Einstige Passagiere spielen mitKölner produzieren Film über Costa-Concordia-Unglück

In dem Dokumentarfilm über die Costa Concordia werden Szenen auf der Brücke nachgespielt.
Copyright: Sky/Alex J. Moll
Köln/Giglio – Es ist ein Freitagabend, etwa 21.45 Uhr, als vor zehn Jahren die Costa Concordia am 13. Januar mit einem Felsen vor der italienischen Insel Giglio kollidiert. Auf der Route über das Mittelmeer will Kapitän Schettino mit dem damals größten italienischen Kreuzfahrtschiff einen „Gruß an die Insel“ ausrichten. Das Manöver misslingt. 32 Menschen sterben. Eine Katastrophe in Italien mit weltweiter Wirkung.
Eine Kölner Produktionsfirma hat nun einen Dokumentarfilm über die Tragödie gedreht. Der leitende Produzent Till Derenbach aus Köln erzählt, dass er sich seit 2015 mit dem Thema auseinandersetzt. Ursprünglich wollte die Produktionsfirma „Zeitsprung“ einen fiktionalen Film zur Costa Concordia machen. „Da haben wir eine ganze Menge Geld zusammengetragen, leider hat es nicht geklappt, das kam vermutlich zu früh und war zu teuer damals “, sagt Derenbach.
Kölner Doku über Costa-Concordia-Unglück: Produktion mit vielen Hürden
Doch die Geschichte ließ ihn nicht los. Wenn er erzählt, ist ihm anzumerken, wie sehr ihn diese Katastrophe fasziniert: „Man hat viele Fragen: Wieso verlässt der Kapitän sehr früh die Brücke, wenn noch so viele Menschen an Bord sind? Wieso hat man nicht darauf hingewiesen, was da passiert im Hintergrund, was die Situation faktisch ist und dass da Wasser in dieses Schiff läuft? Warum hat man da über Stromausfall und dergleichen geredet? Das werden wir nie ergründen.“
Er fährt fort: „Man hat es da natürlich auch mit echten Phänomenen zu tun. Warum fährt dieses 400 Meter lange Schiff gefühlt 20 Zentimeter an eine kleine Insel ran, um einen Gruß an die Insel auszurichten? An die ein, zwei Menschen, die man da kennt, die da eventuell im Winter sind und auch noch mitten in der Nacht.“
„Chronik einer Katastrophe“
Die Dokumentation „Costa Concordia – Chronik einer Katastrophe“ ist ab Donnerstag, 13. Januar, auf Sky Documentaries und Sky Ticket und auf Abruf via Sky Q zu sehen. Der 90-minütige Film wurde von der Zeitsprung Pictures GmbH in Zusammenarbeit mit Rai Documentari und Sky Studios produziert.
Till Derenbach ist Geschäftsführer und Produzent bei Zeitsprung Pictures. Film hat ihn schon früh begeistert: „Ich bin als Jugendlicher dauernd ins Kino gerannt nach der Schule. Kino war das Größte was man erleben konnte, weil das Erzählungen unterschiedlichster Art waren. So hat das angefangen.“
Jahrelang hätten er und sein Team überlegt, wie man das Thema doch noch umsetzen könne. Viele der Protagonisten waren bereits angefragt. „Das lässt dich halt nie los. Du entwickelst irgendwann so einen Drang, dass du die Geschichte unbedingt erzählen möchtest. Man möchte nicht, dass das ein Teil der Geschichte ist, der in Vergessenheit gerät, sondern man hat immer das Gefühl, dass man die Aufmerksamkeit darauf lenken sollte“, sagt Derenbach.
Costa Concordia: Kölner Doku-Drama zeigt Unglück aus verschiedenen Perspektiven
Wichtig war es ihm, eine Art 360-Grad-Blick zu schaffen, aus den Perspektiven der Beteiligten: Passagiere, Crew, Retter und Menschen, die selbstlos geholfen haben und am Ende auch von dem Staatsanwalt und dem Anwalt von Kapitän Schettino. In der Dokumentation werden Szenen nachgestellt, die auf den Fakten basieren.
Beispielsweise hat der Kölner Produzent eine Abschrift vom Voice Data Recorder vom Gericht im toskanischen Grosseto bekommen. „Das ist wie eine Blackbox beim Flugzeug, die die ganzen Gespräche auf der Brücke aufgenommen hat, bis die Crew diese verlassen hat“, erklärt Derenbach.
Verunglückte Costa Concordia: Damals Mitreisende sind bei Dokufilm dabei
Schwierig sei es gewesen, die Passagiere ausfindig zu machen nach zehn Jahren. Letztlich haben er und sein Team auch vier deutsche Mitreisende für den Film gewinnen können. Für die Interviews sind sie erstmals zurück auf die Insel Giglio gekommen. „Das ist ein riesiges Trauma. Dass man da nicht drüber reden möchte, das kann ich verstehen, das sitzt tief. Aber sie gehen damit toll um. Wie sie über die Nacht der Katastrophe berichten, das ist sehr eindringlich, ich bekomme jedes Mal Gänsehaut“, sagt Derenbach mit belegter Stimme.
Auch Crewmitglieder zu finden war nicht einfach für die Produktionsfirma. Derenbach erzählt, dass die Reederei Costa Crociere ihnen verboten habe, mit Crewmitgliedern zu sprechen, die heute noch für die Gesellschaft arbeiten. Am Ende haben der Produzent und sein Team trotzdem geschafft, was er sich vorgenommen hatte: Eine Dokumentation aus den unterschiedlichen Perspektiven, so dass sich die Zuschauenden ein umfassendes Bild von der Katastrophe machen können. Diesen Blick hat es medial so bisher nicht gegeben.
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Till Derenbach selbst würde übrigens nie auf ein Kreuzfahrtschiff steigen: „Mir waren diese Schiffe immer unheimlich. Die waren mir zu groß, schienen mir zu stabil zu sein. Ich bin totaler Individualtourist“, sagt er lachend. Dennoch versteht er die Faszination dieser Reisen.