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BuchtippKölnerin liefert mit „Frau Faust“ ein unterhaltsames Krimidebüt

Lesezeit 2 Minuten

Antje Zimmermann arbeitete auch schon als Bloggerin und Journalistin.

In einer historischen Seifenfabrik in Ehrenfeld regiert der „Schöne Schein“. Das gleichnamige Sternerestaurant gehört Clarissa Moor, die als zweite Charlotte Link gilt und seit Jahren Deutschlands erfolgreichste Krimiautorin ist. In der Fabrik lässt Moor auch Obdachlose mit den Restaurantküchenresten verköstigen und veranstaltet Schreibseminare für den Nachwuchs. Eine Lichtgestalt? Aber wer hat sie dann mit äußerster Brutalität in einem der Seminarräume erschlagen?

Geschicktes Spiel mit dem Krimigenre

Je schöner der Schein ist, desto mehr trügt er. Das weiß keine besser als Katharina „Kata“ Sismann. Die Kölner Kommissarin ist Heldin von Antje Zimmermanns schlagkräftigem Krimi-Debüt „Frau Faust“. Nach dem Kampf um die „Deutsche Meisterschaft im Weltergewicht“ landete Sismann im Krankenhaus. „Mit entstelltem Gesicht. Ausgelöschter Erinnerung. Und einer tief sitzenden Angst, die bis heute anhielt.“ Auch die Kopfschmerzen sind geblieben, dazu kommen Konzentrationsstörungen und Gedächtnislücken. Oder liegen die Filmrisse nur am Alkohol?

Trotz all dem gilt die angezählte Ex-Amateurboxerin im Kölner Präsidium als ausgezeichnete Ermittlerin. Clarissa Moor, das Mordopfer, war früher eine enge Freundin. Bis sich herausstellte, was sie ist: „das manipulativste Miststück, dass sie jemals kennengelernt hatte“ und „eine lupenreine Psychopathin“. Eine böse Erkenntnis, die auch den Absolventinnen und Absolventen des letzten Seminars nicht erspart blieb. Sie wurden getäuscht, öffentlich gedemütigt, gegeneinander ausgespielt: an Mordmotiven herrscht in den Reihen der „Möchtegern-Steven Kings“ kein Mangel.

Der Reiz von Antje Zimmermanns literarischem Debüt – zuvor war die Kölnerin bereits als Journalistin, Sachbuchautorin und Bloggerin schreibend tätig – speist sich aus zwei Quellen. Zum einen ist das die unkonventionelle Kommissarin, die sich Verhaltensweisen, die als „weiblich“ angesehen werden, verweigert. Unter Kollegen gilt sie als „rücksichtslos“ und „aggressiv“, wäre sie keine Frau, würde das als „durchsetzungsstark“ und „dynamisch“ bewertet. Wird sie körperlich angegriffen, zeigt sich, dass ihre Reflexe immer noch blendend funktionieren. Sie säuft, kokst und steht auf unkomplizierten Sex. Gefällt ihr einer nackt schlechter als angezogen, macht sie schnellen Prozess: „Zieh dich wieder an.“

Die zweite Quelle ist das raffinierte Spiel mit dem Genre. Eine Autorin schreibt einen Krimi über eine Autorin, die Krimis schreibt und die, mutmaßlich, von einer oder einem, der das auch tut, ermordet wird. Das macht den Kreis der Verdächtigen zu einem Kreis von Spezialisten. Noch mehr Pep verleihen dem die eingefügten Arbeitsproben aus Seminararbeiten, die mitunter als Plagiate entlarvt werden.

Antje Zimmermann: Frau Faust. Piper, 303 Seiten, 15 Euro.