Corona-Sorgen und PersonalnotSo stark sind Kölns Altenheime derzeit belastet

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Köln – Mirko Beckmann klopft dreimal auf seinen Schreibtisch. Der Leiter des Maternus-Seniorencentrums in Rodenkirchen kann sich mit Blick auf die aktuelle Situation in seiner Einrichtung glücklich schätzen. „Das Corona-Thema hält sich bei uns aktuell stark in Grenzen.“ Von den Bewohnern sei aktuell kaum jemand infiziert. Und wenn, dann stecke derjenige die Infektion in der Regel gut weg. Vor zwei Wochen seien große Teile der Bewohner zum vierten oder fünften Mal geimpft worden. „Das Thema wird uns weiter beschäftigen“, sagt Beckmann. „Im Herbst und im Winter rechnen wir auch bei uns mit steigenden Zahlen.“
Genau dieser Trend ist anders als in der Rodenkirchener Einrichtung an vielen anderen Stellen angekommen. Zuletzt lag die Zahl der infizierten Bewohner in Alten- und Pflegeheimen laut Daten der Stadt bei 322.
Sinkende Inzidenz – Höchster Wert bei über 90-Jährigen
393 beträgt aktuell die Sieben-Tages-Inzidenz. Innerhalb der vergangenen sieben Tages ist der Wert um rund 200 Punkte gefallen. Ein Trend, der aktuell auch in NRW, Deutschland und anderen europäischen Ländern zu beobachten ist. Die Gründe dafür sind aktuell noch unklar.
802 betrug am Mittwoch die Sieben-Tage-Inzidenz bei den über 90-Jährigen Kölnerinnen und Kölnern – im Vergleich zu den anderen Altersgruppen mit Abstand der höchste Wert.
Da die Altersgruppe nur rund ein Prozent der Gesamtbevölkerung in Köln ausmacht, gebe es laut Stadt allerdings eine mathematische Einschränkung der Aussagekraft dieses Werts. Dennoch gebe es Faktoren, die zu einer erhöhten Inzidenz bei den über 90-Jährigen beitragen: Neben der oft höheren Testfrequenz, würden Angebote für Senioren früher in Innenräume verlegt, da die Altersgruppe empfindlicher auf die fallenden Temperaturen reagiert.
Aktuell liefen in den Einrichtungen Aktionen zur vierten Impfungen mit den an die Omikron-Variante angepassten Impfstoffen.
Zum Corona-Management der Stadt gehört etwa auch die Beratung bei größeren Ausbrüchen. Außerdem organisiert die Stadt Impfangebote in den Heimen, führt Biomonitoring-Besuche durch, bei denen die Vitalparameter der Infizierten gemessen werden. Abstrich-Teams der Stadt unterstützen die Heime außerdem , wenn etwa mehrere Fälle zeitgleich ohne erkennbaren Zusammenhang auftreten. (sim)
Auch wenn die Zahlen in den vergangenen Tagen leicht zurückgingen, sind sie immer noch mehr als sechs Mal so hoch wie Mitte September. Die Zahl der infizierten Mitarbeiter in den Einrichtungen hat sich in den vergangenen anderthalb Monaten etwa verdreifacht. „Seit einigen Tagen gibt es auch in einigen unserer Einrichtungen ein höheres Aufkommen an Coronainfektionen“, sagt Gabriele Patzke, Geschäftsführerin der Sozial-Betriebe-Köln (SBK). Seit dem Sommer, in dem die SBK „in der Regel coronafrei“ waren, seien die Zahlen „punktuell gestiegen“. Die gute Nachricht: Die Verläufe seien meist mild. Infektionen unter Mitarbeitern seien dagegen aktuell unauffällig und eher Einzelfälle. Vermutlich auch, weil in Pflegeeinrichtungen nach wie vor die Maskenpflicht gilt.
Ansteigende Ansteckungen, aber meist milde Verläufe
Auch in den Senioren-Einrichtungen der Cellitinnen sei die Zahl der infizierten Bewohner zuletzt leicht angestiegen. Kritisch sei das aufgrund der hohen Impfquote jedoch nicht. Deutlich mehr ins Gewicht fallen dort dagegen bereits die Ausfälle innerhalb der Pflegeteams.
„Hinzu kommt die Vorgabe, täglich Testungen für Besucher anzubieten, was zusätzliche Fachkräfte bindet, die eigentlich in den Wohnbereichen Dienst haben“, sagt Regionalleiter Dino Kierdorf. „Die Mehrkosten werden trotz bundesweiter Proteste nicht refinanziert. Viele Pflegeeinrichtungen fühlen sich deshalb von der Politik im Stich gelassen.“ Viele Angehörige hätten außerdem wenig Verständnis dafür, „dass wir auf Maske und Testung bestehen müssen, während die Schutzmaßnahmen in der Gesellschaft kaum noch eine Rolle zu spielen scheinen“, sagt Kierdorf. Nach wie vor gilt laut Corona-Schutzverordnung: Besucher müssen einen negativen Antigen-Schnelltest vorweisen.
Sorgen vor den nächsten Monaten hat Christian Potthoff, Geschäftsführer für Pflege und Wohnen bei der Diakonie Michaelshoven. Neben dem kontinuierlichen Anstieg der Infektionsfälle, seien vermehrt auch Magen-Darm-Erkrankungen oder Erkältungen im Personal festzustellen. „Diese führen aktuell zu Personalausfällen. Das besorgt mich auch perspektivisch, da es schwierig wird, die Dienstpläne abzudecken. Ich befürchte eine stark anhaltende Belastung innerhalb unserer Mitarbeiterschaft“, sagt Potthoff.
Maske, Tests und Quarantäne – daran hätten sich die Bewohner mittlerweile gewöhnt, stellt Mirko Beckmann im Maternus-Seniorencentrum in Rodenkirchen fest. „Große Sorgen oder gar Ängste kann ich bei unseren Bewohnern nicht feststellen“, sagt er. Das Interesse an Schutzmaßnahmen sei weiterhin groß. Egal sei das Thema keinem. Ältere Menschen, meint Beckmann, seien schon seit Beginn der Pandemie relativ entspannt mit der Situation umgegangen. Das sei auch jetzt so. Trotz der Ungewissheit, wie groß das Thema in den kommenden Monaten wieder wird.