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Appell der Kölner SchulenWarum alle Schulleitungen keine Parteien mehr in ihren Räumen wollen

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Gegenprotest zur AfD-Veranstaltung im Erich-Gutenberg Berufskolleg

Gegenprotest zur AfD-Veranstaltung am 17. Mai 2025 im Erich-Gutenberg Berufskolleg

Gemeinsam haben sich sämtliche Kölner Schulen gegen Parteiveranstaltungen in ihren Räumen ausgesprochen.

So eine Geschlossenheit ist selten: Die Schulleitungen sämtlicher weiterführenden Kölner Schulen fordern, dass ihre Räume nicht mehr für Parteien zur Verfügung stehen. Sie begründen ihre Forderung damit, dass durch Parteiveranstaltungen der Schulfrieden gefährdet sei. In einem gemeinsamen offenen Brief wird darum gebeten, einen entsprechenden Antrag in den Rat einzubringen. Adressiert ist der Brief, der am 16. Mai verschickt wurde, an Oberbürgermeisterin Henriette Reker, alle Ratsfraktionen, den Schulausschuss und Schuldezernent Robert Voigtsberger.

„Noch gab es keine offiziellen Reaktionen der Parteien“, sagt Rolf Grisard enttäuscht. Er ist Leiter der Heinrich-Böll-Gesamtschule in Chorweiler und Schulformsprecher der Gesamtschulen Kölns. Den offenen Brief hat er nicht nur für die Gesamtschulen, sondern in Vertretung für die Schulformsprecher der Berufskollegs, Gymnasien, Gesamtschulen, Realschulen, Hauptschulen und Förderschulen der Stadt Köln unterzeichnet.

Obwohl in dem Brief die AfD nicht namentlich genannt wird und stattdessen generell von Parteiveranstaltungen die Rede ist, wird deutlich, was insbesondere AfD-Parteiveranstaltungen für den Schulfrieden bedeuten. Sie belasten das Schulleben, sorgen für Proteste, verunsichern Schülerinnen und Schüler und setzen die Schulleitungen unter Druck. 

Schule soll ein sicherer Ort sein

Parteiveranstaltungen brächten sowohl äußere als auch emotionale Unruhe in den Unterricht. Die Schulleitungen argumentieren, dass es wichtig sei, dass „die Schule als sicherer und ‚guter‘ Ort für alle Schülerinnen und Schüler erlebt wird“.  Sie weisen darauf hin, dass in den Schulen Menschen unterschiedlicher Kulturen zusammenkomme. „Es ist eine große Leistung der Schulen, dass sich die den Weltfrieden gefährdenden Konflikte nicht im Schulleben widerspiegeln. Das soll so bleiben“, heißt es in dem offenen Brief. Und weiter: Parteiveranstaltungen in den Schulen könnten je nach Programm und Position der Partei „zu großen Verunsicherungen und Auseinandersetzungen innerhalb der Schulgemeinschaft führen“. Dadurch würden die Werte der Schule und ihre pädagogische Arbeit gefährdet.

Die Schulleitungen betonen, dass es unzumutbar sei, Anfragen für Parteiveranstaltungen oder die Durchführung „zu verheimlichen“. Dies stehe nicht nur dem demokratischen Prinzip einer transparenten Kommunikation entgegen, sondern beschädige auch den Ruf der Schulen. Zuletzt gab es am 17. Mai eine AfD-Versammlung des Kreisverbandes im Erich-Gutenberg-Berufskolleg. Verschiedene Gruppen und Initiativen hatten im Vorfeld zu einer Protestveranstaltung aufgerufen. Oberbürgermeisterin Reker hatte angesichts der Kritik Verständnis für den Unmut an den Schulen geäußert. Sie forderte den Rat auf, seine Meinung zu ändern und Schulräume aus der Vermietung für Parteiveranstaltungen auszunehmen.

In einer Mitteilung an den Ausschuss für Allgemeine Verwaltung und Rechtsfragen teilt die Stadt hinsichtlich einer Vermietung an die AfD jedoch mit: „Die Stadt Köln ist verpflichtet, alle Parteien gleichzubehandeln, solange sie nicht verboten sind.“ Nur wenn sich konkrete Hinweise auf strafbare Handlungen während einer Nutzung erbringen ließen, würde die städtische Extremismusklausel greifen. Diese ermöglicht es, eine Vermietung abzulehnen oder zu kündigen.

Parteien gegen generelles Verbot

„Wir können die Sorgen aus dem Schreiben nachvollziehen und nehmen sie auch ernst", kommentiert Bernd Petelkau, Vorsitzender der CDU-Ratsfraktion. Ein generelles Verbot von Parteiveranstaltungen an Schulen hält die CDU für den falschen Weg. Immerhin: Die Partei ist Spitzenreiter beim Nutzen von Schulgebäuden. In den Jahren von 2021 bis 2024 fanden 20-mal CDU-Veranstaltungen in Kölner Schulen statt. Sie reichten vom Abend der Frauenunion über CDU-Mitgliederversammlungen bis hin zu Infoveranstaltungen. „Schulen und Bürgerzentren sind Orte des Austauschs und der Begegnung – demokratische Parteien müssen dort präsent sein dürfen, damit Demokratie in der Mitte der Gesellschaft gelebt wird“, argumentiert Petelkau.

Die CDU setze sich „weiterhin mit Nachdruck dafür ein, dass Extremisten keine öffentlichen Räume mehr für ihre Veranstaltungen nutzen dürfen.“ Die Verwaltung bleibe aufgefordert, „zügig eine rechtssichere Prüfung vorzulegen, wie das möglich ist.“

Christian Joisten, SPD-Fraktionsvorsitzender, stellt für seine Partei klar: „Wir wollen, dass AfD-Veranstaltungen jetzt erst einmal aus den Schulen herausgehalten werden. Schulen sind Lernräume der Demokratie. Demokratie kann aber nur mit Demokraten gelingen. Rechtsextremisten darf deshalb kein Raum geboten werden, ihre menschenfeindlichen Parolen in unseren Schulen zu verbreiten." Zu einem generellen Verbot äußert sich Joisten nicht direkt. Auch die SPD nutzt Schulräume - genau elf Mal war das zwischen 2021 und 2024 stadtweit der Fall. Die Grünen nutzen Schulen für acht Veranstaltungen, die FDP für zwei.  Zur Diskussion um Schulvermietungen an die AfD sei die SPD mit der Stadt im Gespräch. „Wir erwarten, dass auch das Schulministerium den Schulen zeitnah einen Orientierungsrahmen an die Hand gibt“, sagte Joisten der Rundschau.