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Im GesprächGuido Cantz feiert seinen 50. Geburtstag

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Warum so ernst, Herr Cantz? Der Moderator will Neues wagen – aber keine Sorge: Mit Humor.

Köln – Auf dem Umschlag seines neuen Buches ist es noch da: das Lausbubenlächeln. Zwischen den Deckeln reflektiert Guido Cantz ernst sein Leben. Mit dem 50. sei es nun Zeit, eine neue Tür aufzustoßen. Darüber sprach mit ihm Ingo Schmitz.

In jeder Lebenslage einen flotten Spruch, immer ein breites Lächeln. Den ficht so schnell nichts an, den Guido Cantz, könnte man von außen meinen. In ihrem Buch offenbaren Sie allerdings ihr Inneres: Kritik kann auch mal verdammt weh tun. Sie hinterfragen sich selbst hart. Haben wir uns von dem Guido Cantz auf der Bühne täuschen lassen?

Ich bin keiner, der depressiv in sich zusammenfällt, wenn das Licht auf der Bühne ausgeht. Aber natürlich bin ich auch keiner, der morgens schon beim Zähneputzen den ersten Gag reißt. Was ich auf der Bühne mache ist schon echt. Es gibt aber auch Situationen, in denen ich nachdenklich bin. Und mal ehrlich: An wem geht denn Kritik schon spurlos vorbei?

Und das starke Hinterfragen?

Dazu gab es in den vergangenen anderthalb Jahren einfach viel Zeit, gerade in meiner Branche. Die zehn Jahre vor der Corona-Pandemie habe ich sehr viel gearbeitet. Der Kalender war immer voll. Januar, Februar: Karneval. Danach ratzifatzi drehen für „Verstehen Sie Spaß?“. Dann geht die Tournee los, dann wieder „Verstehen Sie Spaß?“ … Da war die Möglichkeit kaum gegeben, mal zu hinterfragen: Wo willst du hin, was ist dir wichtig?

Und so haben Sie sich dazu entschlossen, dass der 50. Geburtstag ein Wendepunkt sein soll?

Ja. Das hat aber nichts damit zu tun, dass ich so eine Art Midlifecrisis auslebe. Ich glaube ja stark daran, dass da jemand ist, der auf mich aufpasst, nämlich Gott. Und darum ist es wahrscheinlich auch kein Zufall, dass ich nun die Zeit für einen Wendepunkt gekommen sehe. Ich hatte tolle Erfolge und viel Glück gehabt in meinem Leben. Aber da ist so ein Gefühl, dass ich mich nochmals selbst überraschen sollte. Und der 50. scheint mir ein guter Zeitpunkt.

Ihr Erfolg beruht nicht zuletzt darauf, dass sie eine große Bandbreite an Publikum ansprechen: Jüngere wie Reifere: Im Karneval wie bei „Verstehen Sie Spaß?“. Steht hinter Ihrer Entscheidung vielleicht auch die Sorge, dass in Zeiten digitaler Formate, die immer zielgruppenspezifischer werden, ein solches Konzept irgendwann nicht mehr funktioniert?

„Verstehen Sie Spaß?“ ist das beste Beispiel dafür, dass Jung und Alt über dasselbe lachen. Damit sind wir sowohl im Netz wie auch bei den Fernseheinschaltquoten sehr erfolgreich. Als ich 1991 in den Karneval einstieg, war das Publikum in den Sälen im Vergleich zu heute eher gesetzter. Durch die vielen jungen Bands haben wieder mehr junge Leute richtig Bock auf Saal-Karneval. Mein Konzept ist nicht, verschiedene Altersgruppen zugleich anzusprechen, sondern Menschen egal welchen Alters einfach zum Lachen zu bringen. Dass ich bei „Verstehen Sie Spaß?“ zum Ende des Jahres aufhöre, hat einfach damit zu tun, dass ich nach zwölf Jahren als Moderator dieser Sendung noch an einem Punkt den Absprung schaffen möchte, an dem die Meisten sagen: Der Cantz hat das gut gemacht. Bevor sie sich fragen: Wie lange macht der das denn noch?

Großen Raum in Ihrem Buch nimmt Ihr katholischer Glaube ein. Sie lieben das Gemeindeleben und sparen auch das Thema Reformen nicht aus. Nun will es der liebe Gott so, dass sie nur einen Tag nach Kardinal Woelki Geburtstag haben. Wie ist Ihr Blick auf ihren Erzbischof?

Der Glaube gibt Halt. Mir ist es wichtig, unserem elf Jahre alten Sohn das mit auf den Weg zu geben. Der ist jetzt Messdiener geworden. Freiwillig! Nicht weil der Vater das auch gemacht hat. Dennoch habe ich einen kritischen Blick auf meine Kirche. Ich glaube, Veränderungen sind dringend nötig, sollen nicht noch mehr Gläubige weglaufen. Wie Kardinal Woelki mit Kritik umgeht, empfinde ich als Katastrophe. Dass sein Vorgänger Kardinal Meisner, Priester, die sexuellen Missbrauch begangen haben, als Brüder im Nebel bezeichnete, geht für mich überhaupt nicht. Da wurden Straftaten begangen. Das muss Konsequenzen haben. Dann muss eben auch mal ein Erzbischof zurücktreten.

Am Ende Ihres Buches sind Sie dazu bereit, eine neue Tür aufzumachen. Aber was verbirgt sich dahinter? Was macht Guido Cantz demnächst. Verlässt er gar den Karneval?

Karneval geht definitiv weiter. Das ist mein Wohnzimmer, das macht mir immer noch Riesenspaß. So viel wird sich grundsätzlich auch gar nicht ändern. Irgendwann werde ich vielleicht mit anderen Fernsehprojekten in anderen Sendern zu sehen sein. Aber ganz ehrlich: Da gibt es noch nichts Konkretes. Ich bin noch in der Findungsphase. Erst einmal bis Ende des Jahres „Verstehen Sie Spaß?“ für mich und mein Publikum zu Ende bringen.Klar dürfte sein, dass es nach „Verstehen Sie Spaß?“ für das Sendungsteam eine Mission geben wird: Cantz reinlegen! Damit rechne ich schon seit zwölf Jahren. Und ich weiß: Das wird nicht leicht für mich.

Guido Cantz: „Bauchgefühl & Gottvertrauen – Mein Leben von 1971 bis 20 Uhr 15“, ISBN: 978-3-89710-886-8; 256 Seiten, 22 Euro.