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Deutschlands bester Club
Was das Bootshaus in Köln so besonderes macht

Lesezeit 5 Minuten
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Das Publikum im Bootshaus feiert ausgelassen. 

Köln – „Elektronische, von besonders schnellem Rhythmus bestimmte Tanzmusik (besonders in Diskotheken)“ – das ist die Definition von Techno laut Duden. Eine Tanzmusik, die in Deutschland erst einmal als Keller- oder Untergrundmusik lief, aber inzwischen seinen Weg in die Mitte der Gesellschaft gefunden hat. Eine Tanzmusik, die im Bootshaus in Köln schon seit 1991 gefeiert wird, damals noch Warehouse genannt. Erneut konnte der Club in Mülheim nun den fünften Platz des Weltrankings belegen und sogar Platz eins in Deutschland. Erstellt wird die Liste durch ein Voting des Fachmagazin DJ Mag.

Was den Unterschied macht

Doch was macht das Bootshaus so besonders im Vergleich zu anderen Clubs? Das berühmte Berghain in Berlin landete etwa „nur“ auf Platz zwölf.

Interessante und lustige Fakten

Für einen Videodreh waren Harald Schmitt und Thomas Gottschalk im Bootshaus. Damals wurde allerdings eine Party inszeniert.

Viele international bekannte DJs gehen im Bootshaus ein und aus. Martin Garrix war allerdings noch nicht da. Das Team wünscht sich, ihn in Zukunft für das Bootshaus buchen zu können. Auch Daft Punk hätte das Team gerne einmal zu seiner populären Zeit da gehabt. Das Duo hat sich 2012 aufgelöst.

„Es ist größer geworden, es ist bekannter geworden und trotzdem haben wir noch unser Kernpublikum“, erzählt Marketing-Leiter Niclas Aigner . Der 30-Jährige gehört bereits seit 13 Jahren zum Team. „Wir haben immer einen Kern von etwa 2000 Leuten, die regelmäßig hier sind, teilweise jedes Wochenende. Das ist eine Konstante, auf die wir sehr stolz sind und die auch dieses Feeling ausmachen.“ Einige Gäste haben eine besonders starke Bindung zu dem Club und auch zu den Festivals, die dieser veranstaltet – Blacklist und Nibirii . „Wir haben momentan etwa 400 bis 600 Leute, die ein Bootshaus-, Blacklist- oder Nibirii -Tattoo haben.

Wir werden regelmäßig in Postings markiert, wo die Leute ihre Tattoos zeigen oder in Bootshaus-Pullis im Urlaub sind und stolz das Foto hochladen“, erzählt Aigner. Auch den Musikerinnen und Musikern scheint dieses Gemeinschaftsgefühl aufzufallen: „Wenn DJs aus Kanada oder den USA auf ihrer Tour hier sind, die auf internationalen Festivals und vielleicht auch in Clubs spielen, die bessere Technik haben, wenn die dann sagen, das ist eine besondere Atmosphäre hier, dann heißt das schon was.“ Das motiviert auch Geschäftsführer Tom Thomas: „Ich war schon immer mit ganzem Herzen Gastgeber. Damals wie heute motiviert es mich am meisten, die Leute zu entertainen. Ich möchte den Gästen eine gute Zeit bereiten, sie sollen unvergessliche Abende verbringen und Dinge erleben, die sie vielleicht noch nie zuvor woanders erleben konnten.“

Keine Festlegung auf ein bestimmtes Genre

Das Bootshaus bedient etwa 15 verschiedene Genres – alle elektronisch. Eine weitere Besonderheit ist das Line-up. DJs, die auf Festivals wie Tomorrowland und Parookaville spielen, gehen hier ein und aus. Dazu gehören etwa Alle Farben, Felix Jaehn und Robin Schulz. Ebenso Sven Väth, der im Bootshaus zu Beginn seiner Karriere auflegte. Der inzwischen 57-jährige in der Technoszene populäre Musiker stand regelmäßig an den Turntables. Auch für DJ Zedd war das Bootshaus ein Schritt zu seiner heutigen Karriere. „Der hatte hier seine erste Show. Er hat unserem Booker damals eine SMS geschrieben: ,Hey, ich bin DJ Zedd aus Dortmund und ich würde gerne bei Laidback Luke als Support spielen.„Der Booker hat gesagt, das passt. 2014 hat DJ Zedd hier das erste Mal gespielt. Drei Jahre später war er dann Zedd der Superstar.“

Nicht nur die DJs sind am Bootshaus gewachsen, auch der Club selbst hat sich vergrößert. Das Bootshaus war schließlich wirklich mal ein Bootshaus und hat viel Platz zu bieten. „Die Dreherei ist ein dritter Floor, das war ganz lange eine Werkstatt“, sagt Aigner. Der Außenbereich wurde gerade erst neu gestaltet und wird aktuell fertiggestellt. Außerdem wird eine Lagerhalle noch zu einem weiteren Floor umgebaut. Spätestens zum Winter soll dieser fertig sein.

Das Bootshaus hat sich weitere Ziele gesteckt: Nachhaltigkeit ist ein wichtiges Thema. „Das war auch schon vor Corona geplant, bis spätestens 2025 soll der Club komplett nachhaltig funktionieren“, so Aigner. Beispielsweise soll die Energie grün werden durch Solarzellen auf dem Dach, Plastik soll reduziert werden, ebenso der Wasserverbrauch. Gehört zu den Zielen auch, Platz eins des Weltrankings zu belegen? „Wir möchten uns stetig weiterentwickeln, neue Trends entdecken, immer am Puls der Zeit bleiben und natürlich auch eine Anlaufstelle für Menschen mit Leidenschaft für elektronische Musik bleiben. Das DJ Mag Ranking ist zwar nicht maßgeblich für uns, aber wenn unsere Gäste unsere Arbeit wertschätzen und uns weiterhin an die Spitze wählen, freut uns das natürlich sehr“, sagt Thomas.

Kein High-End-Partypublikum

In diesem Jahr belegt das „Hi Ibiza“ auf Ibiza den ersten Platz. Für das Bootshaus-Team ist aber klar, dass sie das Ranking im Auge behalten. Aber vor allem eines ist ihnen wichtig: „Wir wollen uns ein Stück weit Anerkennung in der Gesellschaft und auch in der lokalen Gesellschaft sichern.“ In Ehrenfeld haben viele Clubs zugemacht wegen Um- und Neubauten. Auch in der direkten Umgebung des Bootshaus wird gebaut. Es sei wichtig, dass die Stadt erkenne, welchen Stellenwert so ein Club habe, was durch so ein Voting offensichtlicher werde. Was das Team vom Bootshaus aber ablehnt, ist, sich an die Preiskategorie anzupassen, die etwa im Hi Ibiza vertreten ist. „Wir wollen nicht nur das High-End-Partypublikum, sondern unsere Community behalten. Das geht nur, wenn man nicht 90 Euro für ein Ticket zahlt. Wenn wir uns in die Richtung entwickeln müssten, dann wollen wir den ersten Platz nicht.“

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