AboAbonnieren

Doppel-HaushaltSchulden der Stadt Köln steigen kräftig

Lesezeit 4 Minuten
2023 steigen die Ausgaben der Stadt Köln auf 5,69 Milliarden Euro.

Grafik zum Doppelhaushalt 2023/2024 der Stadt Köln, den der Stadtrat am 10.11.2022 verabschiedet hat.

Der Kölner Stadtrat hat am Donnerstag den Haushalt für die nächsten beiden Jahre beschlossen. Binnen zwei Jahren erhöht sich die Verschuldung um rund 66 Prozent von drei auf fünf Milliarden Euro.

Die Ausgaben der Stadt Köln steigen in den nächsten beiden Jahren kräftig – und die Schulden wachsen noch viel stärker. Am Donnerstag beschloss der Stadtrat mit den Stimmen von Grünen, CDU, Volt und Oberbürgermeisterin Henriette Reker den Doppelhaushalt für 2023 und 2024. SPD, Linke, FDP, AfD, die „Fraktion“ und Thor Zimmermann (Gut Köln) stimmten dagegen, Nicolyn Gabrysch (Klimafreunde) enthielt sich. Das Ratsbündnis entschied auch, in der Verwaltung 1207 neue Vollzeitstellen zu schaffen, von denen rund zwei Drittel dauerhaft bestehen bleiben sollen.

Der Rekord-Etat sieht für 2023 ein Defizit von 191,2 Millionen Euro vor, im Jahr darauf 286,0 Millionen. Damit ist das einst von Reker ausgegebene Ziel, ab 2022 keine neuen Schulden mehr zu machen, endgültig Makulatur. Aktuell steht die Stadt mit drei Milliarden Euro in der Kreide. Ende 2024 werden es laut Haushaltsplan rund fünf Milliarden sein, 2027 bereits 7,3 Milliarden Euro (siehe Grafik).

Eine Krise jagt die andere.
Christiane Martin, Fraktionsvorsitzende der Grünen

Begründungen fürs Schuldenmachen fallen Politikern dieser Tage nicht sonderlich schwer. „Eine Krise jagt die andere“, sagte Grünen-Fraktionschefin Christiane Martin in ihrer Rede und nannte Klimakrise, Krieg, Energiekrise, Inflation und Corona. Der städtische Haushalt sende die Botschaft: „Nicht die Angst wird regieren, sondern der Mut.“ 2023/2024 würden mehr als 100 Millionen Euro in den Klimaschutz fließen und weit über 300 Millionen Euro in die Mobilitätswende, zugleich sei klar: „Im Sozialbereich wird nicht gekürzt.“

CDU-Partei- und Fraktionschef Bernd Petelkau nannte den Haushalt „eine angemessene Antwort auf die schwierigen Rahmenbedingungen“. Man berücksichtige die Risiken, stecke aber nicht den Kopf in den Sand. Trotz aller kaufmännischen Vorsicht dürfe man „die Stadt nicht totsparen“. Es gebe keine Steuererhöhungen, „die Investitionen laufen weiter“, allein für den Schulbau stelle man rund 400 Millionen Euro pro Jahr bereit.

Es fehlt der Wums, um die derzeitige Krise auf kommunaler Ebene in den Griff zu bekommen.
Christian Joisten, Fraktionsvorsitzender der SPD

Dagegen kritisierte SPD-Fraktionschef Christian Joisten, der Haushalt sei „nicht die richtige Antwort“. Es fehle „der Wums, um die derzeitige Krise auf kommunaler Ebene in den Griff zu bekommen“. Was Kanzler Scholz und die Ampel in Berlin vormachten, „bekommt Grün-Schwarz in Köln nicht hin“. Joisten forderte unter anderem 15 Millionen Euro „für einen Härtefall- und Hilfsfonds für Menschen und Organisationen, die von den Energiepreisen überfordert sind“. Zur Sicherung sozialer Strukturen brauche es eine mindestens fünfprozentige Erhöhung der Betriebskostenzuschüsse für gemeinnützige Träger, sonst drohe ein „sozialer Kahlschlag“. Zur Finanzierung schlug die SPD etwa vor, die Bettensteuer auf Geschäftsreisende auszuweiten und den Bau eines neuen Zentraldepots für die Museen zu verschieben.

Auch FDP-Fraktionschef Ralph Sterck hatte einen Sparvorschlag parat: die „Historische Mitte“. Es sei ein großer Fehler, das Stadtmuseum „aus einem 400 Jahre alten Ziegelbau nebst preußischer Wache an der römischen Stadtmauer in einen seelenlosen Betonklotz zu verfrachten“, und das bei Kosten von geschätzten 152 Millionen Euro. Zum Fahrplan für Klimaneutralität bis 2035 und dem geplanten ÖPNV-Ausbau sagte er, bis Ende des Jahrzehnts sei bisher einzig die Stadtbahn auf der Bonner Straße als Gleiserweiterung der KVB konkret terminiert. Christian Achtelik von Volt entgegnete, das wisse man. Um so wichtiger sei es, das als Ansporn für neue Projekte zu nehmen. Linken-Fraktionschefin Güldane Tokyürek forderte mehr Geld für einen Energie-Härtefallfonds. Den Grünen bot sie eine engere Zusammenarbeit an. Das griff Thor Zimmermann von Gut Köln auf: Im Rat gebe es eine progressive Mehrheit jenseits von Grün-Schwarz.


Kommentar: Lasten für die Zukunft

Schuldenmachen leicht gemacht: Selten gab es für Politiker so viele Argumente, warum die Einnahmen die Ausgaben nicht decken. Schließlich gilt es, die Folgen von Corona, Krieg und Energiekrise zu bewältigen, Klima- und Mobilitätswende voranzutreiben und jahrzehntelangen Sanierungsstau bei Schulen und Brücken aufzulösen. Wer will es da dem Bündnis verdenken, wenn es das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts vorerst aufgibt.

„Wir sparen nicht gegen die Krise an“, hat Oberbürgermeisterin Henriette Reker als Parole ausgegeben. Sie hat Recht, wenn es darum geht, wichtige Investitionen in die Zukunft zu tätigen, die sich langfristig auszahlen.

Das darf aber kein Freibrief für ungehemmte Kreditaufnahme sein. Dass Kölns Schulden so enorm anwachsen, ist eine Belastung für die Zukunft – vor allem in Zeiten stark steigender Zinsen. Es ist daher richtig, dass der Rat mehr Hilfe von Bund und Land fordert. Corona- und Kriegsfolgen nur aus dem Haushalt ausbuchen zu dürfen, reicht nicht. Es braucht echtes Geld.

Was meinen Sie zum Thema? Schreiben Sie uns Ihre Meinung unter koeln@kr-redaktion.de