Markus Greitemann verspricht mehr genehmigte Wohnungen, Berivan Aymaz schließt Verkehrsversuche nicht aus, Torsten Burmester will mehr Gewerbeflächen ausweisen – so lief die OB-Debatte der Rundschau.
Debatte der Kölnischen RundschauDas planen die OB-Kandidaten für Köln

Großes Interesse: 120 Besucherinnen und Besucher kamen ins Architekturbüro Kaspar Kraemer.
Copyright: Nabil Hanano
Mit welchen Ideen, Konzepten und Visionen wollen Sie Köln nach vorne bringen? Das fragte die Kölnische Rundschau am Montag bei einem Diskussionsabend die drei aussichtsreichsten Kandidaten für die Oberbürgermeisterwahl im September: Berivan Aymaz (Grüne), Markus Greitemann (CDU) und Torsten Burmester (SPD).
Das Podiumsgespräch fand in Zusammenarbeit mit den „Freunden des Kölnischen Stadtmuseums“ im Architekturbüro Kaspar Kraemer statt. 120 Gäste waren der Einladung gefolgt, moderiert wurde der Abend von Vize-Chefredakteur Jens Meifert und dem stellvertretenden Lokalchef Ingo Schmitz. Greitemann sagte zum Auftakt, als Baudezernent sei er zwar im Wahlkampf angreifbar, wisse aber genau, wo in der Stadtverwaltung die Probleme liegen und wie man sie lösen könne. „Wenn ich Oberbürgermeister bin, ist das ein Riesenvorteil, weil ich vom Tage Null an loslegen kann.“
Landtagsvizepräsidentin Aymaz betonte ihre „politische Führungserfahrung“. Darin unterscheide sie sich klar von ihren Wettbewerbern. Sie könne hart verhandeln, wisse aber auch, „wie zentral Kompromisse für unser demokratisches Miteinander sind“. Der frühere Sportfunktionär Burmester sagte: „Ich trete an für zehn Jahre.“ Er wolle in der aktuellen „Krise der kommunalen Demokratie“ Verantwortung übernehmen und Köln voranbringen.
Aymaz: Ost-West-Tunnel ist hochproblematisch
Sehr kontrovers ging es gleich beim ersten Thema zu, der Verkehrssituation in Köln. Aymaz sagte, sie halte die Entscheidung des Rates für einen Tunnel auf der Ost-West-Achse für „hochproblematisch“ und hätte „ganz klar dagegen gestimmt“. Köln könne sich so ein großes Bauprojekt über viele Jahre mitten in der Stadt nicht leisten. In welchem Maße das Projekt förderfähig sei, müsse sich erst noch zeigen.
Burmester, der den Ost-West-Tunnel befürwortet, sagte, Köln habe „eine Verkehrswende ausgerufen, aber ohne einen Plan dahinter“. Die Probleme bei den KVB seien „nicht vom Himmel gefallen“. Man habe es versäumt zu investieren. Bus und Bahn müssten gestärkt werden, weil sie „das sozial gerechteste Verkehrsmittel“ seien. Es gelte aber, alle Verkehrsträger einzubeziehen. „Wenn Sie sagen, die Autos müssen aus der Innenstadt heraus, dann brauchen sie eine Alternative.“
Greitemann betonte: „Der Tunnelbau ist genau richtig, zukunftsweisend, auch mit der Vision, unter dem Rhein und bis nach Melaten durchzugehen.“ Die Verkehrswende gelinge nur, „wenn wir sie von den Bedürfnissen der Menschen her denken.“ Dazu müsse der Verkehr auf allen Verkehrsträgern funktionieren. Sichere Radwege zu schaffen, bedeute für ihn Trennung vom Fußgängerverkehr. Die Anbindung der Außenbezirke müsse vorangetrieben werden. Den Verkehrsversuch auf der Trankgasse halte er für gescheitert, dadurch sei Stau auf der Rheinuferstraße vorprogrammiert.
Aymaz schloss weitere Verkehrsversuche in Köln nicht aus, sie müssten aber „gut vorbereitet werden“ und dürften keine Formfehler haben. „Das ist das Entscheidende.“ Man müsse die Menschen mitnehmen, es brauche gute Kommunikation. Das Bedürfnis des Menschen sei nicht unbedingt das Auto oder ein Tunnel. „Das Bedürfnis des Menschen ist Mobilität. Und zwar sicher, zuverlässig und schnell anzukommen. Und das zu jeder Uhrzeit.“ Statt einen Tunnel zu bauen, müsse Köln im ÖPNV in mehr Sicherheit und funktionierende Rolltreppen investieren.
Greitemann will 20.000 Wohnungen genehmigen
Beim Thema Wohnen musste sich Baudezernent Greitemann die Kritik gefallen lassen, dass Köln in seiner Amtszeit beim Wohnungsbau immer mehr zurückgefallen ist. Statt der gewünschten 4000 bis 6000 Wohnungen pro Jahr wurden vergangenes Jahr nur noch 1800 gebaut. Greitemann sagte, es gebe in Köln 11.000 Wohnungen, die genehmigt, aber noch nicht gebaut sind. Um schneller bauen zu können, müsse das Bauen preiswerter werden, und dafür müsse man die Standards senken. Dann komme man „auch wieder zu Mieten zwischen zwölf und 14 Euro im freifinanzierten Bereich“. Um den Wohnungsbau zu beschleunigen, wolle er die Wohnungsbauleitstelle im OB-Büro ansiedeln und zur Chefsache machen. Sein Ziel sei, 20.000 neue Wohnungen bis 2030 zu genehmigen.

