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Interview mit Gisela van LaackLaack-Korn soll Schnaps en vogue machen

Lesezeit 5 Minuten

Leidenschaft, Nachhaltigkeit und Herzblut: Diese Eigenschaften schreibt Gisela van Laack dem Korn zu, den sie vertreibt. (Foto: Meisenberg)

Köln – Gisela van Laack hat es nicht weit bis zu unserem Treffpunkt in einem Lokal an der Aachener Straße. Ihre in den 1920er Jahren gegründete Spirituosenfirma residiert um die Ecke im Belgischen Viertel. Für Alkoholika ist es noch ein wenig zu früh, also trinken wir Kaffee.

Korn ist ein Getränk für alte Schnapsnasen – wie würden Sie diesen Satz korrigieren.

Überhaupt nicht, denn leider unterliegt Korn genau diesem Vorurteil. Mit unseren Produkten gehen wir durch ihre hohe Qualität dagegen an.

Was zeichnet Ihren van Laack-Korn aus?

Leidenschaft, Nachhaltigkeit und Herzblut. Er wird nun in NRW gebrannt und aus reinem Bioweizen gewonnen, auch wenn das nicht mit auf dem Label steht.

Jedes Land hat seinen Klaren: die Engländer den Gin, andere ihren Grappa, Wodka, Ouzo, Raki. Nichts davon ist in Kneipen so billig wie Korn.

Das liegt zum einen am erwähnten schlechten Ruf von Korn und zum anderen daran, das der Markt von industriellen Massenspirituosen überschwemmt wird. Denken Sie nur an diese Klopfer-Getränke: Da fehlt bei der Herstellung jegliche handwerkliche Sorgfalt.

Mir hat mal ein Kornbrenner erzählt, Massenwodkas basierten auf russischen Telefonbüchern. Wenn Papier verfault, entstünden Gase – unter anderem Alkohol.

(lacht) Beweisen kann ich das nicht, aber mit solchen Produkten messen wir uns erst gar nicht. Unsere Philosophie war und ist noch immer, etwas Besonderes herzustellen und dies den Konsumenten auch zu vermitteln. Der Preis ist dabei erstmal sekundär.

Sie vertreiben also keinen Jabiko?

Nein, unseren Korn bekommen Sie auch nicht im Supermarkt, da müssen Sie schon zum Fachhandel.

Das Wort Jabiko ist Gisela van Laack offenbar geläufig. Wer es nicht kennt: Das Akronym steht für „Janz billiger Korn“.

Zur Wiedereinführung Ihres Kräuterschnapses Köbes gaben Sie als Ziel aus, irgendwann in jeder Kölner Kneipe vertreten zu sein.

Stimmt, das habe ich 2008 gesagt. Damals kam ich von der EDV, aber inzwischen weiß ich, dass uns das nichts bringt, wenn der Gastronom nicht wirklich dahintersteht.

Sie suchen nach überzeugten Korntrinkern?

Der Wirt soll unseren Köbes, Korn, Gin oder Nubbel probieren und sagen: Klasse, den nehme ich.

Van Laack-Korn gibt es seit den 1950ern, seit letzten Dezember jedoch im neuen, modernen Kleid. Wie verkauft er sich?

Das hält sich noch in Grenzen. Um Korn en vogue zu machen, ist noch einige Pionierarbeit zu leisten. Und das geht nur übers Probieren. Die Richter sind letztendlich immer Gaumen und Magen.

Das erstaunlichste Phänomen auf diesem Sektor ist der weltweite Boom von Jägermeister in den letzten Jahren.

Als ich ein junges Mädchen war, nannte man den Jägermeister ein „Rasiersitzgetränk“. Dafür musste man sich zum Beispiel im Ford Taunus auf den Rücksitz begeben, den Kopf in den Nacken legen und den Jägermeisterflachmann kippen. Wer das auf ex schaffte, gehörte zur Clique. Ansonsten trank man Kräuterbitter nur, wenn man’s am Magen hatte. Das war eher ein Oma-Schnaps.

Lesen Sie im nächsten Abschnitt weiter.

