Hannes Radeck5 Dessert-Rezepte vom „Patissier des Jahres 2021“ zum Nachmachen

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Hannes Radeck arbeitet im Ox&Klee und wurde vom Gault&Millau zum „Patissier des Jahres 2021“ ausgezeichnet.

Köln – Hannes Radeck vom „Ox & Klee“ ist der Patissier des Jahres 2021. Wir haben den „Neppeser Jung“ getroffen und mit ihm über seinen ungewöhnlichen Weg vom Koch zum Dessert-Profi gesprochen. Exklusiv für unsere Leser und Leserinnen hat uns Radeck außerdem fünf leckere Dessert-Rezepte verraten, die auch Anfängern gelingen. Alle Rezepte finden Sie auch als PDF zum Ausdrucken. Und wer dem Meister einmal bei der Arbeit zusehen will, kann sich die Videos* unter den Rezepten ansehen – darin erklärt Hannes Radeck Schritt für Schritt wie's geht.

Der März ist angebrochen und wir laufen immer noch mit der Maske rum – was fehlt nach einem Jahr Corona am allermeisten?

Hannes Radeck: Na klar: die Gäste und die Möglichkeit bei uns im Restaurant auf dem Niveau eines Sternerestaurants zu kochen – das fehlt total.

Geht das überhaupt: Mit Maske kochen? Ach, das geht schon, wir hatten das ja auch schon vor dem zweiten Lockdown, da war ja auch Maskenpflicht, weil wir ja auch hier auf engstem Raum zusammenarbeiten. Das ist sehr anstrengend, besonders wenn es draußen warm ist. Zum Abschmecken geht man dann in eine Ecke und probiert mit einem Löffel, aber ach ja, man gewöhnt sich an alles. Ist jetzt eben so.

Wie sieht’s mit dem Austausch unter Kollegen aus – findet der noch statt und wenn ja: wie? Also mit anderen Restaurants gibt es eigentlich kaum noch Austausch, höchstens dass wir uns mal schreiben und fragen, wie läuft’s bei euch? Kommt ihr durch? und so was alles, aber Treffen natürlich gar nicht. Und innerhalb unseres Teams manchmal ein kleines Abstandsbierchen, wenn wir mit „Ox4U“, unserem Take-Away-Angebot, fertig sind. Aber abends noch mal mit den Kollegen ausgehen, das fällt alles weg und das ist sehr schade.

Sie sind im November vom Gault&Millau zum „Patissier des Jahres 2021“ ausgezeichnet worden – via Digital-Preisverleihung. Konnten Sie das wenigstens im Team noch ein bisschen feiern? Ja, klar, hier mit dem Küchenteam haben wir das schon ein bisschen gefeiert, es gab auch die eine oder andere Flasche Champagner vom Chef gesponsert, aber natürlich alles nur in einer sehr abgespeckten Version. Aber sehr viele Glückwünsche über Nachrichten, Anrufe… ohne Lockdown hätte ich anders gefeiert – definitiv.

Das Verrückte ist: Sie sind erst 29 Jahre alt und machen das auch noch gar nicht so lange, oder? Richtig, eigentlich bin ich gelernter Koch. Patisserie mach ich erst seit zweieinhalb Jahren. Meine erste Station im Ox&Klee war das „Bayleaf“ (die angeschlossene Restaurant-Bar, Anm. der Redaktion) und damals war das Dessert dort so lala und ich hab angeboten, es besser zu machen. Das hat dann auch ganz gut geklappt und als dann irgendwann der Patissier des Ox & Klee gegangen ist, hat man mir den Job angeboten.

Vom Kalbsgeschnetzelten zum Macaron liegt ja ein weiter Weg – was ich sagen will: Wie wird denn ein Koch zum Patissier?

Learning by doing. Klar, am Anfang hab ich schon geschluckt bei der Vorstellung, plötzlich die Patisserie für ein Sternerestaurant zu machen und ehrlich gesagt: ich hatte auch keine Ahnung. Klar, ne Mousse konnte ich schon zusammenrühren, aber dann hörte es auch schon auf. Tja, und dann hab ich es mir Stück für Stück beigebracht – mit ganz ganz vielen Büchern und sehr vielen Überstunden. Wenn der Chef zum Beispiel plötzlich Macarons auf der Karte haben will und ich die noch nie gemacht hab, dann heißt es morgens ein paar Stunden vor den Kollegen in die Küche gehen, um die bis abends hinzukriegen.

