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Einnahmen gesunkenHebt Köln die Grundsteuer wieder an?

Lesezeit 4 Minuten
Mehrfamilienhäuser der Wohnungsgesellschaft GAG in Köln.

Wohnraum ist durch die Grundsteuerreform seit Januar für viele Mieter und Eigentümer teurer geworden. Die Stadt Köln hat dennoch weniger Einnahmen.

Die Grundsteuerreform hat bei vielen Betroffenen für Frust gesorgt. Auch die Stadt Köln zählt zu den Verlierern.

Der Ärger um die neue Grundsteuer nimmt in Köln eine völlig neue Wendung. Bisher stand die Kritik von Eigentümern und Mietern im Vordergrund, die sich nach der Neubewertung ihrer Immobilie mit einer teils erheblich gestiegenen jährlichen Grundsteuerbelastung konfrontiert sahen. Jetzt kommt heraus: Auch die Erwartungen der Stadt Köln haben sich nicht erfüllt.

Durch die vom Bund aufgrund eines Verfassungsgerichtsurteils veranlasste Reform war es besonders bei Einfamilienhäusern   zu teils enormen Mehrkosten gekommen. Mitunter fiel der neue Steuerbetrag doppelt oder dreimal so hoch aus wie vor der Reform, die zum 1. Januar 2025 in Kraft getreten ist. Auch viele Wohnungen werden nun höher besteuert als bisher – was die meisten Mieter aber erst 2026 mit der nächsten Nebenkostenabrechnung merken werden. Dagegen konnten sich Besitzer von Gewerbeimmobilien dank der Reform über tendenziell niedrigere Grundsteuerbescheide freuen.

Köln hatte Grundsteuer-Hebesatz auf 475 Prozent gesenkt

Den Frust betroffener Eigentümer und Mieter hatte die Stadt mit dem zutreffenden Hinweis gekontert, sie sei für die Reform nicht verantwortlich, sondern Bund und Land. Auch mit der Neubewertung der Immobilien habe sie nichts zu tun, das sei Sache der Finanzverwaltung NRW. Die Kommune sei nur das ausführende Organ. Überdies sollte die Reform ja „aufkommensneutral“ sein, was bedeutet, dass die Stadt Köln nach der Reform nicht mehr Geld durch die Grundsteuer einnimmt als vorher. Darauf hatte die Politik großen Wert gelegt. Der Stadtrat beschloss deshalb, den Hebesatz für die Grundsteuer B für alle nicht landwirtschaftlich genutzten Grundstücke ab 1. Januar 2025 zu senken – von 515 auf 475 Prozent.

Mit diesem Hebesatz sollte ein Grundsteuerertrag von 236,75 Millionen Euro generiert werden – so viel wie im Vorjahr. Doch nun stellt sich heraus: Die Stadt wird nur rund 231,35 Millionen Euro einnehmen. Das Grundsteueraufkommen werde sich dieses Jahr um 5,4 Millionen Euro reduzieren, „was eine entsprechende Deckungslücke im Haushalt zur Folge hat“, teilte Stadtkämmerin Dörte Diemert dem Finanzausschuss des Rates mit.

Mindereinnahmen wegen „offenbar unrichtigen Bescheiden“

Zur Begründung für das Loch im Etat verweist sie auf die Finanzverwaltung NRW. Diese hatte den Kommunen im September 2024 eine Empfehlung für aufkommensneutrale Hebesätze gegeben. Für die Grundsteuer B waren das in Köln 464 Prozent, die Kölner legten sicherheitshalber noch elf Prozentpunkte drauf. „Es zeigt sich jetzt, dass die bis dahin vorliegenden Bewertungen zu diesem Zeitpunkt nicht so valide waren, wie eine verlässliche Kalkulation es erfordern würde“, kritisiert die Kämmerin.

Aufgrund von Widersprüchen und „Korrekturen von offenbar unrichtigen Bescheiden“ korrigiere die Finanzverwaltung laufend Immobilienbewertungen nach unten, was für die Stadt Köln zu Mindereinnahmen führe. Das sei auch in anderen Kommunen der Fall. Einige würden bereits davon ausgehen, „dass sie die Hebesätze für die Grundsteuer B im Jahr 2026 wieder anheben müssen“, so Diemert.

Ab 2027 droht höhere Grundsteuer in Köln

Droht das auch in Köln? Im Doppelhaushalt 2025/2026 ist die aktuelle Hebesatzsenkung auf 475 Prozent nur durch Sondergewinne der Rheinenergie gegenfinanziert. Nun fehlen 5,4 Millionen Euro pro Jahr – und die Lage ab 2027 ist unklar.

CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau sieht vorerst keinen Handlungsbedarf. Durch Neubautätigkeit steige das Grundsteueraufkommen in Köln ohnehin an, weil weitere Immobilien hinzukommen. Ob eine Erhöhung der Grundsteuer erforderlich sei, könne man erst beurteilen, wenn alle Verfahren abgeschlossen sind. Das sei Sache des nächsten Stadtrats.

„Wir werden uns das Thema 2026 noch einmal anschauen. Ziel der CDU sind weiterhin getrennte Hebesätze für Wohnen und Gewerbe, um die Belastung von Wohnimmobilien zu reduzieren“, sagte Petelkau. Gewerbegrundstücke hätten von überproportionalen Entlastungen profitiert, hier seien Erhöhungen denkbar. Grünen-Finanzexpertin Sandra Schneeloch sagte, angesichts der schwierigen Haushaltslage müsse man sich die gesamte Steuersystematik genau anschauen.


Widersprüche gegen Grundsteuerbescheide

4500 Widersprüche gegen die Grundsteuerbescheide gingen bislang bei der Stadt Köln ein. Demnach waren 1,4 Prozent der rund 318.000 Bescheide betroffen. Das sei „ein erfreulich geringer Anteil“ im Vergleich zu anderen Kommunen, betonte Stadtkämmerin Dörte Diemert. Vier von fünf Widersprüchen richten sich laut Diemert gegen die Bewertung der Immobilien. Dann prüfe die Stadt beim Finanzamt nach, ob dieses die Bewertung geändert habe. Wenn dies der Fall sei, werde automatisch ein neuer Grundsteuerbescheid erlassen.