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Erste Interviews als BundeskanzlerMerz spricht über AfD, Taurus-Lieferung – und weist US-Regierung zurecht

Lesezeit 4 Minuten
Friedrich Merz im Gespräch mit ZDF-Journalistin Bettina Schausten.

Friedrich Merz im Gespräch mit ZDF-Journalistin Bettina Schausten. 

Friedrich Merz hat noch am Dienstagabend seine ersten Interviews als Bundeskanzler gegeben. Im Fokus standen die AfD und die Außenpolitik.

Der neue Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat nach seiner Wahl im zweiten Durchgang seine ersten Interviews absolviert. In Gesprächen mit den TV-Sendern ARD und ZDF äußerte sich der CDU-Politiker dabei auch zur AfD, die kurz vor seiner Amtsübernahme vom Bundesamt für Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft worden war. Die Hochstufung der AfD „verändert auch meinen Blick auf diese Partei“, erklärte Merz im ARD-„Brennpunkt“ nun.

Das entsprechende Gutachten des Verfassungsschutzes müsse jetzt „sorgfältig ausgewertet“ werden, führte der Bundeskanzler aus. Erst danach könne die Bundesregierung „die Schlussfolgerungen ziehen“, fügte Merz an und erklärte mit Blick auf ein mögliches Verbotsverfahren: „Zu dieser Entscheidung kommen wir erst nach sorgfältigster Prüfung.“ Dennoch sei klar, dass zehn Millionen Wählerinnen und Wähler für die AfD nicht verboten werden könnten, führte Merz aus.

Friedrich Merz kündigt Telefonat mit Donald Trump an

Der CDU-Politiker nutzte seine ersten Auftritte unterdessen auch, um die Parteinahme der US-Regierung für die AfD zu kritisieren und ein klärendes Telefonat mit US-Präsident Donald Trump anzukündigen. Die US-Regierung verbreite derzeit „absurde Betrachtungen der Bundesrepublik Deutschland“, sagte Merz dem ZDF.

Merz bezog sich dabei auf die Unterstützung der US-Regierung für die AfD und die Kritik der USA an der Einstufung der AfD durch den Verfassungsschutz als rechtsextremistisch. „Ich werde am Donnerstag mit dem amerikanischen Präsidenten telefonieren“, sagte Merz. Er kenne Trump bislang nicht persönlich, werde aber „offen“ mit ihm reden, kündigte der CDU-Politiker an.

Merz über Beziehung zu USA: „Wir haben als Europäer was anzubieten“

„Wir werden uns spätestens auf dem Nato-Gipfel Ende Juni in Den Haag kennenlernen, vielleicht auch früher. Wir werden offen miteinander reden. Ich werde unsere Position, das ist die europäische Position, offen vertreten“, erklärte der Christdemokrat.

„Wir haben als Europäer was anzubieten. Wir sind zusammen sogar größer als die Vereinigten Staaten von Amerika, die Zahl der Konsumenten ist größer als in Amerika und Kanada zusammen. Wir haben was zu bieten. Wir können was. Wir sind geschlossen – weitgehend jedenfalls. Und das wird meine Botschaft an die amerikanische Regierung sein.“

Merz: US-Regierung soll sich aus deutscher Innenpolitik „heraushalten“

Für die ständigen Einmischungen aus Washington, vor allem durch Statements von US-Vizepräsident J.D. Vance, Außenminister Marco Rubio und Regierungsmitarbeiter Elon Musk fand Merz deutlich Worte: „Ich würde gerne die amerikanische Regierung ermutigen und ermuntern, die Innenpolitik in Deutschland Innenpolitik sein zu lassen und sich aus diesen parteipolitischen Betrachtungen weitgehend herauszuhalten“, sagte Merz.

Friedrich Merz reist am Mittwoch zu Antrittsbesuchen nach Paris und Warschau. Themen werden die Neuaufstellung Europas, der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und die Migrationspolitik sein.

Friedrich Merz reist am Mittwoch zu Antrittsbesuchen nach Paris und Warschau. Themen werden die Neuaufstellung Europas, der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und die Migrationspolitik sein.

Der Kanzler betonte zudem, dass er selbst sich nie „in den amerikanischen Wahlkampf eingemischt und einseitig Partei ergriffen“ habe. Zur Unterstützung der USA für die AfD fügte Merz außerdem an: „Ich hatte von Amerika bisher immer den Eindruck, dass sie unterscheiden können zwischen extremistischen Parteien und Parteien der politischen Mitte.“

Keine Glückwünsche von Donald Trump

Trump hat unterdessen bislang anders als eine Reihe anderer westlicher Staats- und Regierungschefs Merz noch nicht zu seiner Wahl zum Bundeskanzler gratuliert. Glückwünsche kamen jedoch vom US-Außenministerium. „Wir werden weiterhin mit Deutschland und seiner neuen Regierung zusammenarbeiten, um für die Sicherheit der Vereinigten Staaten und Europas zu sorgen“, sagte die Sprecherin des State Department, Tammy Bruce, am Dienstag vor Journalisten in Washington.

Merz äußerte sich unterdessen auch zu Russlands Krieg gegen die Ukraine, bei dem Trump in den letzten Wochen versucht hatte, Verhandlungen zwischen den beiden Ländern herbeizuführen. Wegen immer neuer Forderungen und Bedingungen aus Moskau scheiterte dieses Vorhaben jedoch bisher. Merz kündigte nun an, dass er sich hinsichtlich der Ukraine mit den Staatschefs von Großbritannien und Frankreich „intensiv beraten“ werde.

Merz will Ukraine-Kurs mit Frankreich, Großbritannien und Polen abstimmen

„Alles, was wir tun, sollte möglichst gemeinsam getan und vorher entschieden werden“, erklärte Merz. „Wenn wir die Polen miteinbeziehen können, dann ist es noch besser“, fügte der Bundeskanzler an.

Einer Lieferung von deutschen Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine, die Merz im Wahlkampf in den Raum gestellt hatte, erteilte der CDU-Politiker unterdessen weder eine Zu- noch eine Absage.  Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wisse, dass „er sich auf mich und die Bundesrepublik Deutschland verlassen kann“, lautete die Antwort des Kanzlers auf die Frage nach den deutschen Marschflugkörpern. (mit afp)