Technik„Spiele werden gewalttätiger weil die Grafik immer detaillierter ist“
Wie erklären Sie Spielern, dass Ihre Arbeit notwendig ist?
Laut Gesetzgeber gibt es bestimmte Inhalte in Medien, bei denen der Jugendschutz besonders wichtig ist und die Kindern und Jugendlichen nicht zugänglich gemacht werden sollen, weil sie ihr Mitleidsempfinden herabstufen, also verrohend wirken, können. Deswegen gibt es verbindliche Altersfreigaben und Indizierungen. Bei Spielen beziehen sich die Indizierungen meist auf die Gewaltdarstellung.
Was entgegnen Sie Kritikern, die Ihnen Zensur vorwerfen?
In Deutschland darf alles veröffentlicht werden, aber im Nachgang darf eine Jugendschutzmaßnahme einsetzen. Mit Zensur ist oft gemeint, dass in Deutschland veröffentlichte Spielefassungen bestimmte Elemente nicht enthalten. Das liegt aber in der Verantwortung der Spielefirmen selber. Sie legen das Spiel der USK vor, weil sie ein Kennzeichen bekommen möchten. Wird das abgelehnt, kann die Spielefirma überlegen, ob sie etwas am Inhalt ändert oder aus dem Spiel rausnimmt. Die Bundesprüfstelle betreibt keine Zensur, sondern Jugendschutz.
Gab es schon Spiele, von denen Sie dachten, dass sie von USK oder BPjM falsch eingestuft wurden?
Es kommt schon mal vor, dass man im Gremium eine andere Meinung vertritt als die Mehrheit. Aber es war bisher immer so, dass ich nachvollziehen konnte, warum es zu einem Ergebnis gekommen ist. Um die gemeinsame Spruchpraxis zu gewährleisten, haben wir regelmäßige Austauschtreffen mit der USK. Die Prüfkriterien sind in beiden Institutionen gleich.
Können Sie heute Entscheidungen von 1984 nachvollziehen?
Ich kann sie aus der damaligen Zeit heraus nachvollziehen. Gerade, wenn es um das erste indizierte Spiel „River Raid“ geht, muss man sich in Erinnerung rufen, dass damals das, was im Spiel gezeigt wurde, State of the Art war. Deswegen ist es aus der Sicht des Jahres 1984 durchaus erklärlich, dass man bestimmte Inhalte als gefährlich eingestuft hat, die sich 30 Jahre danach nicht mehr so darstellen.
Sind Computerspiele die Medien, die aufgrund ihrer Grafikentwicklungen am ehesten von den Listen verschwinden?
Es wurden durchaus schon Spiele gestrichen, genau wie Filme. Doch es gibt auch Inhalte, bei denen die Art der Visualisierung keine entscheidende Rolle spielt: Wenn ein Spiel eine rassistische Aussage enthält, ist es egal, in welcher grafischen Verpackung sie daherkommt. Die Aussage ist weiterhin eine jugendgefährdende. Deshalb gibt es auch Folgeindizierungen von älteren Spielen.
Warum dürfen in Filmen verfassungsfeindliche Symbole gezeigt werden, in Spielen aber nicht?
Bei der BPjM führt ein NS-Symbol nicht sofort zur Indizierung, sondern es muss eine Verherrlichung des Nationalsozialismus vorliegen, zum Beispiel wenn das Nazi-Regime als die Guten dargestellt würde. Wenn Nazis aber bekämpft werden müssen, liegt in der Regel keine NS-Verherrlichung vor, auch wenn ein entsprechendes Symbol auftaucht. Es ist Aufgabe der Polizei, der Staatsanwaltschaft und der Gerichte, zu prüfen, ob die Verwendung eines NS-Symbols strafbar ist.
Mit welchem Gefühl verfolgen Sie die Killerspiel-Debatte?
Wenn ein Verbot sogenannter Killerspiele in Kraft träte, wäre das eine Änderung der Rechtslage. Natürlich geht es in einem großen Teil der 18er- und nicht gekennzeichneten Spiele um Shooter. Die Wirkungsforschung sagt aber nicht: Weil eine Person einen Shooter gespielt hat, wird sie Gewalt anwenden. Das hängt von vielen Faktoren ab. Der Jugendschutz hat besonders die Jugendlichen im Blick, die ein ungünstiges soziales Umfeld haben, in dem nur Gewalt zur Lösung von Konflikten eingesetzt wird. Wird ihnen dieses Verhalten dann in einem Spiel präsentiert, kann das ausschlaggebend sein, selber diese Mittel anzuwenden.
Loten Spieleentwickler gerne aus, wie weit sie gehen dürfen?
Das war schon immer so, dass Grenzen ausgetestet werden. Mit jeder neuen Technik will ja auch etwas Neues ausprobiert werden.
Werden Spiele gewalttätiger?
Grundsätzlich werden sie gewalttätiger, einfach dadurch, dass die Grafik immer detaillierter ist.
Was würden Sie Eltern raten, die Ihren Kindern ein Spiel kaufen möchten?
Die Eltern sollten auf jeden Fall auf die Alterskennzeichen achten. Wenn sie davon abweichen, sollen sie das bewusst machen. Eltern können sich bei der Bundesprüfstelle informieren, ob ein Spiel indiziert ist. Sie dürfen ihren eigenen Kindern auch indizierte Spiele geben, für alle anderen Personen gilt: Man macht sich strafbar, wenn man Unter-18-Jährigen ein indiziertes Spiel zugänglich macht.