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Listenplatz-VerzichtGerüchte um Kölns CDU-Chef Petelkau – Wechsel in die Wirtschaft?

Lesezeit 4 Minuten

„Ich gehe volles Risiko“: Bernd Petelkau drei Monate vor der Landtagswahl.

Köln – Am 15. Mai wird Bernd Petelkau (57) sozusagen zum Artisten. Der Kölner CDU-Allesmacher geht in die NRW-Landtagswahl, ohne sich über einen Listenplatz seiner Partei abzusichern, falls er den Wahlkreis II im Kölner Westen nicht gewinnt. Petelkau ist Fraktionschef im Stadtrat, Parteichef, dazu noch Landtagsmitglied. Er sagt: „Das Ziel ist es, meinen Wahlkreis direkt zu gewinnen, deshalb habe ich auf einen Listenplatz verzichtet. Es gibt keinen Netz und doppelten Boden.“

2017 hatte Petelkau 37 Prozent der Stimmen eingesammelt, ein starkes Ergebnis, er lag acht Prozentpunkte vor der SPD, knapp 27 vor den Grünen. Doch seither fegt die grüne Welle durch Köln, die SPD ist durch die Bundestagswahl wieder erstarkt. Was das für die Landtagswahl heißt, ist angesichts der engen Umfragewerte aktuell nicht gut vorherzusehen. Kann Petelkau Lindenthal und Umgebung für die CDU halten?

Landtagswahl: Was wenn Petelkau kein Direktmandat bekommt?

Die CDU-Liste

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der sieben Kölner CDU-Kandidaten für die Landtagswahl finden sich auf dem Vorschlag der Reserveliste der Landes-CDU. Sie kommt zum Tragen, wenn eine Partei über die Zweitstimme mehr Sitze im Landtag holt, als sie Wahlkreise direkt gewinnt. Am Samstag legen die Delegierten auf einer Versammlung in Essen die Liste fest, bislang liegt ein Vorschlag des Landes-Vorstandes vor.

So sind die Kölner Kandidaten gelistet: Umweltministerin Ursula Heinen-Esser auf Platz sechs, Staatssekretär Nathanael Liminski auf zwölf, die Landtagsabgeordneten Florian Braun und Oliver Kehrl folgen auf 25 und 78. Das Kölner Ratsmitglied Thomas Welter kommt auf Rang 118, Dominik Kaven auf 126. (mhe)

Und: Was passiert, wenn nicht? Er kündigt an: „Unabhängig vom Ausgang der Landtagswahl werde ich meine Amtszeiten als Partei- und Fraktionschef in Köln zu Ende führen, sonst würde ich meine Wählerinnen und Wähler enttäuschen.“ Bis 2023 ist er als Partei- und auch als Fraktionschef gewählt.

Doch ist Berufspolitiker Petelkau im Falle einer Niederlage zu schwach, um sich tatsächlich an der Spitze zu halten? „Dann könnte er ein Glaubwürdigkeitsproblem haben“, sagt ein Ratsmitglied. Seit 2012 ist Petelkau Parteichef, doch zuletzt fuhr die Kölner CDU vor allem historisch schlechte Wahlergebnisse ein: 2019 bei der Europawahl waren es 19,79 Prozent, im Jahr darauf bei der Kommunalwahl 21,49 Prozent, bei der Bundestagswahl im Vorjahr 19,33 Prozent.

Dafür ist Petelkau alles andere als allein verantwortlich. Doch eine persönliche Wahlniederlage im CDU-geprägten Westen würde nicht mehr nur an der Partei kleben, sondern auch an Petelkau – der ohnehin umstritten ist: Im Sommer hatte sich eine innerparteiliche Opposition gefunden, deren Kandidat Thomas Breuer im September nur knapp im Kampf gegen Petelkau um die Parteispitze unterlag (48 zu 52 Prozent).

Petelkau verzichtet auf CDU-Listenplatz: Gerüchte um Plan B

Den Verzicht auf den Listenplatz interpretieren vor allem seine Gegner als Indiz für einen Plan B, sie raunen von einem möglichen Wechsel Petelkaus in die Energiewirtschaft, ein mögliches Unternehmen wird schon genannt. Petelkau selbst bezeichnet die Gerüchte als „Unsinn. Ich denke auch nicht daran, sondern konzentriere mich auf den Wahlkampf.“

Er will mehr Polizisten vor Ort haben, den Schulbau forcieren. Und er betont, keinen Plan B für den Fall einer Niederlage zu haben. Aber ist das wirklich vorstellbar? Dass Bernd Petelkau, der Mr. Strategie schlechthin der Kölner CDU, keine Alternative vorbereitet hat? Vermutlich kann er einfach nicht von einem Plan B reden, ohne sich und seinen Wahlkampf zu schwächen. Und zum Listenplatz: Für die Kölner CDU treten die NRW-Kabinettsmitglieder Ursula Heinen-Esser und Nathanael Liminski an, sie haben aktuell die Listenplätze sechs und zwölf, für Petelkau wäre ein wirklich prominenter Listenplatz zumindest schwierig geworden (siehe Info-Text).

Bis Ende 2018 war Petelkau halbtags Banker, dann widmete er sich ganz der Politik, formierte erneut ein Bündnis mit den Grünen (plus Volt), stellt wieder die Oberbürgermeisterin, auch wenn Henriette Reker parteilos ist. Seine vielen Mandate tragen ihn finanziell auch ein Stück weit, selbst wenn das Landtagsmandat tatsächlich futsch wäre, was alles andere als ausgemacht ist, er geht als Favorit in das Rennen gegen unter anderem Grünen-Parteichef Frank Jablonski.

Ein Beispiel: Als Vorsitzender des Aufsichtsrates der Rheinenergie hat er von 2017 bis 2021 laut eigenen Angaben knapp 180.000 Euro bekommen, durchschnittlich sind allein das 36.000 Euro im Jahr.