WechseljahreZeit der hormonellen Umstellung

Während der Wechseljahre vergeht Frauen oft die Lust am Sex.
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Die Liste der Beschwerden in den Wechseljahren ist lang: Frauen sitzen da mit hochrotem Kopf, der Schweiß läuft, die Lust am Sex ist dahin, sie werden aggressiv, leiden an psychischen Störungen, nehmen an Gewicht zu, die Kopfhaare werden dünner, dafür wachsen Haare auf der Oberlippe, und das Selbstwertgefühl ist zutiefst gestört - bei wem wohl nicht, angesichts solcher Szenarien. Die nette Variante ist, dass die Wechseljahre, also das Klimakterium, so ähnlich zu betrachten sind wie die Pubertät, als natürlicher Prozess.
Gestiegene Lebenserwartung
Und dass sie eins bestimmt nicht sind: eine Krankheit. "Der Beginn der Wechseljahre und die Dauer haben sich um drei bis vier Jahre nach hinten verschoben und die symptomatischen Probleme um bis zu zwei Jahre verlängert", sagt der Gynäkologe Dr. Robert de Dycker aus Bergisch Gladbach. Zum einen hängt das mit der gestiegenen Lebenserwartung zusammen, zum anderen mit Lebensstandard und Ernährung. Damit ist nicht nur die gute und ausgewogene Nahrung gemeint, sondern auch "die Hormonbeigaben, sprich Östrogene, in Fleisch und anderen Produkten". Die allererste Aufgabe des Gynäkologen sei es, intensiv mit den Frauen zu sprechen und ihnen genau zuzuhören, um zu erkennen, worunter die Patientin leidet. "Dann erst folgt eine Therapie", sagt de Dycker, "und die Entscheidung, was, wie lange und ob Hormone verabreicht werden können und dürfen." Spätestens nach fünf Jahren muss geklärt werden, wie und ob hormonell weiter therapiert werden darf. De Dycker: "Eine reine Östrogen-Therapie ist einfacher zu verlängern als eine kombinierte Therapie. Die Höchstgrenze einer hormonellen Therapie liegt aber bei maximal zehn Jahren, danach steigt das Risiko von Komplikationen." Sprich Brustkrebs, Schlaganfall, Thrombose, Herzinfarkt. "Aber auch Diabetes kann, bei Veranlagung, östrogengesteuert sein", gibt der Frauenarzt zu bedenken. Und weiter: "Bei reinem Östrogen kombiniert mit natürlichem Gestagen sowie einer Behandlungsdauer von unter zehn Jahren besteht kaum Brustkrebsrisiko." Ob Hormontabletten oder Hormonpflaster verabreicht werden, ist eine Risikoabwägung. Tabletten gelangen durch Magen und Darm direkt in Blutbahn und Leber. Östrogene in der Leber sind aber nicht unbedingt von Vorteil, weil sie, so de Dycker, "Bluthochdruck und Gallensteine verursachen können". Pflaster, also die Aufnahme der Wirkstoffe über die Haut, schonen zwar Magen und Leber, sind aber nicht ungefährlich bei Stoffwechselerkrankungen wie zum Beispiel zu hohen LDL-Cholesterinwerten. Dass bedingt durch die hormonelle Talfahrt im Klimakterium bei vielen Frauen die Lust am Sex spürbar schwindet, sollte nicht als gottgegeben hingenommen werden. Sexuelles Verlangen stelle sich nun mal nicht ein, wenn Frauen - ausgelöst durch Hormonabfall - unter Scheiden-Trockenheit litten und daher Schmerzen beim Geschlechtsverkehr hätten, so de Dycker. Wer sich mit Soja, Traubensilberkerze, Mönchspfeffer, sibirischem Rhabarber oder Isoflavonen als alternative Therapie durch die Wechseljahre retten möchte, kann das versuchen. De Dycker: "30 Prozent der Frauen schwören darauf, obwohl diesen Produkten gern der Beigeschmack anhaftet, dass man damit vor allem Geld verdienen kann." Sie schaden nicht, so resümiert der Arzt, aber es gibt bisher keine ernstzunehmenden Studien, die die Wirksamkeit belegen.