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„Eine Stadt zum Reinlegen“Ein Buch über Köln jenseits der reinen Köln-Seligkeit

Lesezeit 3 Minuten

Ansichten, die nicht jeder sogleich mit Köln verbindet.

Noch ein Köln-Band. Aber ein anderer. Einer zwischen „Verliebt in Köln“ und „Boah, ist diese Stadt dreckig“. In dem Fremde das wahre Köln finden und Kölner sich wiederentdecken.

Es ist schwer, diese Stadt zwischen zwei Buchdeckel zu pressen. Wer auch Kölns hässliche Seiten in den Blick nimmt, dem droht der Vorwurf der Nestbeschmutzung. Wer den Fokus nur auf die schönen Seiten legt, verfällt schnell der Köln-Seligkeit. In der Mitte dieser beiden Pole steht Reinhard Matz. Jahrgang 1952. Über Jahrzehnte Domfotograf. Zusammen mit der Autorin Anna Mayr hat er nun im Greven Verlag einen stattlichen Band vorgelegt, der auf den schlichten Namen hört: Köln.

Kaffee-Tisch-Buch nennt sich das Genre. Wer den passenden Tisch zu diesem Band noch kaufen muss, sollte nicht auf schwedische Leichtbauware zurückgreifen, sondern lieber ein dänisches Massivmöbel wählen: 280 Seiten dick, 29 Zentimeter hoch, 24 breit. Das reicht im Zweifel, um einen Düsseldorfer zu erschlagen. Wer damit durch ist, hat Köln durch. Arm- statt Beinarbeit. Oder, wie es Verlagsleiter Damian van Melis sagt: „Die ganze Stadt dokumentiert, charakterisiert, auf den Punkt gebracht.“ 

Der Walfisch und die City-Kirche

Sieben Jahre hat Reinhard Matz sich an diesem Buch, an dieser Stadt abgearbeitet: „Früher habe ich oft leere Räume fotografiert, für Köln hätte ich das komisch gefunden.“ Die viertgrößte Stadt Deutschlands mit rund einer Million Einwohnern: Am Ende hatte Matz mehrere tausend Fotografien gemacht. Es folgte ein Auswahlprozess, den van Melis so beschreibt: „Stress, Streit, Erkenntnis.“ Die Frontlinien verliefen eben an den beiden Polen: Ab wann wird es zu „uselig“, ab wann zu kitschig.

Rheinkassel: Wo Köln idyllisch wird

Nicht nur, wer sich Köln durchs Objektiv nähert, kann in eine Bierpfütze treten. Wer sie sich mit spitzer Feder erarbeiten möchte, kann sich in ihrer 2000-jährigen Geschichte verlieren. Anna Mayr hat sich auf diese Gefahr gar nicht erst eingelassen. Die Zeit-Journalistin und Bestsellerautorin (Jahrgang 1993) hat Kölns Geschichte einfach links liegen lassen. Sie beschreibt die Stadt intuitiv, situativ. Die Wahl-Berlinerin fährt mit dem Zug ein, geht durch die Straßen, spricht mit den Menschen. Geschichtsbände gebe es ja auch schon reichlich, sagt van Melis.

Ohne Dom kommt auch das neue Buch nicht aus

Und Frau Mayr, was hat Köln, was Berlin nie haben wird? Auf dem Weg zur Buchpräsentation sei sie die Treppe einer U-Bahnstation hinaufgekommen. Vor ihr ein schwankender Mann, der langsamen Schrittes die ganze Treppenbreite abblockte. „Die Menschen dahinter haben sich nicht beschwert, sind einfach langsam gegangen. Köln ist nicht so feindselig, hier wird mehr gelebt. Ich kann mich in diese Stadt hineinlegen.“ Und wer es ihr gleichtun will, sich in diese Stadt hineinlegen möchte wie in ein kuscheliges Bett, der hat mit dem Prachtband Köln die perfekte Bettlektüre dazu. 

Köln. Bilder einer großen Stadt; Greven Verlag; 280 Seiten, 396 Abbildungen; ISBN 978-3-7743-0958-6; 48 Euro