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Iran-DemoTochter der inhaftierten Kölnerin Nahid Taghavi spricht auf dem Heumarkt

Lesezeit 3 Minuten
Demonstrierende halten ein Banner in die Luft.

Circa 300 Demonstrierende kamen zu der Solidaritätskundgebung.

300 Personen haben in Köln an der Solidaritätskundgebung für die politischen Gefangenen im Iran teilgenommen. Die Stimmung war friedlich und hoffnungsvoll.

Das Motto der Solidaritätskundgebung für die politischen Gefangenen im Iran hätte kaum kölscher sein können. „Zesamme laut“ rief auf dem Heumarkt dazu auf, die Protestbewegung „mit vereinter kölscher Kraft“ zu unterstützen. „Wir brauchen die deutsche Zivilgesellschaft“, verdeutlichte Moderator Homayoun von der Bonner Gruppe „Frau.Leben.Freiheit“, der aus Sicherheitsgründen nur seinen Vornamen nannte.

Unter hohem Polizeischutz zogen die etwa 300 Demonstrierenden nach eineinhalb Stunden Musik und Reden ohne Zwischenfälle weiter zum Hanns-Hartmann-Platz, Dom und zurück zum Heumarkt, wo die Band Planschemalöör ein Konzert gab.

„Jin. Jiyan. Azadî“ - Frau. Leben. Freiheit.

Etliche Teilnehmende waren in die Nationalflagge ihres Heimatlandes gehüllt. Zu einem Song des Rappers Toomaj, dem die Hinrichtung droht, bewegten sich zum Siegeszeichen geformte Hände im Rhythmus. Das wohl provokativste Plakat zeigte die Karikatur eines kleinen Mullahs, der zwischen den Beinen einer Frau in hochhackigen Schuhen hockt und vollgepinkelt wird.

Immer wieder ertönte in der persischen Sprache Farsi „Jin.Jiyan.Azadî“ für „Frau.Leben.Freiheit“. Es ist der Ruf der Protestbewegung im Iran, die sich vor 175 Tagen formierte, nachdem die junge Iranerin Mahsa Amini wegen angeblich nicht vorschriftsmäßig getragener Kopfbedeckung verhaftet und wenig später unter mysteriösen Umständen gestorben war.

Tochter von festgenommer Architektin: Der Protest zieht sich durch alle Gesellschaftsschichten

„Das war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte, seither ziehen sich die Proteste mutig und entschlossen durch alle Gesellschaftsschichten“, sagte die Tochter der im Iran gefangenen Kölnerin Nahid Taghavi, Mariam Claren.

Mariam Claren, Tochter der im Iran inhaftierten Nahid Taghavi, spricht auf dem Heumarkt zu den Demonstranten.

Mariam Claren, Tochter der im Iran inhaftierten Nahid Taghavi, spricht auf dem Heumarkt zu den Demonstranten.

Nach den Schilderungen der Tochter wurde die heute 68-jährige Architektin am 16. Oktober 2020 auf dem Weg zu ihrer Wohnung in Teheran festgenommen und im berüchtigten Gefängnis Evin in Einzelhaft gesetzt. „Tausende Stunden wurde sie verhört ohne Rechtsbeistand, aber das Regime schaffte es nicht, sie zu brechen. Noch dem Richter, der sie im Sommer 2021 zu zehn Jahren und acht Monaten Gefängnis verurteilte, sagte meine Mutter ins Gesicht, dass sie im Recht ist, wenn sie Misswirtschaft, Korruption und Armut anprangert“, erzählte Mariam Claren.

Auch sie betonte, wie wichtig es ist, den Terror im Iran immer wieder ins Licht der Öffentlichkeit zu stellen. „Hört nicht auf, die Stimme der Menschen im Iran zu sein“, so die Kölnerin. Kritik aus den ersten Reihen der Demonstranten unterbrach die Rede des grünen Bundestagsabgeordneten Max Lucks.

Auf die Frage, warum das Auswärtige Amt nicht durchgreife, antwortete das Mitglied im Auswärtigen Ausschuss, um die iranischen Revolutionsgarden auf die Liste der terroristischen Vereinigungen zu setzen, so eine Forderung bei der Demo, fehle noch eine Mehrheit im Europäischen Parlament. „Ja, wir haben diejenigen, die im Iran kämpfen, im Stich gelassen“, räumte anschließend der SPD-Bundestagsabgeordnete Helge Lindh ein.

92 der 400 „Patenkinder“ sind bisher freigekommen

Insbesondere knüpfte er an den Bericht der feministischen Bildungsreferentin Nava Zarabian über die Giftanschläge in iranischen Mädchenschulen an. Zarabian warf dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen Unicef Schweigen vor.

Nahid Taghavis Tochter mitinitiierte ein Patenschaftsprogramm für politische Gefangene im Iran. Die Patenschaften werden an Politiker wie Lucks und Lindh vermittelt. Der öffentliche Druck, ist Mariam Claren überzeugt, habe bewirkt, dass inzwischen 92 der insgesamt 400 „Patenkinder“ freikamen. Die eigene Mutter jedoch noch nicht.