Pfui Spinne – oder doch nicht?Was dran ist an den Vorurteilen gegen Spinnen

Eine Spinne greift nach einer in einer Spinnwebe gefangenen Fliege.
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Mit dem Altweibersommer sind auch die Spinnennetze wieder da, die so schön im Sonnenlicht glänzen und für romantische Herbststimmung sorgen. Wenn nur die Spinnen darin nicht wären. So manch einer ekelt sich vor ihnen oder fürchtet sie gar – völlig zu Unrecht, wie im Folgenden gezeigt werden soll.
Unsere Spinnen sind gefährlich
Fast alle Spinnen sind giftig, das stimmt. Allerdings verfügen sie hierzulande weder über größere Mengen gefährlichen Giftes, noch über die entsprechenden körperlichen Voraussetzungen, dieses auch dem Menschen beibringen zu können. So ist unter anderem die Angst vor den gerade im Altweibersommer gefürchteten Kreuzspinnen vollkommen unbegründet, da diese die menschliche Haut gar nicht durchdringen können. In unseren Breitengraden gibt es nur zwei Spinnen, die dazu überhaupt fähig sind – beide sind aber keinesfalls wirklich gefährlich für den Menschen – vielleicht einmal abgesehen von Allergikern, die hier eventuell überreagieren können. Die Wasserspinne (Argyroneta aquatica) ist eine der beiden in Frage kommenden Arten. Sie lebt allerdings als einzige Spinne überhaupt ausschließlich unter Wasser und stellt somit für Wanderer im Herbstwald nun wirklich keine Gefahr dar. Selbst, wenn man im Wasser auf sie treffen sollte, ergreift sie sofort die Flucht. Das Schlimmste, was passieren kann, ist ein Biss, der in etwa so schmerzhaft ist wie ein Wespenstich. In der gleichen Kategorie, was den Schmerz betrifft, rangiert der Dornfinger (Cheiracanthium). Die bis zu 15 Millimeter großen Tiere haben einen schlanken Körper und lange dünne Beine sowie sehr stark ausgeprägte, auffällige Kieferklauen. Auch sie ergreifen in der Regel die Flucht und verteidigen sich nur in Notwehr. Dornfinger halten sich vor allem in Sträuchern, Büschen und in hohem Gras auf. Wer den Wanderweg im Wald nicht verlässt, hat also nichts zu befürchten.
Spinnen sind Insekten
Nein, sie sind keine Insekten, sondern zählen zu den Spinnentieren, wie auch Skorpione und Zecken. Im Gegensatz zu den Insekten haben Spinnentiere nämlich nicht sechs Beine, sondern acht.
Der Ekel vor Spinnen ist angeboren
Zugegeben, Spinnen sind ganz anders als andere Tiere. Sie weben Netze, bewegen sich auf acht Beinen und haben auch kein kuscheliges Fell wie etwa kleine, niedliche Meerschweinchen. Dennoch sind weder die ausgeprägte Spinnenangst (Arachnophobie), noch das schaurige Ekelgefühl angeboren. Beides wird erlernt, sagen Psychologen. Wenn Mutti zu Hause jedes Mal laut aufschreit, sobald ihr einer der kleinen Achtbeiner begegnet, schaut sich der Nachwuchs dieses Verhalten von der Mutter ab. „Lernen am Modell“ nennen Fachleute das. Wird dann auch noch belehrend nachgeholfen, mit Vorurteilen wie „Spinnen sind eklig“, stehen die Chancen sehr gut, dass auch der Sprössling Spinnen in Zukunft meidet, wo es nur geht.
Fatal kann das Ganze werden, wenn es so zu einer ausgeprägten Spinnenangst (Arachnophobie) kommt. Die Betroffenen sind dann nicht mehr mit guten Worten vom Gegenteil zu überzeugen und leiden im Alltag teilweise stark unter ihrer Angst – bis hin zu regelrechten Panikattacken. In einem solchen Fall empfiehlt sich der Gang zum Psychologen. Dem Experten stehen verschiedene Therapiemöglichkeiten zur Verfügung. Gerade bei Arachnophobien stehen die Chancen gut, eines schönen Tages ganz entspannt mit den kleinen Achtbeinern zusammenleben zu können.
Zitterweh, also Fieber durch Zitterspinnen
Im Haus hat sie wohl jeder schon einmal gehabt: die Zitterspinnen (Pholcidae). Sie haben selbst für Spinnen außergewöhnlich lange Beine und hängen manchmal kopfüber an der Zimmerdecke. Berührt man ihr Netz, so beginnen sie zumeist augenblicklich mit dem namengebenden Zittern. Dabei wackeln sie so gut sie können am Netz herum und versuchen sich so für ihre Feinde unsichtbar zu machen. In der Tat fällt es Vögeln viel schwerer, die wild herumzappelnde Spinnen zu ergreifen. Mit dem Zitterweh, das die Tiere angeblich verursachen, Fieber also, hat der Name der Zitterspinnen aber rein gar nichts zu tun. Warum auch, denn schließlich können die Achtbeiner die menschliche Haut nicht durchdringen.
Spinnen sind vollkommen überflüssig
Jedes Tier hat seinen Platz im Kreislauf der Natur, auch die Spinnen. Sie fangen Insekten und dienen ihrerseits größeren Tieren wie Vögeln als Nahrung. Es gibt wissenschaftliche Berechnungen, die davon ausgehen, dass der gesamte Erdball unter einer mehrere Zentimeter dicken Schicht von Insekten ersticken würde, gäbe es keine Spinnen mehr. Überflüssig sind Spinnen also keineswegs, auch wir Menschen brauchen sie.

Unbeliebt, aber sicher kein Feind: Spinnen fangen und fressen viele andere Insekten im Haus.
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Spinnen überleben im Staubsauger
Eine Horrorvorstellung für viele Menschen: Die mit dem Staubsauger aufgesaugten Spinnen fliehen in der Nacht wieder - und nicht nur das, sie entkommen sogar noch viel fetter und ekliger als sie aufgesaugt wurden, weil sie sich im Staubsauger vollgefressen haben. Die Realität sieht sogar noch viel schlimmer aus, allerdings nicht für die Hausfrauen, sondern für die Spinnen. In der Regel werden die Tiere nämlich beim Aufsaugen schwer verletzt und ersticken spätestens im Staubsaugerbeutel oder werden dort von anderen aufgesaugten Dingen erschlagen, zumindest aber zum Beispiel durch Wollmäuse am Herausklettern gehindert. Zwar hört man immer wieder Geschichten von Spinnen, die aus dem abgestellten Staubsauger entkommen, aber das funktioniert nur im Ausnahmefall, wenn der Staubsauger nach dem Aufsaugen sofort abgestellt wird und die Spinne sich bei der Tortur nicht allzu stark verletzt hat. Dicker wird die im Staubsauger aber definitiv nicht, denn zum Netzbau oder zur Jagd ist sie im Staubsaugerbeutel ganz sicher nicht aufgelegt, ganz zu schweigen von dem fehlenden Platz für derartige Aktivitäten. Auch Spinnen sind Tiere, die eine Existenzberechtigung haben und so sollte man sie ohnehin nicht mit dem Staubsauger aufsaugen oder erschlagen, sondern vielmehr einfangen und draußen in der Natur wieder freilassen.