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„Vorschlag ist Populismus pur“CDU-Politiker Linnemann legt in Freibad-Debatte trotz scharfer Kritik nach

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Wunschkandidat von Parteichef Friedrich Merz (r.): Carsten Linnemann steht nach seiner Forderung für Schnellverfahren bei Gewalttaten in Freibädern in der Kritik. (Archivbild)

Wunsch-Generalsekretär von Parteichef Friedrich Merz (r.): Carsten Linnemann steht nach seiner Forderung für Schnellverfahren bei Gewalttaten in Freibädern in der Kritik. (Archivbild)

Die Forderung nach Schnellverfahren für Gewalttäter in Freibädern löst scharfe Kritik an Carsten Linnemann aus.

Der designierte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann hat seine Forderung nach Schnellverfahren für Gewalttäter in Freibädern gegen scharfe Kritik aus allen Parteien außer der AfD verteidigt. In der Sendung „RTL Direkt“ bekräftigte Linnemann seine Forderung. „Wenn der Staat nicht durchgreift, haben die Leute das Gefühl, ja, jeder kann ja machen, was er will. Und damit muss Schluss sein“, erklärte Linnemann. Die Täter müssten wissen, dass sie nach 24 Stunden „abgeurteilt“ würden, führte der CDU-Politiker aus. „Wir machen uns doch lächerlich, wenn wir diese Leute laufen lassen.“

Berlins Justizsenatorin Felor Badenberg (parteilos) hatte zuvor zurückhaltend auf die Forderung des designierten CDU-Generalsekretärs reagiert, Gewalttäter in Freibädern schneller zu bestrafen. Beschleunigte Verfahren nach der Strafprozessordnung könnten grundsätzlich ein geeignetes Mittel sein, um Täter schneller zu verurteilen, sagte Badenberg der „Rheinischen Post“. Allerdings kämen diese nur bei einfachen Sachverhalten mit eindeutiger Beweislage in Betracht.

Forderung von Carsten Linnemann: „Bei Jugendlichen können solche Verfahren nicht angewendet werden“

„Bei Jugendlichen können solche Verfahren nicht angewendet werden“, erläuterte Badenberg. „Die Staatsanwaltschaften prüfen im Einzelfall, ob die Voraussetzungen hierfür vorliegen. Am Ende entscheiden aber allein die Gerichte über die Durchführung beschleunigter Verfahren.“

Nach wiederholten gewalttätigen Vorfällen in Berliner Freibädern hatte Linnemann in der „Bild am Sonntag“ die konsequente Bestrafung von Gewalttätern noch am Tattag gefordert. Wer mittags im Freibad Menschen angreife, müsse abends vor dem Richter sitzen und abgeurteilt werden.

Deutscher Richterbund kritisiert Forderung von Carsten Linnemann als nicht umsetzbar

Auch der Deutsche Richterbund hatte die Forderung Linnemanns daraufhin als nicht umsetzbar kritisiert. „Die Politik, die öffentlichkeitswirksam immer wieder nach einer zügigen Strafverfolgung ruft, muss die Justiz dann auch deutlich besser ausstatten“, erklärte Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn am Sonntagabend. Bundesweit fehlten allein in der Strafjustiz rund 1500 Strafrichter und Staatsanwälte.

Aus der Ampel-Koalition wurde Linnemann unterdessen Populismus vorgeworfen. „Der Vorschlag des neuen CDU-Generalsekretärs ist Populismus pur“, sagte die rechtspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Sonja Eichwede, dem „Tagesspiegel“. Ob beschleunigte Verfahren anwendbar seien, könne nicht nach politischem Willen eines CDU-Generalsekretärs beurteilt, sondern müsse im Einzelfall durch ein Gericht entschieden werden.

Scharfe Kritik aus der Ampel an CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann: „Populismus pur“

„Warum gerade Gewalttaten im Freibad anders sanktioniert werden sollten als etwa häusliche Gewalt, erschließt sich nicht“, sagte Helge Limburg, rechtspolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, dem „Tagesspiegel“. „Was wir brauchen, ist vor allem mehr Prävention und Sozialarbeit.“

Voraussetzung für rasche Verfahren sei eine ausreichende Personalausstattung der Justiz, erklärte Katrin Helling-Plahr, rechtspolitische Sprecherin der FDP, gegenüber der Zeitung. „Diesbezüglich kann Herr Linnemann in den unionsgeführten Ländern sehr einfach vor der eigenen Haustür kehren.“ Aus gutem Grund sehe auch das sogenannte beschleunigte Verfahren eine Ladungsfrist von 24 Stunden vor. Dies sei das absolute Minimum, um einen rechtsstaatlichen Standard sicherzustellen.

Ein Sprecher des Bundesjustizministeriums wies unterdessen darauf hin, dass beschleunigte Verfahren vor allem für „Fälle mit einfachem Sachverhalt und klarer Beweislage“ geeignet seien. „Bei unübersichtlichen Situationen mit vielen Beteiligten und sich widersprechenden Aussagen kommt dieses Verfahren dagegen grundsätzlich nicht in Betracht.“ Die Frage einer besseren Personalausstattung der Justiz auf Landesebene sei Aufgabe der einzelnen Bundesländer, betonte der Ministeriumssprecher.

Carsten Linnemann bekommt Zuspruch von der AfD für Freibad-Forderung

Die Links-Fraktion im Bundestag warf der CDU „reinen Law-and-Order-Populismus“ vor, der die Gesellschaft spalte. „Die Justiz kann keine gute Sozialarbeit ersetzen“, sagte die rechtspolitische Sprecherin Clara Bünger der „Welt“. Nötig sei mehr Personal in Freibädern, mehr und besser bezahlte Sozialarbeit und mehr kostenlose Freizeitangebote für Jugendliche.

Zustimmung für Linnemann kam hingegen aus der AfD-Fraktion. Ebenso wichtig sei auch, dies mit einer „wesentlich restriktiveren Zuwanderungs- und Abschiebungspolitik“ zu flankieren, sagte der innenpolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Gottfried Curio, der „Welt“. „Mehr Kontrollen an den Grenzen ermöglichen weniger Kontrollen an den Freibadeingängen.“ (mit afp/dpa)