ließ beide Packards in halbjährigem Abstand per Schiff transportieren, die Spedition holte die Wagen vom Verkäufer ab und fuhr sie zum Hafen von Los Angeles. "Man kann das Auto natürlich auch selbst zum Hafen fahren", so Feldhoff. Doch das sei mit finanziellem Aufwand verbunden. "So viel Vertrauen sollte man zum Spediteur haben", sagt der Ruheständler. Das beauftragte Unternehmen sollte allerdings auf Oldtimer-Transporte spezialisiert sein.

Der ADAC empfiehlt eine Transportversicherung mit "All risk"-Deckung. Damit sind alle Risiken von der Fahrzeugübergabe an die Spedition bis zur Auslieferung in Deutschland abgedeckt.

Gibt es keinen festen Termin, kommt der Oldtimer unter Umständen erst nach Wochen an. Von den Häfen der amerikanischen Westküste dauert der Transport länger als von der Ostküste.

Wenn ein Auto in Deutschland verzollt und nicht als Sammlungsstück eingruppiert wird, muss man für die Einfuhrabgaben etwa ein Drittel des Nettopreises veranschlagen. Hat der Käufer etwa für das Auto umgerechnet 13 800 Euro und für die Fracht 767 Euro bezahlt, kommen 1457 Euro Zollgebühren (10 Prozent) und 3046 Euro Einfuhrumsatzsteuer (19 Prozent) hinzu.

Als "sammlungswürdig" werden in Deutschland meist nur Autos eingestuft, die vor 1950 gebaut wurden. Dann entfallen die Zollgebühren, die Einfuhrumsatzsteuer beträgt sieben Prozent. Sammlungswürdig sind Autos, die einen geschichtlichen Wert darstellen.

Vor der Zulassung muss der Oldtimer zum Tüv, der bei amerikanischen Autos oft Umbauten verlangt, zum Beispiel an Blinkeranlagen und Scheinwerfern. Das H-Kennzeichen gibt es nur für Oldtimer, die weitestgehend originalgetreu sind, auch Rennwagen.

Folgende Unterlagen sind in Deutschland laut ADAC für die Zulassung erforderlich: Kaufvertrag im Original, Zoll-Unbedenklichkeitsbescheinigung, "Certificate of Title" (kurz Title), amerikanische Kennzeichen, Gutachten des Tüv, Versicherungsbestätigung, Pass.

Markus Freiknecht ist Geschäftsführer eines solchen Unternehmens. Es seien nicht nur amerikanische Klassiker wie der Ford Mustang, die gerne in den USA gekauft würden, so der Chef der "Cargate & Logistics GmbH" in Bremerhaven. Auch deutsche Fabrikate wie der Porsche 911, Mercedes SL oder der Karmann Ghia würden oft in Übersee gekauft. Der große Importboom sei 2008 gewesen, als der Dollarkurs besonders günstig stand. Auf Wunsch übernimmt seine Firma den kompletten Service - von der Suche nach dem gewünschten Auto über die Begutachtung seines Zustands bis zum Kaufabschluss und Transport vor die Haustür. Die Kosten richten sich nach Fahrzeuggröße und Aufwand. "Den meisten Leuten ist wohler, wenn sie in Deutschland einen Ansprechpartner haben", sagt Freiknecht. Denn entspreche das Auto am Ende nicht den Wünschen, könne er unter Umständen haftbar gemacht werden. Wer hingegen auf eigene Faust kauft, kann anschließend nur schwer nachverhandeln.

Beim Kauf kann viel schiefgehen

Natürlich übernehmen die Speditionen auf Wunsch auch den Papierkram, der bei Oldtimer-Importen aus Nicht-EU-Ländern immens ist. Schon beim Kauf kann viel schiefgehen. "Besonders wichtig ist der ,Title'", so Lehmann. Das Dokument entspricht in etwa dem deutschen Fahrzeugbrief. Fehlt es, gibt es Probleme bei der Einfuhr oder der Zulassung in Deutschland. Für den Zoll ist der Kaufvertrag wichtig ("Bill of Sale"), auf dem technische Daten, Kaufpreis und Angaben zu den Vertragspartnern vermerkt sein müssen.

Zehn Prozent Zoll und 19 Prozent Umsatzsteuer fällig - bezogen auf den Kaufpreis und die Transportkosten. Auch Spediteur Freiknecht lässt Oldtimer deshalb in Holland verzollen - obwohl sie in Bremerhaven vom Schiff gehen. Ein kurzer Umweg über den holländischen Zoll sei auch für Privatleute eine gute Möglichkeit, Geld zu sparen, sagt er.

Trotz manch böser Überraschung, die erst in Deutschland zutage trat: Meinrad Feldhoff bereut es nicht, seine Packards über den Atlantik geholt zu haben. Beide Fahrzeuge habe er für verhältnismäßig wenig Geld erstanden, sagt der Oldtimer-Liebhaber. Und mittlerweile seien die Preise enorm gestiegen: "Das ist eine gute Wertanlage."