Kölner Serie „Spurensuche“Königin Maria von Medici starb in der Kölner Sternengasse

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Wie im Testament verfügt, wurde das Karmelitinnen-Kloster Maria vom Frieden nach ihr benannt.

Wie im Testament verfügt, wurde das Karmelitinnen-Kloster Maria vom Frieden nach ihr benannt.

  • Wo hat Napoleon genächtigt, wie hat Queen Victoria Köln erlebt? In unserer Serie „Spurensuche“ stellen wir Personen und ihre Zeit in Köln vor, Orte, an denen es keine Plakette gibt.
  • Anselm Weyer beleuchtet dieses Mal hohen Besuch: Königin Maria von Medici.

Hohe Prominenz brachte am 12. Oktober 1641 ein Schiff aus Amsterdam nach Köln: Königin Maria von Medici, Mutter nicht nur des Königs von Frankreich, sondern auch Mutter der Königin von England und der Königin von Spanien. In der Kölner Sternengasse verstarb die verstoßene Herrscherin nach langer Odyssee.

Die gebürtige Italienerin Maria de Medici hatte nach der Ermordung ihres Ehemanns viele Jahre und äußerst gerne an Stelle ihres noch unmündigen Sohns Ludwig XIII. über Frankreich regiert. Dass Ludwig sich die Macht gegen den Willen der Mutter geradezu erkämpfen musste, führte zu innerfamiliären Konflikten. Dann überwarf sich Maria auch noch mit ihrem ehemaligen Zögling Kardinal Richelieu und ermunterte ihren Sohn Gaston zur Revolte. Nachdem sie 1631 vorsichtshalber ins Exil geflohen war, verurteilte man sie in Abwesenheit wegen Hochverrats und konfiszierte ihren Besitz. Nun stand sie also nicht nur praktisch mittellos da. Jedes Land, das sie aufnahm, begab sich auch in Konflikt mit Frankreich. Über Brüssel ging es für Maria von Medici 1639 nach England zu ihrer Tochter Henriette, Gattin des dortigen Königs Charles I.

Maria bat um Erlaubnis in Köln zu wohnen

Am hochkatholischen Gast stießen sich hier jedoch insbesondere die streng protestantischen Puritaner. In dieser prekären Lage erinnerte sie sich an zwei Nonnen, die sie in Brüssel kennengelernt hatte und die mittlerweile in Köln eine Niederlassung des Karmelitinnen-Ordens gegründet hatten.

Maria persönlich schrieb an den Rat der Stadt Köln und bat um Erlaubnis, hier wohnen zu dürfen. Unterstützt wurde sie nicht zuletzt vom deutschen Kaiser Ferdinand III., der den Rat ersuchte, ihr „alle gebührende hohe Ehre, Respekt und mögliche Willfährigkeit zu bezeugen und gehorsamst zu leisten“.

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Der Rat antwortete Kaiser und Königin, dass er „gern bereit sei, die Königin in Ehren zu beherbergen, und er würde sich nach Kräften bemühen, dieselbe in Allem zufrieden zu stellen.“ An der Salzgasse wurde Maria von Medicis Schiff nicht nur vom „gaffenden Volk“ empfangen, sondern auch hochoffiziell unter Kanonendonner vom Rat der Stadt in voller Amtstracht. Durch die Markmannsgasse über den Heumarkt, Unter Seidmacher und Obenmarspforten fuhr die Königin zur Sternengasse Nr. 10, wo damals ein „Gronefelder Hof“ genanntes altes Herrenhaus stand, das nun als Palast dienen sollte. Wenige Jahre zuvor hatte hier noch der junge Peter Paul Rubens gewohnt, also der Maler, den Maria in besseren Tagen beauftragt hatte, das prächtige Palais Luxembourg in Paris mit Bildern aus der Geschichte ihres Lebens auszuschmücken.

