Geprüft auf GelassenheitSo werden die Pferde vor dem Kölner Rosenmontagszug unter die Lupe genommen

Lesezeit 3 Minuten
Die Ruhe selbst waren viele der Pferde, die Veterinärin Dr. Cornelia Augustiniok  auf dem Parkplatz an der Claudius-Therme kontrollierte.

Die Ruhe selbst waren viele der Pferde, die Veterinärin Dr. Cornelia Augustiniok auf dem Parkplatz an der Claudius-Therme kontrollierte.

Sie kommen teilweise von weit her, die rund 200 Pferde, die in diesem Jahr im Rosenmontagszug mitgehen. Vor dem Start werden sie eingehend geprüft. Wir waren bei einer Kontrolle dabei.

Lukas ist nassgeschwitzt. „Der hatte unterwegs im Transporter Stress mit der Stute Primel“, sagt Daniel Hoffmann. Der Landwirt aus der Nähe von Fulda macht sich aber keine Sorgen um seinen 18-jährigen Kaltblüter. Und auch der Wallach wirkt, nachdem er auf dem Parkplatz an der Claudius-Therme den Transporter verlassen hat, entspannt. „Lukas ist solche Arbeit wie hier im Rosenmontagszug gewöhnt. Auch beim Oktoberfest hat er schon öfter eine Kutsche gezogen“, sagt Hoffmann. Er ist mit vier seiner Pferde angereist. Normalerweise arbeiten die in der Landwirtschaft oder rücken Holz. Pferdehaltung sei teuer geworden, deshalb freue er sich über den Auftrag des Festkomitees, sagt der Landwirt. Alleine für die notwendigen Impfungen, die beim Rosenmontagszug vorgeschrieben sind, hat er annähernd 1000 Euro bezahlt. Über sein Honorar ist Stillschweigen vereinbart.

Rund 200 Pferde sind im Rosenmontagszug noch dabei

Sie kommen teilweise von weit her, die rund 200 Pferde, die in diesem Jahr im Rosenmontagszug mitgehen. Teilweise würden Ställe ihre Pferde wegen der Kritik an Pferden im Zug nicht mehr gerne vermieten, ist zu hören. Zudem haben viele mit den gestiegenen Kosten zu kämpfen. So haben dann auch nicht alle Gesellschaften, die wollten, Pferde erhalten. 74 Reiterinnen und Reiter sind leer ausgegangen. Neun berittene Gesellschaften sind beim Zug dabei. Nach und nach finden sich Reiter und Pferde auf dem Parkplatz ein.

Kaltblutpferde sind aufgrund ihrer Stärke und ihrem kühlen Temperament vor den Kutschen besonders gefragt.

Kaltblutpferde sind aufgrund ihrer Stärke und ihrem kühlen Temperament vor den Kutschen besonders gefragt.

Auch in diesem Jahr hatten Tierschützer Proteste angekündigt.  Das Netzwerk für Tiere Köln hatte dazu aufgerufen, den Reitern symbolisch eine Rote Karte zu zeigen. Ihr Argument: Es sei „Tierquälerei, Pferde als Fluchttiere im Zug mitzuführen“. Zudem sei damit eine Gefahr für Menschen verbunden. Hier auf dem Parkplatz sieht das niemand so. „Ich finde, Pferde gehören in die Züge, weil das Pferd seit 5000 Jahren der Wegbegleiter des Menschen ist“, sagt Hajo Jennes, Reiterkorpsführer der Ehrengarde und Pferdebeauftragter des Festkomitees, „Ein Pferd ist nicht gleich Pferd. Wir suchen die Pferde sorgfältig aus, die hier ihren Job machen.“

Gelassen muss ein Pferd unter seinem Reiter bleiben.

Gelassen muss ein Pferd unter seinem Reiter bleiben.

Veterinärin Dr. Cornelia Augustiniok erklärt: „Alle Pferde, die mitgehen, haben eine erweiterte Gelassenheitsprüfung absolviert. Dabei werden sie an laute Musik, fliegende Gegenstände und enge Passagen gewöhnt. Kutschpferde trainieren zudem das häufige Anfahren und Halte.“ Als eine von sieben städtischen Tierärzten nimmt sie stichprobenartig Blutproben bei etwa zehn Prozent der Tiere. Die A-Probe wird sofort auf unerlaubte Substanzen wie Beruhigungsmittel kontrolliert, die B-Probe wird eingelagert.

Auch im Zug selber wird kontrolliert

Zudem sind Pferdekontrolleure unterwegs. Sie kontrollieren die Technik der Kutschen und nehmen Pferde und Reiter in Augenschein. Etwa 15 Prozent vom Gewicht des Pferdes darf ein Reiter auf die Waage bringen. Geprüft wird das nach Augenschein. „Einmal habe ich eben auch nachgefragt‘“, sagt Marcus Müllers, Richter und langjähriger Reiter. „Wir gehen auch im Zug mit und haben ein Auge auf die Pferde“, erklärt ein anderer Kontrolleur.

Grundsätzlich sehen sich Ross und Reiter beim Zug nicht zum ersten Mal. Die 35 Reitstunden, die die Frauen und Männer im Jahr absolvieren müssen, verbringen sie zumindest teilweise auf dem Rücken des zugehörigen Rosenmontagspferds. „Ich reite auf Rezus, einem zehn Jahre alten Fuchs“, erklärt Christian Trömel von der Nippeser Bürgerwehr. „Gleich beim Rhein-Café tränke ich den nochmal“, sagt der schlanke Reiter. Bis nach Bayern ist er gefahren, um sein Pferd kennenzulernen. Rezus und die anderen Vierbeiner aus dem Freistaat haben die Nacht in den Ställen auf der Rennbahn verbracht. Schaut man Rezus an, war das offenbar weniger stressig, als der morgendliche Transport von Lukas, Primel und Co aus Hessen.

Rundschau abonnieren