Markus Greitemann
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Aymaz warf Greitemann vor, sein Ansatz sei „realitätsfern“, wenn er meine, die Mieten würden dadurch spürbar sinken, dass die Bauwirtschaft Wohnungen etwas günstiger baue. „Wir brauchen andere Hebel.“ Bezahlbares Wohnen sei ein Thema mit Sprengkraft „für unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt“. Sie wolle „eine sozial orientierte strategische Bodenpolitik nach vorne treiben“ und „alle baureifen städtischen Grundstücke pro Stadtbezirk schnell und zügig identifizieren“, um sie über das Erbbaurecht an Genossenschaften und gemeinwohlorientierte Projekte weiterzugeben. „Wir müssen bezahlbaren Wohnraum schaffen.“
Burmester zitierte ein Inserat: „Studierendenzimmer, 14 Quadratmeter, 945 Euro brutto kalt.“ Das sei die Realität. Deshalb müsse man als Erstes mehr für den Mieterschutz tun. Da hinke Köln Hamburg und München hinterher. Es brauche ein Flächenmanagement in der Stadt, außerdem wolle er eine neue städtische Wohnungsbaugesellschaft gründen. „Wir müssen den Wohnungsbau-Turbo ankurbeln“, betonte Burmeister. An Greitemann gerichtet, sagte er: „Ich muss es in fünf Jahren schaffen. Sie haben es in sieben Jahren nicht geschafft.“
Kampf gegen Verwahrlosung
Greitemann betonte: Ordnung sei „kein Rückfall in Autorität“, sondern „die Voraussetzung für ein Miteinander“. Er wolle den Ordnungsdienst um 300 zusätzliche Mitarbeiter aufstocken. Das sei nicht einfach, aber sein Ziel. Für Drogenkranke und Obdachlose brauche es mehr Hilfsangebote. Aymaz kritisierte, Greitemanns Fokussierung auf 300 Ordnungskräfte sei „purer Populismus“. Es gelinge der Stadt nicht einmal, die derzeit 60 offenen Stellen im Ordnungsdienst zu besetzen. Sie sei eine Verfechterin des Züricher Modells: Es brauche mehr Drogenkonsumräume, um den Drogenkonsum weg von der Straße zu bekommen, zudem benötige man mehr Tageseinrichtungen und Hilfsangebote für Drogenkranke. Burmester bejahte wie seine Vorredner die Notwendigkeit solcher Hilfen, unterstrich aber, er sei nicht bereit, Ja zu sagen zu einer offenen Drogenszene oder aggressivem Betteln. „Wir kommen an einer Stärkung des kommunalen Ordnungsdienstes nicht vorbei.“

Torsten Burmester
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Burmester will nach Kassensturz über Projekte entscheiden
Um die Wirtschaft zu stärken und mehr Jobs zu schaffen, müsse die Stadt mehr Gewerbeflächen ausweisen, forderte Burmester. Das sei in Konkurrenz zu Wohnen und Klimaschutz nicht einfach. Firmen mit hoher Wertschöpfungstiefe seien zu bevorzugen. Zur prekären Haushaltslage sagte er, Projekte die beschlossen sind, sollten umgesetzt werden. Der Rest sei nach einem Kassensturz zu entscheiden.

Berivan Aymaz
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Aymaz sagte, sie wolle ein Wirtschaftsforum einrichten. Es gelte, eine Zielvorstellung zu entwickeln: „Was und wohin will diese Stadt?“ Köln müsse künftig jeden Euro umdrehen. „Was allen Menschen zu Gute kommt, setzen wir um.“ Greitemann meinte, Köln habe zurzeit „die falsche Strategie“. Die Stadt müsse mehr Industriearbeitsplätze nach Köln holen und mehr aus sich machen. Mit Blick auf die Liste der 55 Großprojekte sagte er: „Wir werden ganz klar priorisieren müssen.“