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Abitur-Debakel in NRWWie die „Holper-Klausuren“ in Köln verliefen

Lesezeit 3 Minuten
Der Schriftzug „ABITUR Bitte Ruhe“ hängt während der schriftlichen Abiturprüfung im Treppenhaus eines Gymnasiums.

Am Freitag wurden die Klausuren in den naturwissenschaftlichen Fächern geschrieben. 

Mit zwei Tagen Verspätung schrieben heute angehende Abiturientinnen und Abiturienten die Klausuren in den naturwissenschaftlichen Fächern.

„Nie mehr Bio!“, Lauritz (17) reißt vor dem Leonardo-da-Vinci-Gymnasium in Nippes die Arme in die Luft. Sie ist geschafft – die Holper-Stolper-Chaos-Klausur in den naturwissenschaftlichen Fächern. Mit zwei Tagen Verzögerung haben die angehenden Kölner Abiturientinnen und Abiturienten die Aufgaben bearbeitet.

Evolution der Spinnen als Thema

„Es ging um die Evolution von Spinnen auf hawaiianischen Inseln und um das Aktionspotential von Schnecken“, nennt Lauritz die Klausurthemen im Grundkurs Bio. „Ging klar“, urteilt der Schüler. Eigentlich hätte er einen „Amtstermin“ gehabt am heutigen Freitag. Die Download-Panne des NRW-Schulministeriums, von dessen Server viele Schulen am Mittwoch nicht wie geplant die Klausurthemen herunterladen konnten, hat Lauritz‘ Pläne durchkreuzt.

Ebenso wie die Pläne aller muslimischen Schülerinnen und Schüler, die sich auf ein entspanntes Zuckerfest, das am heutigen Freitag begangen wird, gefreut hatten. Zwar gab es für sie die Möglichkeit, die Klausur auf den offiziellen Nachschreibetermin im Mai zu verschieben, aber davon haben dem Vernehmen nach nicht viele Gebrauch gemacht. „Also ich kenne keinen. Das wäre ja auch wahnsinnig aufwendig, jetzt, wo man einmal die Sachen im Kopf hat“, sagt ein muslimischer Schüler in Nippes.

„Nicht so tragisch"

„Ich glaube, bei uns waren es zwei Schüler, die verschoben haben“, meint Emma (18). Mit den Aufgaben, die sie im Bio-Grundkurs bearbeiten musste, ist sie zufrieden. „Unserer Lehrerin hat uns schwierigere Klausuren gestellt. Das war nicht so tragisch“, findet Emma. Sie hat jetzt schon zwei Abitur-Klausuren hinter sich – Geschichtsleistungskurs am Donnerstag und Bio-Grundkurs heute. Halbzeit. Da ist schon mal etwas geschafft.

Guter Dinge sind auch Sven und Peter. Über das Weißnasensyndrom bei Fledermäusen und das Usher-syndrom haben sie sich im Bio-Leistungskurs ausgelassen. „Außerdem noch über genetische Stammbäume“, ergänzt Peter, der nach viereinhalb Stunden Klausur einen roten Kopf hat und sichtlich erschöpft ist.

Noch mehr gelernt

Entspannt wirkt dagegen ein dunkelgekleideter Viererclub von Jungs vor dem Erich-Kästner-Gymnasium in Niehl. „Physik-LK lief völlig okay“, sagt einer von ihnen. Röntgenstrahlung und Quantenphysik waren unter anderem Thema. „Einen Film oder eine Versuchsanordnung gab es nicht, alle Aufgaben waren nur schriftlich“, erzählt ein anderer. Er gibt auch zu, dass er die beiden vergangenen Tage, die durch die Abitur-Klausuren-Pannen unverhofft dazu kamen, noch genutzt hat. „Ich habe gestern und vorgestern noch gelernt“, sagt er, „obwohl ich erst mal gedacht habe, dass es Mist ist, die Klausur zu verschieben.“

Immer noch sehr sauer

Schlimmer als nur als „Mist“ beurteilt Emma die Panne im Schulministerium. „Das ist ein Desaster. Das ist ein absolutes Armutszeugnis“, regt sie sich auch zwei Tage später noch auf. Dann fragt sie, ob sie noch was sagen darf. „Ich fordere den Rücktritt von Frau Feller“, sagt Emma mit Nachdruck. Sie will übrigens Politikwissenschaft studieren.