Ins SPZ kommen Menschen mit psychischen Problemen und Erkrankungen – die sind gesellschaftlich noch immer stigmatisiert. Das Fest gab Gelegenheit zum Kennenlernen.
Köln-EhrenfeldSozialpsychiatrisches Zentrum feiert 35-jähriges Bestehen

Das SPZ in Ehrenfeld feierte sich selbst, unter anderem mit einem Bühnenprogramm.
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Die junge Frau auf der kleinen Bühne warnt ihre Zuhörer: „Es kann sein, dass ich weinen muss.“ Dann liest sie aus selbstverfassten Texten vor: „Das Leben ist hart, das Leben ist schwer, es ist tragisch, wenn man im Gedankenkarussell kreist.“ Vom Abgrund ist die Rede, vom letzten „Goodbye“, das Publikum ist sichtlich angefasst. Doch die Frau weiß Rat: „Okay, dann lese ich jetzt etwas Fröhliches vor: ‚Was ist Liebe?‘ heißt das Gedicht.“
Psychische Erkrankungen haben noch immer ein Stigma
Ihre Botschaft von Vertrauen und gegenseitiger Hilfe kommt gut an vor dem Eingang zum Sozialpsychiatrischen Zentrums (SPZ) in der Philippstraße. Dort sind an diesem Nachmittag auch Klaviermusik und Operngesang live zu hören, Lieder zum Mitsingen erklingen, und eine Theater-Truppe führt improvisierte Stücke auf. Gleich gegenüber können sich die Gäste mit Waffeln oder Bratwürsten – auch vegetarisch – versorgen, nicht-alkoholische Getränke aller Art stehen zur Auswahl.
„Das SPZ kann feiern“, freut sich dessen Leiterin Katrin Schilling angesichts des regen Zulaufs. „Ungefähr ein Drittel der Besucher habe hier noch nie gesehen.“ Das ist auch der Sinn des Fests zum 35-jährigen Bestehen der Einrichtung, in die Menschen mit psychischen Problemen zur Beratung oder zur Tagespflege kommen. Auch Selbsthilfegruppen stehen die Räume zur Verfügung, ein Freizeitangebot gibt’s ebenfalls. „Aber psychische Erkrankungen sind leider immer noch stigmatisiert“, meint Schilling. „Wer sagt schon zu seinem Chef: Ich habe eine Depression. Wer zu Hause bleiben muss, täuscht lieber eine Grippe vor.“
Jubiläumsfest als demonstrative Öffnung des SPZ
Zur Normalisierung soll auch das Jubiläumsfest beitragen. Die demonstrative „Öffnung“ des SPZ, das allein über seinen ambulanten Dienst knapp 200 Menschen im Bezirk versorgt, ist nicht nur im übertragenen Sinne, sondern auch rein räumlich geboten. Denn es ist etwas versteckt in einem Innenhof gelegen. Für das Fest wurde eigens die Gartentür zum Spielplatz an der Glasstraße gleich nebenan geöffnet, die ansonsten nur als Fluchtweg dient. Dort können sich Kinder schminken lassen, ein Kicker ist ebenfalls aufgebaut
Und für Besucher, die zusätzliche Informationen brauchen oder sich bislang „nicht getraut“ haben, stehen Führungen durch das Haus auf dem Programm. Stolz zeigen die Mitarbeiter helle Beratungs- und Aufenthaltsräume, den einladenden Lichthof. Ein architektonisches Problem im Innern des Hauses sind die Stufen, die hier und da überwunden werden müssen. Aber einige Besucher arbeiten an der Barrierefreiheit, Schilling zeigt stolz eine Rampe aus Lego-Steinen vor. „Die muss noch vergrößert werden und wir brauchen zwei davon. Aber das funktioniert tatsächlich.“
Hier finden Sie Hilfe
- Telefonseelsorge, Beratung per Mail, Telefon, Chat oder vor Ort: 0800-1110111 oder 0800-1110222 (kostenlose Nummern)
- Nationales Suizid-Präventionsprogramm für Deutschland mit vielen Informationen und Materialien
- Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention - Angebote für „Angehörige um Suizid“
- Onlineberatung für suizidgefährdete Jugendliche bieten zum Beispiel die Jugendnotmail oder die Caritas
- Information über Suizid und Suizidprävention finden Sie auch bei „Freunde fürs Leben“
- Nummer gegen Kummer (anonym und kostenlos), Informationen für Kinder, Jugendliche (unter 116111) und Eltern (0800/1110550)
- Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Uniklinik Köln
- Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie Holweide
- Bundesverband der niedergelassenen Kinder- und Jugendpsychiater mit Kontaktadressen
- Informationszentrale gegen Vergiftungen, Zentrum für Kinderheilkunde am Universitätsklinikum Bonn, 0228 /19 240