Einst angestaubt, heute hip – wie haben die das gemacht?

Die haben ein gigantisches, viele Millionen Euro teures Marketingkonzept entwickeln lassen. Und es war so erfolgreich, dass auch alle anderen Kräuterbitter bis heute davon profitieren.

Also wird Ihr Köbes und Korn demnächst auch mit Cola oder im Cocktail serviert?

Unser Köbes geht auch mit Red Bull oder Clubmate. Ich persönlich trinke auch Schnaps am liebsten pur. Aber offenbar leben wir heute in einer Mixtology-Gesellschaft. Für die jungen Menschen von heute wird ein Drink erst wertvoll, wenn er gemixt ist.

Eine andere Erfolgsgeschichte schreibt der Brühler Flimm mit seinem Waldmeisterschnaps, an dem ich nicht mal unbeschadet riechen kann.

Waldmeister ist speziell, stimmt. Wir haben dann mal während eines Public Viewings bei uns im Belgischen Viertel getestet, was wir dagegensetzen könnten. Dabei heraus kam 2012 der Nubbel, ein Likör aus Sauerkirsche und unserem Korn. Den können Sie unbeschadet riechen und auch trinken.

Meine Erfahrung als bis heute aktiver Kellner: Frauen bestellen schon mal gar keinen Korn, das ist ein reines Männergetränk.

Da gebe ich Ihnen recht, aber auch das kann man ändern. Den obligatorischen Flachmann von der Tanke sollte man meiden. Aber je feiner und milder der Brand, desto eher bekommen Sie auch Frauen dazu, mal zu probieren.

Welche Rolle spielt Zucker?

Wenn Sie mehr als 100 Gramm Zucker pro Liter Alkohol verwenden, dürfen Sie Ihren Kräuterschnaps nur „Halbbitter“ nennen. So ist etwa der Jägermeister ein Halbbitter, unser Köbes jedoch ein Bitter. Dieses Wort kann manchmal eine abschreckende Wirkung haben – obwohl der eigentlich weder so schmeckt, noch im Hals kratzt.

Wussten Sie schon mit Sechs, dass Sie dereinst eine Spirituosenfirma führen würden?

In den gastronomischen Betrieben meines Vaters hat es mir schon als Kind immer gefallen. Und ich hatte auch ein Faible für unsere Spirituosenproduktion. Aber zum einen ging es in den 1970ern wegen der Massenkonkurrenz ziemlich bergab damit. Zum anderen lernte ich dann meinen Mann kennen, der ein früher Software-Visionär war. Ihm zuliebe lernte ich Programmieren.

Was heißt „visionär“?

Wer ahnte schon Anfang der 1980er, was aus dem Computerwesen werden würde? Unsere Eltern wollten uns nicht einmal die 2500 Mark leihen, die wir als Startkapital für einen 256-KB-Prozessor benötigten. Die hielten das für Spinnerei.

Aber irgendwann bekamen Sie doch die Kurve zur elterlichen Firma.

Naja, nach der Trennung habe ich den EDV-Betrieb an meinen Mann verkauft und mich erstmal ein Jahr neu orientiert. Außerdem habe ich drei Jungs großgezogen. Unter anderem entstand dann meine Eventagentur Beuptodate, die ursprünglich als Singlebörse geplant war. Und 2011 habe ich schließlich unseren Familienbetrieb im Belgischen Viertel übernommen, der altersbedingt in einen Dornröschenschlaf verfallen war.

Welches Produkt aus Ihrem Sortiment ist Ihr Favorit?

Am liebsten trinke ich unseren Sekt. Von den Schnäpsen ist mir der Köbes der liebste, und den Korn trinke ich gern nach einem schweren Essen.

Sie haben eine Flasche davon mitgebracht. Ab wie viel Uhr kann man Schnaps trinken?

Es gibt ja diesen Reim „Kein Bier vor Vier“. Ich denke, dasselbe gilt auch für Korn und Kräuterbitter.

Mist, denkt sich der Interviewer. Es ist gerade mal kurz nach 11.