Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

ProjekteTiere filmen im Dienst der Forschung

4 min

Eine Kamera dokumentierte das Leben dieses Mississippi-Alligators. Er jagt in der Nacht und ist meistens erfolgreich.

Das Selbstporträt ist wirklich gelungen: Keine zusammengekniffenen Augen, die Frisur sitzt und der Mund zeigt ein breites Grinsen. Schärfe und Belichtung stimmen auch. Es könnte eines jener zahllosen Selfies sein, die Menschen rund um den Globus von sich knipsen und ins Internet stellen.

Wenn auf diesem Bild nicht ein Schopfaffe zu sehen wäre. Auf der indonesischen Insel Sulawesi hatte das Tier dem britischen Fotografen David Slater die Kamera entwendet und ganze Serien von Fotos damit geschossen - unter anderem auch von sich selbst. Nun streiten der Fotograf und der Betreiber der Fotosammlung Wikimedia Commons über die Urheberrechte. Kann der Fotograf diese beanspruchen, obwohl der Affe das Bild gemacht hat? Noch ist die Sache nicht entschieden.

Wertvolle Einblicke in den Alltag

Der Fall wird wohl eher eine Ausnahme bleiben. Zwar haben auch die verschiedensten anderen Tiere schon fleißig fotografiert und gefilmt. Streit um ihre Werke gibt es in der Regel aber nicht. Denn meist treten vierbeinige oder geflügelte Fotografen nicht in Konkurrenz zu ihren menschlichen Kollegen, sondern sind im Dienst der Wissenschaft unterwegs. Mit ihrer Hilfe können Biologen wertvolle Einblicke in den Alltag und die Ökologie verschiedener Arten gewinnen.

Selbst bei scheinbar so wenig geheimnisvollen Tieren wie Hauskatzen gibt es in dieser Hinsicht nämlich noch einiges zu klären. Zum Beispiel die Frage, was sie auf ihren Streifzügen durch die Nachbarschaft so alles erlegen. Sind die Beutetiere, die sie ab und zu mit nach Hause bringen, repräsentativ? Um das herauszufinden, haben Kerrie Anne Loyd von der University of Georgia und ihre Kollegen 55 freilaufende Vorstadt-Katzen im Südwesten der USA mit kleinen Videokameras ausgerüstet. Jedes Tier trug seine "Kitty Cam" sieben bis zehn Tage lang und filmte alle seine Outdoor-Aktivitäten.

So kam heraus, dass 44 Prozent der Katzen Wildtiere jagten, vor allem Reptilien, kleine Säugetiere und Wirbellose. Erfolgreiche Jägerinnen töteten dabei in sieben Tagen im Durchschnitt 2,4 Tiere. Sie ließen 49 Prozent ihrer Opfer am Tatort zurück und verspeisten weitere 28 Prozent. Nur 23 Prozent der Beute brachten sie mit nach Hause. Der Einfluss von Hauskatzen auf wildlebende Arten könnte also deutlich größer sein als vermutet.

Auch über die Fressgewohnheiten von großen Raubtieren lässt sich mit Hilfe moderner Filmtechnik mehr herausfinden. So haben James Nifong von der University of Florida und seine Kollegen 15 Mississippi-Alligatoren mit Kameras auf dem Rücken in zwei Flussmündungen an der Küste Floridas geschickt. Aus Untersuchungen des Mageninhalts der Tiere war zwar schon bekannt, dass Mississippi-Alligatoren eine sehr abwechslungsreiche Speisekarte haben. Schnecken, Schildkröten oder Fische schmecken ihnen ebenso wie Vögel, Säugetiere oder die eigenen Artgenossen.

Erst die Filme aber haben gezeigt, wie die schwimmenden Jäger bei ihren Beutezügen zu Werke gehen. Vor allem nachts und morgens starten sie demnach im Durchschnitt alle zwei Stunden eine Attacke - und sind in mehr als der Hälfte aller Fälle auch erfolgreich. Besonders vielversprechend sind dabei Überfälle in den Morgenstunden und solche, bei denen das Reptil unter Wasser lauert. So getarnt kommen die Alligatoren doppelt so häufig zum Erfolg wie aus einer auch für andere besser sichtbaren Angriffsposition.

Für andere Jäger ist es dagegen nicht mit Lauern getan, sie müssen ihre Beute aktiv suchen. Wie gehen sie dabei vor und woran orientieren sie sich? Unechte Karettschildkröten sind in dieser Mission zum Beispiel vor der japanischen Küste unterwegs gewesen. Ein Team um Tomoko Narazaki von der Universität Tokio hatte auf ihrem Panzer nicht nur eine Videokamera befestigt, sondern auch ein Messgerät, das Tauchtiefe und Wassertemperatur, Schwimmgeschwindigkeit und Bewegungsrichtung erfasste.

Bilder und Messwerte verrieten dann, dass diese Meeresschildkröten normalerweise in Tiefen von mehr als einem Meter nach Quallen suchen. Vor allem tagsüber biegen sie dabei oft abrupt in Richtung der glibberigen Beute ab. Daraus schließen die Forscher, dass die Tiere ihre Opfer mit den Augen finden.

Auch Seevögel sind Augentiere, die allerdings nicht gleich direkt nach ihrer Beute spähen. Warum nicht erst einmal nach anderen Fischinteressenten Ausschau halten, die vielleicht schon fündig geworden sind? So kann man sich schließlich die großräumige Suche sparen und sich gleich auf ein vielversprechendes Jagdrevier konzentrieren.

Abfälle als gefundenes Fressen

Genau diese Strategie verfolgten die Kaptölpel, die Pierre Pistorius von der Nelson Mandela Metropolitan University im südafrikanischen Port Elizabeth und seine Kollegen mit Kameras auf dem Rücken zum Fischen geschickt haben. In den Filmen, die diese Tiere vor der Küste Südafrikas gedreht haben, tauchen immer wieder andere Seevögel, Delfine oder Fischerboote auf, an denen sich die fliegenden Kameraleute orientieren.

Fischereifahrzeuge verraten jedoch nicht nur, wo lukrative Fischgründe liegen. Oft wirft die Besatzung auch Fischabfälle oder unerwünschten Beifang über Bord - für viele Seevögel ein gefundenes Fressen. Vom Festmahl lieferten sie schöne Bilder - die Urheberrechte dafür haben sie bisher nicht gefordert.