Kölner Serie „Fundstücke“Als das Knöllchen in Köln noch mit Stil serviert wurde

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Irgendwie wirkt es mehr wie Service als wie eine Strafe, wenn Frau Köpp „knollt“.

Irgendwie wirkt es mehr wie Service als wie eine Strafe, wenn Frau Köpp „knollt“.

Köln – Auch damals war es ein Grund zum Ärgern, auch damals ging es ans Portemonnaie, auch damals blieb es nicht bei Höflichkeitsbekundungen. Doch um wie vieles stilvoller war es, wenn Heidrun Köpp 1985 in Diensten der Stadt Köln ein Knöllchen hinter den Scheibenwischer heftete. Nein, pardon, einen Strafzettel mit manikürten Fingern, gestärktem Kragen, Perlenkette und perfekt sitzender Frisur charmant servierte. Nicht auszuschließen, dass der ein oder andere Herr einst gezielt das Halteverbot ansteuerte.

Stellung der Reifenventile wurden notiert

Blaue Funktionskleidung, das mobile Datenerfassungsgerät am Gürtel griffbereit, der Schriftzug „Ordnungsamt“ prangt auf dem Rücken. Heute ist es mehr ein Anrücken als Charmeoffensive. Oder um es mit Loriot zu sagen. „Früher war mehr Lametta.“ Will ein Journalist heute mal mit der „Ordnungseinheit ruhender Verkehr“ auf Streife gehen, braucht es eine Anfrage ans Presseamt der Stadt Köln. Fragen bitte vorher einreichen. Text bitte nachträglich vorlegen. Genehmigung dennoch ungewiss.

1985 flanierte Frau Knöpp ganz ungezwungen mit einem Journalisten der Kölnischen Rundschau durch ihren Bezirk „hinter dem Appellhofplatz“. Ihr Datenerfassungsgerät: Stift, Papier und Klemmbrett. Sie notiere sich immer die Stellung der Reifenventile, verrät sie freimütig ihre Strategie. Kommt sie beispielsweise nach zwei Stunden nochmals an dem BMW vorbei und der Besitzer verrennt sich in der Ausrede, er habe gar nicht länger als erlaubt geparkt, sondern sei zwischenzeitlich weggefahren und dann wiedergekommen, verweist Frau Köpp auf ihre Skizze. Entwaffnend.

Was sie denn so liebe an ihrem Job? „Das Prickelnde ist, man weiß morgens nie, was bis Mittags so alles passiert“, gab sie damals dem Rundschau-Mitarbeiter Auskunft. Was soll denn schon passiert sein bis zwölf Uhr mittags? Ein Knöllchen nach dem anderen halt. Weit gefehlt. Frau Knöpp kann von einem Geldboten berichten, dem der Beutel mit 500 Mark Wechselgeld gerissen ist, und die „Amtsperson“ (gleich: Vertrauensperson) um Hilfe beim Tragen bittet. Oder von Geschäftsleuten, von denen sie nach ihrem Urlaub herzlich begrüßt wird, weil sie doch immer die Ladezonen für die Lkw frei halte. Nicht zu vergessen die Falschparker, die beim Aussteigen aus dem Augenwinkel Frau Köpp ausmachen – und mit um Verzeihung heischenden Blick wieder einsteigen und ein Parkhaus aufsuchen. Und muss er dann doch mal an der Scheibe platziert werden, der Strafzettel, dann macht’s Frau Köpp durch die Blume (siehe Foto). Kommt irgendwie freundlicher rüber.

Verständnis für die Versuchung

Dabei hat sie durchaus Verständnis für die ewige Versuchung, direkt vor der Tür parken zu wollen. Sie selbst, berichtete Heidrun Köpp damals, parke am Stadtrand und komme mit der Bahn zur Arbeit. „Auch wenn das so eine Dreiviertelstunde statt zwölf Minuten braucht.“ Aber sie könne sich ja nicht ins Parkverbot stellen und im Gegenzug andere Falschparker aufschreiben. Die Reisezeit im öffentlichen Personennahverkehr hat sich in den vergangenen 37 Jahren also kaum verändert.

Und was auch gleich geblieben ist: So wie Frau Köpp zu ihrer Zeit sind die Politessen und ihre männlichen Kollgen heute ein Gewinn für die Stadt Köln. 7,7 Millionen Mark nahm die Verwaltung 1985 durch Knöllchen ein. 2015 waren es 25 Millionen Euro.

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