Wie geht das Küchenteam vom Ox&Klee vor, wenn es sich ein neues Menü ausdenkt – ist das so ein gemeinsames Brainstorming oder geht einer voran und die anderen improvisieren dazu? Unser Kulinarik-Konzept nennen wir „Experience Taste“, dabei geht es darum in jedem Gang sechs Geschmackssinne anzusprechen: Fünf davon kennen die meisten, das sind süß, salzig, sauer, bitter und umami. Unser Küchenchef Daniel Gottschlich hat sich noch die Geschmackskomponente fett dazu überlegt. Im ersten und im letzten Gang bekommen unsere Gäste die einzeln serviert, in den Gängen dazwischen gruppieren sie sich rund um die Hauptkomponente, die zum Beispiel Reh sein kann.

Zur Person

Foto: Csaba Peter Rakoczy

Hannes Radeck ist 29 Jahre alt und lebt seit seiner  Geburt in Köln-Nippes. Nach der Schule begann er seine Ausbildung als Koch im Kölner Maritim-Hotel und arbeitete anschließend im Sternerestaurant „Gut Lärchenhof“. Im „Ox & Klee“ ist er seit zweieinhalb Jahren und hat  auch erst dort mit der Patisserie begonnen. Mit Erfolg: 2020 kürte der „Gault&Millau“ ihn zum Patissier des Jahres.

Die Gerichte für ein Menü entwickeln wir tatsächlich zusammen im Team. Meistens hat jeder von uns schon eine Idee, was er mal ausprobieren möchte und erklärt das dann dem Rest der Mannschaft. Dann kommt vielleicht ein anderer und sagt, gute Idee, aber probier’s doch auch mal so und so und irgendwann kommt man dann zusammen zum Ergebnis. In der Patisserie hab ich aber eigentlich komplett freie Hand. Ich mach was, gebe das dann dem Daniel zum Probieren und der sagt dann in der Regel „ist geil, können wir so machen“ und dann machen wir das so. (lacht) Aber klar, es hat ihm auch schon mal etwas nicht geschmeckt, gerade am Anfang, da muss man dann erstmal herausfinden, was dem Chef gefällt und was nicht.

Passt alles in einen Nachtisch oder gibt’s da auch Grenzen? Theoretisch passt alles – ich persönlich würde jetzt aber keinen ganzen Fisch oder Fleischstücke auf ein Dessert packen. Das Aroma davon finde ich wiederum sehr spannend, Speckaroma ist zum Beispiel toll.

Was ist denn jetzt an Ihren Desserts anders und besser? Das ist eine sehr gute Frage! Vielleicht gehe ich einfach ganz anders ran an Gerichte als ein gelernter Konditor. Der macht eine Biskuit, legt da eine Creme drauf und noch ein Eis und ein bisschen chi-chi und fertig. Ich dagegen geh wie ein Koch dran und nehme hiervon ein bisschen was und davon ein bisschen was und schmeiße das alles zusammen und gucke, was dabei herauskommt – das ist eher untypisch für die Patisserie, in der sich in der Regel strikt ans Rezept gehalten wird. Ich experimentiere lieber rum.

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Wie lang dauert die Entwicklung eines neues Desserts eigentlich im Schnitt? Lange! Am Anfang steht die Idee und ein Grundprodukt. Hat man daraus dann ein Dessert entwickelt, wird es immer wieder getestet. Einmal, zweimal, dreimal und dabei immer wieder am Rezept gefeilt. Vor Corona hatten wir die Vorgabe so alle 6-8 Wochen den Gang zu wechseln. Aber tatsächlich kann es bis zu vier Monate dauern, bis ein Dessert so ausgereift ist, dass wir es auf die Karte setzen.

Das Maggiei ist ein Signature Dish des Ox & Klee – was ist Ihre Spezialität? Ich glaube, meine Pralinen sind jetzt sowas wie mein Signature Dish. Die kommen am Ende des Menüs in Form eines Pralinenrad mit zum Teil sehr spektakulären Geschmäckern, wie zum Beispiel meine „Fettpraline“ mit Griebenschmalz und Petersilie zubereitet – die war schon etwas gewöhnungsbedürftig, das gebe ich zu (lacht).

Sie haben unseren Leserinnen und Lesern ein paar Rezepte verraten – was müssen sie bei der Zubereitung beachten, damit das Dessert gelingt?

Keine Sorge, ich habe es nicht so kompliziert gemacht, dass es keiner nachmachen kann, die Rezepte sind bewusst einfach gehalten. Außergewöhnlich sind eher die Geschmacksbilder, die sie entfalten, wie zum Beispiel die Panna Cotta mit Zitronenverbene oder die Profiterol mit Fichtencréme. Aber die sind wirklich für jeden machbar. Wichtigste Regel: entspannt an die Sache herangehen und nicht zu sklavisch ans Rezept halten. Funktioniert für mich ganz gut die Haltung.