Zurückgezogenes und stilles Leben

Von hier aus stattete Maria nun täglich den eigentlich in strenger Abgeschiedenheit lebenden Karmelitinnen in der Steinstraße, die mit dem Bau des Klosters in der Schnurgasse beschäftigt waren, einen Besuch ab, der nur dank einer durch Papst Urban VIII. erteilten Sondergenehmigung möglich war. Ansonsten lebte Maria, umgeben von dem, was von ihrem Hof übriggeblieben war, zurückgezogen und still – oder jedenfalls so still es eben ging. Die Kölner nämlich verhielten sich ihrem prominenten Gast gegenüber wenig rücksichtsvoll. Da half weder eine Wache vor der Wohnung der Königin, noch, dass die Sternengasse nicht nur, wie üblich, bei Nacht, sondern in Rücksichtnahme auf das Ruhebedürfnis der Monarchin bis 10 Uhr morgens mit eisernen Ketten versperrt wurde. Das Ratsprotokoll vom 26. Mai 1642 berichtet, dass die Bürger fortfuhren, „die Königin gleichfalls vorsätzlich in ihrer Ruhe zu stören, und zwei Bürger, welche morgens von der Wacht gekommen, ihre Büchsen vor dem Hause derselben losgeschossen, worauf der Magistrat eine Strafe von zehn Goldgülden gegen derlei Störer diktiert“.

Der Sterbenden die letzte Ölung gegeben

Dies war umso unangenehmer für Maria, als sich ihre körperliche Verfassung rapide verschlechterte. Gerade wollte man ihr ein im Absterben begriffenes Bein amputieren, als sich hohes Fieber einstellte, so dass man nicht glaubte, dass sie diese Operation überstehen würde.

Am 2. Juli 1642 wurde Arnold Meshovius, der Geistliche von St. Peter, ins Haus der Königin gerufen, wo er bis zum Abend blieb. Tags darauf kam er wieder – diesmal zusammen mit dem späteren Papst Alexander VII., der damals noch der apostolische Nuntius Fabio Chigi war. Gemeinsam gaben sie der Sterbenden die letzte Ölung. „Der ganze Hof umstand das Krankenbett und betete mit uns zu Gott um eine selige Sterbestunde“, berichtet Meshovius. Der päpstliche Nuntius habe sie gefragt, ob sie auch allen ihren Feinden verzeihe – besonders ihrem Intimfeind Kardinal Richelieu. Daraufhin habe die Königin geantwortet: „Von ganzem Herzen!“ Sie starb mit 70 Jahren am Donnerstag, 3. Juli 1642, mittags zwischen zwölf und ein Uhr.

Marienstatue als Vermächtnis

Nicht nur einen beträchtlichen Teil ihres Vermögens, sondern auch eine Marienstatue, die sie aus besonderem Holz hatte anfertigen lassen, hatte Maria den Karmelitinnen testamentarisch vermacht. Als der Prior das Bild von der Sternengasse zur Tür der Klausur brachte, empfingen ihn dort die mit weißen Mänteln bekleideten Ordensfrauen mit brennenden Fackeln in den Händen, begrüßten das Heiligenbild mit dem Lobgesang „Salve regina“ und setzten es auf ihren Altar. Es gab der 1692 fertiggestellten Kirche in der Schnurgasse (Ecke Vor den Siebenburgen) ihren Namen: „Maria vom Frieden“. Der Name blieb, obwohl die originale Statue im 1942 verbrannte.

Um die Königin heim nach Frankreich zu holen, kam im Oktober 1642 ein Gesandter. Vorsichtshalber fragte dieser angesichts des immer noch wütenden Dreißigjährigen Kriegs aus der Ferne an, „ob er in Kraft seines Königes Patent sicher an- und abziehen“ könne. Am 9. Februar 1643 schließlich wurde die einbalsamierte Leiche vom Totenkeller St. Peters in der Jabachstraße über das Severinstor aus der Stadt getragen, um nach St. Denis in die Familiengruft gebracht zu werden. Herz und Eingeweide der Königin jedoch blieben in Köln und wurden vor dem Drei-Königen-Chor im Dom zur Ruhe gelegt. Ursprünglich bezeichnete die Stelle eine Inschrift, doch dieses Andenken an ihre ungeliebte Königin zerstörten französische Soldaten, als sie von 1794 bis 1814 Köln besetzt hielten.

Anselm Weyer (44) hat als Literaturwissenschaftler in Köln promoviert. Er bietet seit Jahren Stadtführungen für die AntoniterCity-Tours an.

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