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Kölner FamilienunternehmenIn der Bäckerei Schragen arbeiten drei Generationen hinter der Theke

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Drei Generationen hinter der Theke: Helga Schragen (von links) mit ihrer Enkelin Leonie und ihrer Tochter Angela.

Drei Generationen hinter der Theke: Helga Schragen (von links) mit ihrer Enkelin Leonie und ihrer Tochter Angela.

Seit 60 Jahren versorgt Familie Schragen die Menschen in Ehrenfeld mit Gebäck – Generationenwechsel mit behutsamen Neuerungen

Die Leuchtreklame weist schon von weitem den Weg: Bäckerei, Konditorei, Stehcafé. Über dem Eingang leuchtet der Name in schwungvoller Schrift: Schragen. Das kleine Familienunternehmen ist so etwas wie eine Institution in Ehrenfeld, seit 1964 gibt es den Betrieb. Der Verkaufsraum wirkt herrlich altmodisch, von den rot-weißen Bodenfliesen über die Wandspiegel mit Palmenmotiv bis zu den Kitteln der freundlichen Damen hinter der Ladentheke.

Seit 1974 befindet sich das Geschäft auf der stadtauswärts links gelegenen Seite der Subbelrather Straße. Bereits zehn Jahre zuvor hatte Helga Schragen gemeinsam mit Ihrem Mann, dem Konditormeister Michael Schragen, eine Konditorei mit Cafébetrieb auf der gegenüberliegenden Straßenseite eröffnet. Während ihr Mann sich um die Produktion des feinen Süßgebäcks kümmerte, trug Helga Schragen die Verantwortung für Service und Administration. Mit dem Umzug in die neuen Räumlichkeiten musste man sich verkleinern, aus dem glamourösen Konditoreicafé wurde eine Bäckerei-Konditorei. „Das fiel meinem Mann schwer. Er hat immer gesagt, das ist wie der Unterschied zwischen Arzt und Apotheker. Er war ja Konditormeister“, erzählt Helga Schragen.

Bäckerei Schragen in Köln: Zunächst keine Nachfolge in Sicht

Heute wird das Ladenlokal von vier Bäckereien beliefert und von drei Schragen-Generationen betrieben. Und es ist eine reine Frauenwirtschaft. „Wir heißen zwar alle drei Schragen, aber es gibt nur eine Frau Schragen und das ist meine Oma“, sagt Leonie, die jüngste Vertreterin der kleinen Familiendynastie. Helga Schragen lächelt, ihre wachen Augen blitzen stolz. Nach dem Tod ihres Mannes hat sie das Unternehmen allein weitergeführt. Ihre Tochter Angela hat sie dabei immer wieder unterstützt, ging ansonsten aber beruflich eigene Wege. Übernehmen wollte sie den Betrieb nicht.

Eine Nachfolge war nicht in Sicht und Helga Schragen stellte sich schweren Herzens darauf ein, den Betrieb verkaufen zu müssen. Erst recht, als sie schwer und lange erkrankte. Bis Enkelin Leonie nach dem Abitur auf einmal sagte: „Ich will werden wie der Opa“, und in einem anderen Betrieb in die Lehre zur Konditorin ging. Das Erstaunen ist ihrer Mutter und Großmutter immer noch anzumerken: „Wir dachten, sie wird Anwältin“, sagt Angela Schragen kopfschüttelnd. „Oder Steuerberaterin“, ergänzt Helga Schragen. Beide wissen, wie viel harte Arbeit das Geschäft mit sich bringt. Aber das weiß Leonie auch. Schon früh hat sie im Laden mitgearbeitet, mit 13 fing sie an, im Verkauf zu helfen. Inzwischen hat sie ihre Lehre abgeschlossen und übernimmt nun nach und nach das Familienunternehmen.

Für die Zukunft des Betriebs hat Leonie eine sehr konkrete Vision. Sie möchte das Veedelsbewusstsein stärken und sich lokal noch mehr vernetzen. Schon jetzt beziehen umliegende Gastronomien Backwaren der Schragens, die wiederum beispielsweise den Kaffee der Ehrenfelder Traditionsrösterei Schamong ins Sortiment aufgenommen haben.

Tradition im Veedel: Die Bäckerei-Konditorei Schragen auf der Subbelrather Straße.

Tradition im Veedel: Die Bäckerei-Konditorei Schragen auf der Subbelrather Straße.

„Ehrenfeld war ein Arbeiterviertel, viele hier hatten wenig Geld“„Außerdem kann ich mir vorstellen, eine gewisse Eigenproduktion wieder aufzunehmen und nicht nur in Omas Fußstapfen zu treten, sondern auch in die von Opa“, sagt die junge Konditorin und strahlt.

Bei ihren Neuerungen achten die Unternehmerinnen stets darauf, die Stammkundschaft mitzunehmen. „Ich war preislich immer günstig und sehr sozial eingestellt“, sagt Helga Schragen. „Ehrenfeld war ein Arbeiterviertel. Viele hier hatten wenig Geld. Ich hatte ein schwarzes Buch, da wurde alles eingetragen und dann haben die Leute einmal im Monat bezahlt.“

Während Helga Schragen krankheitsbedingt ein Jahr pausieren musste, haben Tochter Angela und Enkelin Leonie die Geschäfte vorübergehend übernommen. Behutsam führten sie einige Änderungen ein und boten neben günstigeren Waren auch hochwertigere Optionen an. „Es gibt beides und die Leute kaufen trotzdem das Teurere“, sagt Helga Schragen. Man merkt ihr die Verwunderung an. Aber wer jeden Euro zweimal umdrehen muss, kommt bei den Schragens auch weiterhin nicht zu kurz. Neben Kaffeespezialitäten von Schamong aus dem neuen Vollautomaten gibt es immer noch einen einfachen Pott Filterkaffee für kleines Geld. Der Schuss Milch geht aufs Haus.

„Es ist wirklich eine große Ehre, dass ich die Chance habe, das Geschäft zu übernehmen“

„Ich möchte auf jeden Fall Omas soziale Haltung beibehalten. Sie hat den ärmeren Leuten damit Teilhabe ermöglicht. Viele wollen mit ihrem Unternehmen reich werden. Oma hat einfach nur geschaut, dass ihre Familie über die Runden kommt“, sagt Leonie.

Dann wird sie plötzlich ganz ernst: „Es ist wirklich eine große Ehre, dass ich die Chance habe, das Geschäft zu übernehmen. Diese Möglichkeit haben nicht viele.“

Helga Schragen gibt ihrer Enkelin einen wichtigen Rat mit auf den Weg: „Mach nicht den gleichen Fehler wie ich. Ich habe immer nur an die Arbeit gedacht, kein Urlaub, kaum Freunde, keine Hobbies…“

„… aber jetzt“ unterbricht Leonie ihre Großmutter, „muss ich Schwimmen und Turnen“, sagt Helga Schragen und alle drei lachen herzhaft.

Was haben die drei Frauen voneinander gelernt? Leonies Antwort kommt blitzschnell: „Die Arbeitsmoral habe ich auf jeden Fall von Oma. Ich weiß, wie wichtig in kleinen Betrieben jeder Einzelne ist.“ Ihre Mutter Angela pflichtet bei: „Das ist wichtig. Ich habe aber auch gelernt, darauf zu achten, was den anderen guttut.“ Und für Helga Schragen ist klar: „Ich habe gelernt abzugeben.“ Nach einer kurzen Gedankenpause schiebt sie hinterher: „Naja, also Hauptsache, ich bin noch dabei.“