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Von Veedelszoch bis Linie 3 und 4Was die Ehrenfelder Bürgervereinigung in 70 Jahren erreicht hat

Lesezeit 4 Minuten
Ralf Heinen und Dieter Brühl (v.l.) stoßen auf 70 Jahre Bürgervereinigung Ehrenfeld an.

Ralf Heinen und Dieter Brühl (v.l.) stoßen auf 70 Jahre Bürgervereinigung Ehrenfeld an.

Die Ehrenfelder Bürgervereinigung feierte ihr 70-jähriges Bestehen, sie blickt auf zahlreiche erfolgreiche Projekte zurück.

1954 lag Köln noch weitgehend in Trümmern. Auch in Ehrenfeld waren Leute gefragt, die anpackten, nicht nur im wörtlichen Sinne. Damals traf sich im Haus Herrmuth eine Skatrunde, bestehend aus verdienten Bürgern des Stadtteils, die sich entschlossen, genau das zu tun: Die Interessen der Bewohner ihres Veedels gegenüber Politik und Verwaltung vertreten, wichtige Projekte mit auf den Weg zu bringen, das Brauchtum zu fördern. „Tradition pflegen, Zukunft mitgestalten“ lautete das Motto.

Bürgermeister Dr. Ralf Heinen rief diese Urszene der Ehrenfelder Bürgervereinigung in seinem Grußwort auf der Feier zum 70-jährigen Bestehen des Vereins in Erinnerung. Rund 100 Gäste, darunter zahlreiche Vertreter von Ehrenfelder Vereinen, aber auch Bezirksbürgermeister Volker Spelthann, einige Ratsherrn und -frauen, Bezirksvertreter und Ex-OB Fritz Schramma, Ehrenmitglied der Bürgervereinigung, hatten sich dazu im Pfarrsaal von St. Josef versammelt. Sie seien in den vergangenen sieben Jahrzehnten stets „starke Impulsgeber und verlässliche Ansprechpartner gewesen“, lobte Heinen die Arbeit der früheren und heutigen Mitglieder, „überkonfessionell und über alle Parteigrenzen hinweg.“

Dienstagszoch in Ehrenfeld gegründet

Das gesellschaftliche Miteinander unter dem Eindruck steten Wandels und erheblicher Veränderungen zu sichern, sah die Bürgervereinigung seit ihrer Gründung im damals schon sehr lebendigen Arbeiterviertel als eine Hauptaufgabe an. So war sie in enger Abstimmung mit dem Festkomitee Ehrenfelder Karneval, das zeitweise der Bürgervereinigung angegliedert war, nicht nur an der Gründung des Dienstagszochs beteiligt, dem größten Kölner Veedelszoch. Auch das Ehrenfelder Kinderdreigestirn war von Anfang an ein voller Erfolg – und wurde zum Kölner Kinderdreigestirn.

Aber der Verein mischte sich auch in die Politik ein, sorgte dafür, dass Großprojekte wie der Bau des Autobahnzubringers oder der U-Bahn-Linien 3 und 4 einigermaßen bürgerverträglich ausgeführt wurden. Und wo es der Stadt an Initiative oder den nötigen Finanzmitteln mangelte, sprang sie ein, reichte die Sammelbüchse herum und sprach potenzielle Sponsoren an.

So konnte der Verein früh den Max- und Moritz-Brunnen stiften, der 1961 auf dem Lenauplatz eingeweiht wurde. Nach der Jahrtausendwende sorgte er dafür, dass Barbara- und Mechtern-Brunnen wieder sprudelten, auch das Hochkreuz auf dem Ehrenfelder Friedhof wurde in Schuss gebracht.

Geschichts- und Kulturpfad in Ehrenfeld

Die Veedelshistorie war und ist ein Spezialgebiet von Hans Maubach. Er war von 1991 bis 2013 Vorsitzender der Bürgervereinigung und prägte ihre Arbeit in dieser Zeit entscheidend. Ihm ist auch der zweiteilige Ehrenfelder Geschichtspfad zu verdanken, der zu 36 bedeutsamen Orten der Veedelsgeschichte führt und auch in Buchform erschienen ist. Ebenfalls beliebt sind Maubachs Führungen mit ausführlichen Erläuterungen zu diesen Orten.

Dieter Brühl, seit 2017 Vorsitzender der Bürgervereinigung, möchte an diese Arbeit anknüpfen. Er hat den „Ehrenfelder Kulturpfad“ auf den Weg gebracht, die erste Tafel schmückt schon ein Jugendstilhaus am Lenauplatz, das früher einen Bierverlag beheimatete.

„Die nächste Station könnte der Ehrenfelder Friedhof werden“, verriet Brühl. Wichtig ist ihm die Zusammenarbeit mit der IG Bickendorfer Kulturpfad und dem Ossendorfer Bürgerverein, die ähnliche Projekte vorantreiben. „Die Info-Tafeln an den Gebäuden sollen einheitlich in rot-weiß gehalten sein. Außerdem ist immer ein QR-Code darauf, der zu weiteren Erläuterungen führt“, erzählt der Vorsitzende. „Wir wollen ja auch die jüngere Generation ansprechen.“

Denn in Zeiten, in denen sich in Ehrenfeld die Bevölkerung ändert – Stichwort: Gentrifizierung –, müsse sich auch die Bürgervereinigung umstellen, die derzeit etwas mehr als 300 Mitglieder hat. „Heute gibt es ja fast in jeder Straße eine Initiative, die sich für die Interessen der Bewohner einsetzt.“

Die Bürgervereinigung werde aber am Ball bleiben, das habe schon der Einsatz für die Erhaltung der ehemaligen preußischen Artilleriehalle in der Alpener Straße gezeigt und neuerdings des kugelförmigen Gasbehälters am Maarweg. Und wenn es um die Umbenennung von Gravenreuthstraße und Wissmannstraße geht, deren Namen auf ungute Weise mit der Kolonialgeschichte verbunden sind, dann hat Dieter Brühl auch einen Vorschlag parat: Hans Walpott. Der war Mitbegründer der Bürgergarde blau-gold, und von 1968 bis 1987 stellvertretender Vorsitzender der Bürgervereinigung.