Freya von MoltkeNeuer Name des Kölner Bahnhofsvorplatzes unerwünscht

Namenlos: Der Bahnhofsvorplatz hat keine ausgewiesene Bezeichnung. So soll es laut Hermann Neuerburg, Eigentümer des Deichmannhauses (links im Bild) auch bleiben.
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Köln – Die mögliche Benennung des Bahnhofsvorplatzes nach der NS-Widerstandskämpferin Freya von Moltke stößt bei der Grundstücksgemeinschaft Neuerburg auf erheblichen Widerstand. Sie besitzt das Deichmannhaus, es liegt direkt gegenüber des Hauptbahnhofes.
Herrmann Neuerburg hat sich in zwei Briefen an Andreas Hupke, Bezirksbürgermeister der Innenstadt, gegen die Gedankenspiele ausgesprochen, zunächst am 27. Oktober 2016, dann am 3. März 2017. Im zweiten Brief nennt Neuerburg auf drei Seiten mehrere Gründe – unter anderem, dass die Mieter seines Hauses etwa auf Briefbögen oder Visitenkarten die Adresse ändern müssten. „Ich glaube nicht, dass meine Mieter dies so ohne weiteres hinnehmen würden.“
Oder: „Diese Mieter legen alle größten Wert darauf, dass die Bezeichnung ’Bahnhofsvorplatz’ erhalten bleibt, wohl damit alle Kunden, Besucher, aber auch Mitarbeiter aus Zweigstellen sofort wissen, wo sie das Deichmannhaus finden, und zwar unmittelbar an dem in der Kölner Innenstadt zentral gelegenen Kölner Hauptbahnhof.“ Neuerburg fürchtet „erhebliche Unannehmlichkeiten“ und ein „völliges Durcheinander“. Er zweifelt die Leistungen von Moltkes nicht an, weist aber auch darauf hin, dass der Vorplatz nicht namenlos sei, sondern eine seit dem 19. Jahrhundert historisch gewachsene Adresse.
Wie berichtet, hatte Ulrich Soénius die Umbenennung im Februar beantragt, er ist stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer, Direktor des Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsarchivs und Mitglied des Kuratoriums der Freya-von-Moltke-Stiftung. Er will sie auf diesem Weg für ihre Verdienste als Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus würdigen.
Viel positive Resonanz für seine Idee
Soénius sagt zur Kritik von Neuerburg: „In der heutigen Zeit braucht man keine fünf Tonnen Briefpapier mehr, das Argument ist ein bisschen vorgeschoben.“ Soénius hat laut eigener Aussage bislang viel positive Resonanz für seine Idee erhalten. Doch Neuerburg möchte, dass alles beim Alten bleibt. Er bezweifelt die „nachvollziehbare Verbindung zwischen dieser Benennung und der Person“, weil von Moltke nach ihrer Geburt nur zwei Jahre an der Trankgasse am Bahnhofsvorplatz gelebt habe.
„Provinziell und piefig“
Soénius aber will nicht nur von Moltke würdigen, er möchte auch einen neuen Titel für den Bahnhofsvorplatz. Er sagt: „Der aktuelle Name hört sich ein bisschen zu provinziell und piefig an.“ Deshalb wirbt er am 29. Juni in der Bezirksvertretung Innenstadt dafür, Bürgermeister Hupke hat ihn eingeladen. Im März hatte Hupke noch gehofft, dass die Umbenennung schnell ablaufe, von einem Dringlichkeitsantrag war die Rede. „Aber es geht doch nicht wie das heiße Messer durch die Butter. Es ist ein dicker Brocken“, sagt er. „Gerade in diesen Zeiten kann Köln ein Zeichen setzen gegen aktuelle rechte Tendenzen.“
Laut Soénius muss zunächst die Bezirksvertretung den Namen beschließen, dann der Rat. „Ich habe keinen Streit mit Herrn Neuerburg. Aber ich finde es schon komisch, dass ich den Brief gar nicht erhalten habe“, sagt Soénius.
Freya von Moltke
Freya von Moltke wurde am 29. März 1911 im Haus an der Trankgasse am heutigen Bahnhofsvorplatz als Freya Deichmann geboren. Mit ihrem späteren Ehemann Helmuth James Graf von Moltke und einem befreundeten Ehepaar gründete sie den „Kreisauer Kreis“, der die Umgestaltung der Gesellschaft nach dem Ende der Nazi-Herrschaft organisieren sollte. Ihr Mann wurde 1945 ermordet, von Moltke starb 2010 in den USA. Vor dem Deichmannhaus am Vorplatz steht seit 2012 eine Gedenktafel, die an sie erinnert. (mhe)