Rezepte als PDF

Hier können Sie alle fünf Dessert-Rezepte zusammen herunterladen und ausdrucken.

Wer Lust hat, sich ein bisschen in das Thema Dessert einzuarbeiten – mit was fängt man am besten an? Ich würde dazu raten, am Anfang mit etwas Einfachem anzufangen: nicht mehr als 4 oder 5 Komponenten wie bei einer Mousse. Die ist gut geeignet, um die Basics der Patisserie verstehen zu lernen. Warum kommt da ein Ei rein? Was macht Gelatine oder Alkohol mit dem Dessert? Oder wer lieber etwas backen will, nimmt sich zunächst einen Biskuit-Teig vor, der ist auch nicht so kompliziert. Lieber langsam steigern anstatt direkt mit Macarons zu beginnen.

Erwarten mehr Menschen heute auch vegane oder glutenfreie Desserts von der gehobenen Spitzenküche und funktioniert das in der Patisserie? Es geht alles, aber den Geschmack eines Joghurts mit einer laktosefreien Variante zu treffen ist echt schwer. Wir bemühen uns darum, alle unsere Gäste glücklich zu machen und ich habe auch großen Respekt für alle, die sich vegan ernähren, aber für mich als Patissier ist es echt schwer, meine Ideen mit den dann noch vorhandenen Zutaten umzusetzen.

Auf Ihrem Instagram-Profil kann man sehen, dass Sie schon ein bisschen herum gekommen sind in der Welt. Gibt es ein Land, das Sie in Sachen Kulinarik begeistert hat? Oh ja: Ich war mal in Norwegen und finde die skandinavische Küche gerade unfassbar spannend! Und da bin ich nicht der Einzige. Ich glaube, der ganze Asien-Hype in der Küche ebbt gerade ein bisschen ab und stattdessen wird’s in Zukunft naturbelassener, zurück zu den Wurzeln, nur zwei, drei Sachen auf dem Teller und der Rest ist Natur: Kräuter, Blumen – erdig eben. Toll. 

Zitronenverbene-Pannacotta mit Kumquat (4 Personen)

Pannacotta: • 20 g getrocknete Zitronen Verbene • 250 g Sahne • 100 ml Milch • 3 Blätter Gelatine • 40 ml Agaven-Dicksaft • Limettenabrieb

Für die Pannacotta die Sahne zusammen mit der Milch und dem Agaven-Dicksaft aufkochen. Währenddessen die Gelatine in kaltem Wasser einweichen. Anschließend die Verbenen-Blätter in die aufgekochte Sahnemischung geben und ca. 5 Minuten ziehen lassen. Die Verbene durch ein Sieb passieren und die gut ausgedrückte Gelatine in die Pannacotta geben. Danach die Pannacotta noch mit Limettenabrieb verfeinern und abfüllen. Ungefähr 3 Stunden kalt stellen. 

Kumquat: • 10 Stk. Kumquat • 80 ml Passionsfruchtsaft • 80 ml Orangensaft • 30 g Zucker

Den Zucker bei kleiner Temperatur hell karamellisieren und anschließend mit dem Passionsfruchtsaft ablöschen. Den Orangensaft dazu geben und auf ungefähr 2/3 der Menge einkochen. In der Zwischenzeit die Kumquats heiß abwaschen und in dünne Scheiben schneiden. Danach die Kerne entfernen. Den Passionsfruchtfond heiß über die Kumquats geben und ungefähr 3 Stunden kalt stellen.

Valrhona Caramelia-Terrine mit Preiselbeere (4 Personen)

Terrine: • 125 ml Sahne • 75 ml Milch • 25 g Glucose • 250 g Valrhona Caramelia-Schokolade

Die Sahne zusammen mit der Milch und der Glucose aufkochen. Währenddessen die Caramelia-Schokolade vorsichtig auf einem Wasserbad schmelzen. Die aufgekochte Sahnemischung nach und nach in die geschmolzene Schokolade gießen, dabei mit einem Gummispachtel vorsichtig rühren. Wenn eine homogene Masse entstanden ist, in Gläser abfüllen und mindestens 4 Stunden kalt stellen.

Preiselbeeren: • 150 g Preiselbeere • 80 g Portwein (rot) • 80 g Pflaumensaft • 30 g Zucker

Den Zucker bei kleiner Hitze hell karamellisieren. Mit dem Portwein anschließend ablöschen und den Pflaumensaft dazu geben. Alles sehr weit reduzieren bis eine Art Sirup entsteht. Danach die Preiselbeeren dazu geben und erkalten lassen.

