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Workout im WettbewerbWas Sport-Challenges wirklich bringen

Lesezeit 4 Minuten

Sport-Challenges animieren zum Schwitzen für einen begrenzten Zeitraum. Das kann die Hemmungen vorm Sport senken.

13-mal mehr Leistung in nur 30 Tagen: Das klingt utopisch. Doch dieses ambitionierte Ziel rief die "Plank Challenge" aus. Das Facebook-Event animierte Anfang 2015 viele Tausend Menschen zum Mitmachen.

Plank, das heißt übersetzt Unterarm-Stütz und ist eine kraftraubende Angelegenheit. Man hält seinen Körper über dem Boden. Der Rücken ist durchgestreckt, das Gewicht liegt auf den Unterarmen und den Zehen. Es zieht überall: im Bauch, im Rücken, den Oberarmen.

20 Sekunden sollten die Teilnehmer den Plank am ersten Tag halten. Von Tag zu Tag wurde diese Vorgabe größer. Am Ende der Challenge, die über 30 Tage ging, waren 270 Sekunden Unterarm-Stütz angepeilt. Neu an diesen Sportherausforderungen ist eigentlich nur, dass sie über soziale Netzwerke ablaufen. Ratgeber-Bücher und Dauer-Werbesendungen haben schon immer große körperliche Veränderungen in kurzer Zeit versprochen: Nehmen Sie zehn Kilo in nur zwei Monaten ab! Oder: Strafferer Bauch in nur vier Wochen! Jeder ist schon über solche Claims gestolpert. Der Tanzlehrer Detlef Soost verspricht: "I make you sexy." Mit seinem "10 Weeks BodyChange" sollen in zehn Wochen 20 Kilogramm weg.

Egal, ob Plank Challenge oder BodyChange: Sind solche zeitlich begrenzten Sportaktivitäten effektiv oder überflüssig? "Sie können genial sein, wenn man sie richtig einsetzt", sagt Christine Graf. Denn sie machen Fortschritte sichtbarer. Außerdem wird man jeden Tag zur Leistungsüberprüfung aufgefordert, erläutert die Professorin für Bewegungs- und Neurowissenschaft an der Deutschen Sporthochschule Köln. Wichtig sei aber, dass die Ziele der Challenge realistisch sind. "Danach sollte die passende Herausforderung ausgewählt werden, dort beginnt der Erfolg."

Überschaubarer zeitlicher Rahmen

Der überschaubare zeitliche Rahmen senkt die Hemmungen vorm Sport, glaubt Hildegard Rebsch. Die Fitnesstrainerin und Yogalehrerin aus Backnang bei Stuttgart hat das Buch "Bauch, Beine, Po & Arme. Die 30-Tage-Body-Challenge" geschrieben. Darin skizziert sie 15 Kurztrainingsprogramme mit je vier bis sechs Übungen, die den Körper in einem Monat in bessere Form bringen sollen.

Rebsch führt seit vielen Jahren gemeinsam mit ihrem Mann ein Fitnessstudio. "Wer ständig unterwegs ist oder wenig Zeit hat, fragte mich oft: Was kann ich schnell daheim oder im Hotel machen?", erzählt sie. Das war ihre Inspiration für das Buch. Außerdem ist es eine der Antworten auf die Frage, für wen diese Art des Sports Sinn macht.

Im Prinzip ist es aber für jeden etwas: Sportlich aktive Menschen machen eine zeitlich begrenzte Challenge als Abwechslung zu ihrem alltäglichen Tun. Menschen ohne sportlichen Hintergrund finden so unter Umständen einen Einstieg in die Sportwelt, sagt Rebsch.

Erwächst aus der kurzen sportlichen Aktivität eine langfristige Sport-Routine? "Möglich", sagt Oliver Stoll. "Es kann sein, dass man über diesen Kick Spaß am Sport findet. Und Spaß ist ein wichtiger Motivator", erläutert der Professor für Sportpsychologie an der Universität Halle-Wittenberg. Wichtig sei aber, einen "inneren Trieb zu entwickeln". Dafür müsse die extrinsische Motivation, die etwa durch die Zielvorgaben einer Challenge vorgegeben wird, auf eine intrinsische Motivation wechseln, erklärt Stoll.

Die eigenen Grenzen erkennen

"Eine nachhaltige Wirkung hat Sport erst nach drei Monaten mit zwei, drei Einheiten pro Woche", führt der Sportpsychologe aus. "Dann stellt sich eine positivere Einstellung zum Körper ein, man hat bessere Laune." Aktivitäten über einen kürzeren Zeitraum seien nicht mehr als ein "Strohfeuer". "Man muss spüren, das man mit dem Sport etwas für sich tut", ergänzt Rebsch. Dann komme das System ins Rollen, und man bleibt dabei.

Herausforderungen wie die Plank-Challenge animieren die Teilnehmer dazu, ihre Fortschritte in sozialen Netzwerken zu teilen. "Wer in einen Wettbewerb auf Facebook geht, muss sich klarmachen, dass man sich dabei einen gewissen Druck aussetzt", sagt Graf.

Oder man will mehr erreichen, als der Körper zulässt - und schadet sich selbst. Da Teilnehmer solcher Sport-Challenges in der Regel allein arbeiten, korrigiert sie niemand, wenn die Übungen falsch ausgeführt werden. "Das ist ein Problem", sagt Graf. Aufhören, wenn es schmerzt, sei deshalb eine wichtige Grundregel. "Außerdem sollte der geforderte Übungsumfang im Zweifel an die individuelle Leistung angepasst werden."

Diese Korrektur kann nach oben oder unten erfolgen: Wer sportlich ist, der lacht wohl über 20 Sekunden Unterarm-Stütz. Dann kann es eine Herausforderung sein, mit 60 Sekunden zu starten und sich von da an zu steigern. Doch man sollte auch seine Grenzen kennen, sagt Rebsch. "Wer schon nach sieben von 15 vorgesehenen Übungswiederholungen merkt, dass es nicht mehr geht, sollte auf seinen Körper hören - und die Ziele nach unten korrigieren."