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Centre Pompidou bis WeltstadthausArchitekt Renzo Piano feiert seinen 85. Geburtstag

Lesezeit 4 Minuten
Walfisch Köln

Das Weltstadthaus in Köln

Köln – Ist es ein Wal, der da an der Nord-Süd-Fahrt gestrandet ist? Oder ein luxuriöser Ocean-Liner, der mitten in der Stadt vor Anker ging? Von der Seite aus betrachtet ein gläserner Berg wie aus dem Fantasy-Märchen, aus der Vogelperspektive eine mächtige, aber dennoch elegante Welle: 1999 schuf Renzo Piano im Auftrag von P&C das Weltstadthaus – und bescherte Köln einen seiner schönsten Neubauten.

Am 14. September feiert der italienische Stararchitekt nun seinen 85. Geburtstag. In den vergangenen Jahrzehnten schuf er Geschäfts- und Privathäuser, Konzertsäle und Bürotürme, praktisch überall auf der Welt. Und für seine Heimatstadt Genua baute er eine Autobahnbrücke, nachdem der Einsturz von deren Vorgängerin so viele Menschenleben gekostet hatte.

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Renzo Piano

1937 wurde Piano in der ligurischen Hauptstadt in eine Familie von Bauunternehmern geboren – und wie das so ist mit Wurzeln: Man kappt sie komplett oder wird ein Spross dieses Gewächses. Er sei als Kind schon immer gerne mit dem Vater auf Baustellen gewesen, erzählt Piano immer wieder – etwa Philip Jodidio in dessen bei Taschen erschienenen Prachtband: „Es machte mir Freude zu beobachten, wie etwas emporwuchs, von Menschenhand geschaffen, wo vorher nichts gewesen war.“

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Centre Pompidou

Und diese Freude ließ ihn ein Architekturstudium abschließen und Anfang der 70er Jahre seinen ersten Erfolg in die Welt setzen: das Centre Pompidou in Paris, seinerzeit revolutionär durch seine optische Durchlässigkeit dank der mit Glas verkleideten Stahlkonstruktion.

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Kalifornische Wissenschaftsakademie San Francisco

Piano ist leidenschaftlicher Segler – und diese Passion findet sich auch in seinen Bauten wieder: das Gleiten, Schweben, vielleicht sogar Fliegen über das Wasser, in seiner Fortbewegung hundertprozentig abhängig von dem was die Natur möglich werden lässt. Und er baut auch gern am Wasser, etwa das Centro Botín im nordspanischen Santander, dessen Entstehung der Regisseur Carlos Saura („Carmen“) in seiner Dokumentation „Renzo Piano – Architekt des Lichts“ (2018) begleitet hat.

Kölner Chronik

1999 begannen die Bauarbeiten für das Weltstadthaus von P&C. Der geplante Eröffnungstermin März 2001 wurde mehrfach verschoben, nach einem Streit über Baukosten und Statik zwischen P&C und dem Bauunternehmer Hochtief ruhte die Baustelle sogar für zwei Jahre. Man einigte sich dann doch – und feierte die glanzvolle Eröffnung im April 2005. (HLL)

Das Gebäude ragt in Teilen auf das Meer und steht auf Stelzen, so dass der Blick auf den Horizont nicht komplett versperrt ist. Dazu fangen die weißen, gewölbten Keramikfliesen an der Außenfassade einerseits die Farben des Lichts ein, spiegeln andererseits die Bewegung des Wassers. Der Einfluss, den das Licht auf das fertige Gebäude haben wird, ist immer Teil seiner Planung.

Die Poesie vieler seiner Werke spricht eigentlich schon für sich, doch wenn man den Italiener im Gespräch mit Saura schwärmen hört, liegt der Gedanke nahe, dass an ihm ein Dichter verloren gegangen sein könnte. Zumindest versteht er es, sein Werk in literarischer Qualität zu erläutern: Architektur sei eine Kunst, die die Technik nutze, um Emotionen zu erzeugen.

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The Shard in London, von King Charles III. einst als Salzstreuer bezeichnet.

Gerne erkundet er die Stadt, in der gebaut werden soll, verbringt Zeit auf dem Grundstück, um „hineinzuhorchen“. Gleichzeitig schlägt aber auch die Handwerkstradition durch, wenn er austestet, was mit Materialien möglich ist.

Dabei lässt er sich immer von Fachleuten unterstützen. Als er in Osaka für einen Flughafen auf einer künstlichen Insel die Abfertigungshalle bauen sollte, untersuchte er zuvor zusammen mit Ingenieuren die Windströme, die vom Landesinnern aus auf das Gebäude einwirken. Das heute wellenförmige Dach hilft nun, diese zu kanalisieren.Für ein Kulturzentrum auf der vor Australien liegenden Inselgruppe Neukaledonien errichtete er Bauten, die an halb fertig geflochtene Körbe erinnern – ihre Krümmung hält Hurrikanen Stand, die Lamellenstruktur versorgt sie gleichermaßen mit Licht und Luft.

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„Besonders wichtig ist es, Orte zu schaffen, wo Menschen sich begegnen und ihr Zusammenleben zelebrieren können“, sagt Piano in Sauras Film. „Denn diese Orte werden geschaffen, um die Zeit zu überdauern.“ Von dieser Sorte hat er reichlich auf seiner Werkliste.

Philip Jodidio: Piano. Renzo Piano Building Workshop Complete Works 1966 to today. 2021 Edition. Taschen, 704 S. 50 Euro.

Carlos Saura: Renzo Piano, Architekt des Lichts, Mindjazz Pictures, ca. 18 Euro