(K)ein Aufatmen ohne MaskeDer erste Schultag ohne Maskenpflicht am Sitzplatz

Symbolbild: Klassischer Tisch in einer Schule
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Köln – Am ersten Schultag ohne Maskenpflicht am Sitzplatz gibt es (k)ein Aufatmen. Die Schulen erhielten zwar Grünes Licht von der NRW-Landesregierung, dass die Masken ab 2. November in den Klassen fallen können. Doch das sorgt jetzt für sehr gemischte Gefühle und Diskussionen unter Lehrern, Eltern und in der Schülerschaft. Die einen sind empört, andere atmen auf nach anderthalb Corona-Jahren. Viele sorgen sich mit Blick auf steigende Fallzahlen und Impfdurchbrüche um die Gesundheit der Kinder, von Familien und Freunden.
Stadtschulpflegschaft
Um sich ein genaueres Meinungsbild zum Wegfall der Maskenpflicht am Sitzplatz zu verschaffen, rief die Stadtschulpflegschaft die Kölner Eltern zu einer Online-Blitzumfrage auf, die bis Dienstag 23 Uhr läuft. Bis gestern Nachmittag beteiligten sich über 12 400 Eltern. Die neue Vorsitzende der Stadtschulpflegschaft Köln, Nathalie Binz, freut sich über die Resonanz. „Ich bin überrascht, wie viele doch pro Maskenpflicht sind“, sagt sie mit Blick auf erste Zwischenergebnisse. „Über ein Drittel wollen die Maske am Platz.“ Anliegen der Stadtschulpflegschafts sei es generell, dass die Schulen offen bleiben. „Die Sicherheit für alle ist oberstes Gebot.“ Luftfilter würden weiter auf sich warten lassen, Quarantäneregeln seien wieder verschärft und viele Kinder noch lange nicht geimpft. „Das ist eine wahnsinnige Belastung für die Familien.“
Statements von Schulen
Etliche Schulen verweisen darauf, dass ja freiwillig weiter Maske in der Klasse getragen werden kann und darf. Sehr viele würden dies in den Klassen tun, weil sie Sorge haben; andere setzen sie gerne ab, beobachtete Schulleiterin Monika Burbaum vom Ursulinen-Gymnasium am Dienstag. „Nun kommen Diskussionen auf, die nicht so schön sind.“ Die Schule achte „150-prozentig“ auf die Einhaltung der Hygieneregeln und setze weiter aufs gründliche Lüften und Testen.
Am Montessori-Gymnasium befürworten Schülervertretung und Pflegschaft das freiwillige Maskentragen. Eine Rundmail an Eltern wurde dazu verschickt. Andere sagen, sie finden den Beschluss nachvollziehbar, zumal bei Veranstaltungen mit 2G und 3G außerhalb der Schule auch keine Masken erforderlich seien.
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Eltern und Kinder
„Mit Kindern unter zwölf Jahren, die ja noch kein Impfangebot haben, sehe ich die Entscheidung des Landes sehr kritisch“, sagt Swantje Heinemeier und ist damit nicht alleine. „Ich empfinde das wie ein Aufgeben auf den letzten Metern, bevor das Impfangebot kommt.“ Einerseits freue sie sich , dass die Kinder ohne Maske „wieder frei atmen können. Aber da die Inzidenzzahlen im Moment nur einen Weg kennen, nämlich den nach oben, finde ich den Zeitpunkt falsch gewählt.“ Auch ihre Tochter (10 Jahre) sei durch die neue Regelung sehr verunsichert. Heinemeier: „Es passiert immer auf dem Rücken der Kinder.“
So manche sind dagegen froh, dass sie endlich im Unterricht wieder frei atmen können. Viele seien schon geimpft und die Ansteckungsgefahr am Platz unter den geltenden Corona-Hygienebedingungen überschaubar.
Das falsche Signal
Ein Kommentar von Martina Windrath
Die einen bekommen Schnappatmung vor Empörung, andere schnaufen durch und sagen: Endlich! Der erste Schultag ohne Maske am festen Sitzplatz sorgt für gemischte Gefühle. Keine Frage: Alle sehnen ein Ende der Corona-Beschränkungen herbei; das gemeinsame Lernen und soziale Miteinander läuft grundsätzlich ohne Maske viel besser. In normalen Zeiten.
Der Zeitpunkt passt aber gerade gar nicht für den Wegfall der Masken am Platz. Infektionszahlen und Impfdurchbrüche steigen, die Impfquoten liegen längst noch nicht hoch genug.
Sicherheit ist oberstes Gebot. Das Risiko, sich zu infizieren und womöglich weiterzugeben, besorgt viele. Ohne einen Impfstoff für unter Zwölfjährige und mit (noch) relativ niedriger Quote der 12- bis 17-Jährigen ist die Masken-Entscheidung gerade das falsche Signal. Lüften und Testen reichen nicht. Tausende Luftfilter wurden beantragt, sind aber noch nicht da. Auch Quarantäne-Anordnungen belasten – und werden ohne Mund-Nase-Schutz sicher nicht weniger. Besser noch Maske (er)tragen.
koeln@kr-redaktion.de
Positionen der GEW
Eva-Maria Zimmermann von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Köln unterstreicht: „Wir wünschen uns alle nichts sehnlicher als die Rückkehr zur Normalität.“ Aber zu dem jetzigen Zeitpunkt sei die Landesentscheidung „das falsche Signal“. Die GEW Köln halte es mit der Empfehlung des ExpertInnenrats pro Masken, solange es noch kein flächendeckendes Impfangebot gebe. Für unter Zwölfjährige gebe es noch gar keines und bei den 12- bis 17-Jährigen sei die Impfquote noch nicht ausreichend. Die Impfquote in der Lehrerschaft sei dagegen sehr gut mit etwa 90 Prozent. Impfdurchbrüche könnten aber verstärkt auch Familien gefährden. Es gelte, das bisher Erreichte „nicht zu verspielen“.