Süßholz-Financier (circa 6 Stück)

Financier: • 75 g Butter • 80 g weiße Kuvertüre • 50 g Puderzucker • 60 g Mandelmehl • 25 g Mehl • 75 g Eiweiß • 40 g Süßholz-Pulver

Die Butter bei mittlerer Hitze schmelzen und zur braunen Butter weiter kochen lassen, anschließend durch ein feines Sieb passieren. Nebenbei die Kuvertüre auf einem Wasserbad schmelzen. Puderzucker, Mandelmehl, Mehl und das Süßholz-Pulver zusammen vermischen und das Eiweiß hinzugeben, alles mit einem Schneebesen glatt rühren. Danach die passierte Butter und die geschmolzene Kuvertüre unter rühren langsam dazu geben. Wenn eine homogene Masse entstanden ist, in die Förmchen beziehungsweise Silikonform füllen (halbvoll) und bei 180° C ca. 12 Minuten backen. Vollständig auskühlen lassen.

Profiterol mit Fichtencreme (ca. 25 Profiterol)

Profiterol: • 75 ml Milch • 75 ml Wasser • 110 g Butter • 110 g Mehl (405er) • 4 Eier • 1 Prise Salz • 2 Prisen Zucker

Die Milch zusammen mit dem Wasser, der Butter und dem Salz und Zucker aufkochen bis die Butter vollständig geschmolzen ist. Anschließend das Mehl in einem Schwung komplett dazugeben und unter ständigem Rühren (am besten mit einem Holzlöffel) abbrennen. Der Teig ist fertig abgebrannt, wenn sich auf dem Topfboden ein weißer Film bildet. Den fertigen Brandteig in eine Schüssel geben. Die Eier zusammen in ein Gefäß aufschlagen und leicht verquirlen. Mit einem Handrührer nach und nach die Eier in den Brandteig einarbeiten. Ungefähr 4-5 Minuten weiter rühren. Anschließend die Masse in einen Spritzbeutel füllen und kleine Punkte auf ein mit Backpapier (oder Silikonbackmatte) Spritzen. Die entstanden Spitzen mit einem angefeuchteten Finger entfernen. Die Profiterol bei 160°C 12-15 Minuten backen. Komplett auskühlen lassen. 

Fichtencreme: • 125 ml Sahne • 125 ml Milch • 25 g Maisstärke • 10 g Butter • 75 g Eigelb • 50 g weiße Kuvertüre • 25 g Zucker • 50 g Fichtenpulver

Die Sahne mit der Butter, dem Zucker, dem Fichtenpulver und 60 ml Milch aufkochen, währenddessen die restliche Milch mit der Speisestärke verrühren. Die angerührte Speisestärke unter ständigem Rühren in die kochende Sahnemischung geben (Temperatur reduzieren). Solange rühren und kochen bis die Masse anfängt anzudicken. Anschließend die Kuvertüre dazugeben und verrühren. In eine separaten Schüssel die Eigelbe geben und langsam die heiße Sahnemasse einrühren. Alles wieder zurück in den Topf gießen und bei kleiner Hitze das Eigelb zur Rose abziehen. Die fertige Creme durch ein Sieb passieren und mit einer Folie abdecken und mindestens 4 Stunden kalt stellen. Nach dem Erkalten nochmal kräftig mit einem Schneebesen durchrühren. Die fertige Creme in einen Spritzbeutel füllen. Vorsichtig mit dem Messer ein kleines Loch in die Unterseite der Profiterole schneiden, dann die Masse mit dem Spritzbeutel einfüllen, dabei die Profiterole drehen, so dass sich die Creme gleichmäßig darin verteilt. 

Tonkabohnen-Quarkkrapfen (ca. 25 Krapfen)

Krapfen: • 25 g Butter • 50 g Zucker • 125 g Quark • 125 g Mehl • 4 g Backpulver • 2 Eier • 1/2 Tonkabohne • 1 Limette • Öl zum frittieren

Die Butter schmelzen. Den Quark zusammen mit dem Zucker, Mehl, Backpulver, Eier verrühren und nach und nach die geschmolzene Butter dazugeben. Mit Tonkabohne und Limettenabrieb abschmecken. Währenddessen das Öl auf 180°C erhitzen. Mit zwei Löffel kleine Nocken abstechen und goldbraun frittieren, anschließend auf ein Abtropfpapier legen.

* Auf Grund von elektromagnetischen Schwingungen durch das Induktionskochfeld kam es leider zu gelegentlichen Beeinträchtigungen des Funksignals. Wir bitten die hierdurch verursachten Tonstörungen zu entschuldigen.

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