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Feuerprobe für die MesseEin Rundgang über die Kölner Ernährungsmesse Anuga

Lesezeit 3 Minuten
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Trends und Neuheiten, hinter Glas oder zum Probieren: Es gibt wieder etwas zu riechen, zu essen und zu fühlen.

Köln – Es ist die erste wirklich große Bewährungsprobe für die Messe seit dem ersten Lockdown im März letzten Jahres. Und rein vordergründig betrachtet, scheint sie die Feuertaufe bestanden zu haben: Auch wenn bei der Anuga, der weltgrößten Fachmesse der Ernährungswirtschaft und Nahrungsmittelindustrie, nicht alle Stände belegt sind und sich auch der eine oder andere Besucher noch zurückhält, die Hallen sind gut gefüllt, die Erwartungshaltung der Gäste hoch und die Stimmung optimistisch.

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Karten gibt es ausschließlich digital, dafür ist die (bisweilen allerdings etwas vorlaute) Messe-App unabdingbar. Ebenso der Covid-Negativ-Bescheid, auch der nur als QR-Code. Bei der ersten Einlasskontrolle wird der abgefragt, im zweiten Schritt dann das digitale Ticket. Und obwohl die Schlange lang ist, die Besucherströme am Vormittag kaum aufhören wollen, geht es dann doch einigermaßen zügig.

Die Anuga ist als hybride Version aufgestellt

Drinnen verteilen sich die Besucherströme dann erwartungsgemäß. Manche Hallen erscheinen fast voll ausgelastet, bei anderen ist noch Luft nach oben – aber dass die Anuga auch physisch wieder zieht, ist unverkennbar. Was im Vorfeld keine Selbstverständlichkeit war, denn auch diese Veranstaltung ist ein klassischer Hybrid: Mit der „anuga@home“ ist sowohl ein digitaler Messeauftritt wie auch ein Besuch möglich. Tutorials zum eigenen Profil, zum Auftritt und zu Foren helfen, sich zurechtzufinden.

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Das große Thema der Anuga in diesem Jahr lautet „Transform“ (die Rundschau berichtete). Die Branche steht vor einem ähnlich signifikanten Wandel wie in den Bereichen Mobilität und Energie. Es geht nicht mehr allein darum, wie in Zukunft rund zehn Milliarden Menschen ernährt werden könnten. Es geht auch darum, eine nachhaltige Ernährungswende zu erzielen. Dabei werden auch in der Nahrungsmittel-Industrie Digitalisierung und technischer Fortschritt forciert, gleichzeitig erfolgt in vielen Bereichen aber auch eine Art Rückbesinnung auf die Handwerkskunst vergangener Tage. So ist es dann auch kein Wunder, dass die Begriffe „nature“, „organic“ und „sustainability“ (Nachhaltigkeit) buchstäblich an fast jeder Ecke auftauchen. Wobei es bei genauerem Hinsehen mit dem Natürlichen nicht immer ganz so weit her ist, das Kleingedruckte lohnt auch hier.

Wie kommt Nahrung ohne Plastikverpackung aus?

Es ist ein gewaltiger Zwiespalt, den die Lebensmittelindustrie bewältigen muss. Convenience (wenigstens in Teilen vorgefertigte Produkte) und der Wunsch nach bewussteren, verantwortlicheren Methoden der Herstellung müssen irgendwie in Einklang gebracht werden. Wie sehr das zu Spannungsfeldern führen kann, wird in vielen Gesprächen und Diskussionen an den Ständen immer wieder deutlich. „Weniger Plastik, klar – aber Lebensmittel ohne Plastikverpackung? Grande problema“, meint der freundliche Herr am italienischen Salami-Stand.

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Und noch etwas kommt hinzu: Der Wunsch vieler Verbraucher, sich auch im Conveniance-Bereich gesund und oft auch fleischlos ernähren zu wollen. Möglichst noch unterteilt in allerlei Spezial-Themen. Und das Ganze zu einem annehmbaren Preis. Wie sehr die Lebensmittel-Industrie in diesen Teilbereichen zulegt, belegt ein kleiner Selbstversuch: Während der Fleischersatz mancher Hersteller von echtem Rind, Huhn oder Schwein wirklich kaum noch zu unterscheiden ist, ist es beim Fisch im Wesentlichen die Konsistenz und Textur, die das Kunstprodukt verrät – geschmacklich weichen auch hier gerade alle Grenzen auf.

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Viele fleischlose Produkte sollen erst gar nicht mehr so tun, als seien sie ein Ersatz für irgend etwas. Sondern im Gegenteil eine eigene Produktlinie jenseits der üblichen Geschmacksvariationen eröffnen. „Die Anuga 2021 bietet neue Formate, die die Transformationsprozesse sichtbar machen“, sagt Stefanie Mauritz, Director Anuga.

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Schön zu sehen ist jedenfalls, dass die Internationalität nach Köln zurückgekehrt ist. Bei der Anuga gilt dies gleich in doppeltem Maße: Zum einen bei den Ausstellern, die sich buchstäblich aus der ganzen Welt rekrutieren. Zum anderen aber auch bei den Gästen: es herrscht das lange vermisste internationale Sprachengewirr, das latent babylonische Grundrauschen – die Messe ist zurück in Köln.