Mit dem Motto „Tusch de France“ widmet sich die alternative Karnevalssitzung in dieser Session kölsch-französischen Verbindungen.
„Deine Sitzung“ feiert PremiereMirja Boes als Eiffelturm, französische Koryphäen und Mett-Baguette

Mirja Boes als Zaz, gefangen im Körper von Mireille Matthieu.
Copyright: Costa Belibasakis
Die kölsche und die französische Kultur haben mehr Anknüpfungspunkte als man denkt. Zumindest, wenn Richard Claydermann auf einem kleinen Podium seinen rosa Mini-Flügel erklingen lässt. Seinen musikalischen Welterfolg – die „Ballade Pour Adeline“ – lässt der französische Star-Pianist butterweich in einige der größten Hervorkömmlinge des kölschen Brauchtums übergehen: „Drink doch eine met“, „Du bes Kölle“ oder das Lied vom Veedel.
„Deine Sitzung“ ist zurück, am Freitag feierte die seit 2003 bestehende alternative Karnevalssitzung Premiere im Klettenberger Brunosaal. Und rückt mit dem Motto „Tusch de France“ genau diese kölsch-französischen Verbindungen in den Fokus. Sitzungspräsidentin Mirja Boes betritt die Bühne als funkelnder Eiffelturm. Ebasa der Meister, mit bürgerlichem Namen Sebastian Pallada, trägt einen Anzug in französischen Nationalfarben und das Pariser Wahrzeichen auf dem Kopf.
Französische Koryphäen
Der von Hans Fücker verkörperte Richard Claydermann ist nicht die einzige französische Koryphäe, die im Brunosaal auf der Bühne steht. Die Mitglieder der Hausband - das Orchester der Liebe - überzeugen durchweg mit ihren Parodien. Till Kersting schlüpft in die Rolle des französischen Singer-Songwriters Johnny Hallyday und wirbelt mit wilden Gitarren-Riffs und einer mitreißenden Rock’n’Roll-Version des Fööss-Klassikers „Frankreich, Frankreich“ über die Bühne. Alexander Boerner besingt als Gerard Department in „Karneval, Karneval“, einem ohrwurmverdächtigen Chanson, „la grande fête de Cologne“, also den Kölner Karneval. Allerdings aus Sicht der Franzosen. „Es ist kalt und der Bahnhof ist nicht schön, doch schon hör‘ ich Trommeln und fröhliche Musik, es ist wie ein Traum im fremden Glück.“

Die Baguette-Musketiere im Publikum, dahinter Musiker Udo Schild.
Copyright: Costa Belibasakis
Markenzeichen und überall präsenter Running Gag bleibt auch in dieser Session das Mett. Das ist Geschmackssache, bei Wortspielen á la „Hack de Triomphe“ verdreht so mancher zumindest ganz kurz die Augen. Der Großteil findet's toll. Klar ist: Ohne Mett wäre „Deine Sitzung“ nun mal nicht vorstellbar. Darauf ein dreifaches: „Backen, Hacken und Mett“, das jeder Künstler nach überstandenem Auftritt entgegennehmen darf. In diesem Jahr auch mal in Form eines Mett-Baguettes.
Die Stars der Sitzung stehen aber nicht nur auf der Bühne. Das treue Stamm-Publikum ist hier vor allem, was die Kostümierung angeht, kreativer als kaum woanders. Tour-de-France-Athleten oder Karl Lagerfelds haben das Frankreich-Thema aufgegriffen, besonders kreativ aber: Eine Neuner-Gruppe aus Musketieren, ausgestattet mit Baguette statt Säbel: „Alle för einen. Mett för alle“. Der Lohn ist die Auszeichnung fürs beste Kostüm, die „Deine Sitzung“ an jedem Abend vergibt.

Die Selbsthilfegruppe zum Thema Karnevals-Phobien.
Copyright: Costa Belibasakis
Zu den diesjährigen Gästen gehört Peggy Sugarhill, ehemals Frontfrau der Rockemarieche. Sie betont, wie sehr ihr der Karneval nach der Auflösung der Band fehle, liefert eine kreative Antwort auf den Fööss-Evergreen „Katrin“ und bringt den Saal mit dem Rockemariechen-Hit „Ich han dat Marieche gebützt“ zum Tanzen. Fest zum Inventar gehört Winkemariechen Britta Pallada, die als Madame Winkadour zur Winke-Aerobic einlädt.
Auch Jan van Weyde punktet als einer der wechselnden Gäste mit seiner Comedy-Einlage. Zwar ohne Frankreich-Bezug, dafür aber mit urkomischen Kirmes-Beobachtungen oder seiner kränkelnden Tochter, die ihr getrocknetes Nasen-Sekret mittlerweile als Maske an Karneval nutzt. Ebenso gut kommt die Nummer von Mirja Boes an, die aus dem Tagebuch ihres Sohnes vorliest, das sie selbst für ihn beschrieben hat. Auch gesanglich überzeugt Boes als Zaz, gefangen im Körper von Mireille Matthieu, mit einem Lied über den Kölner Nahverkehr.

„Dä Plan“: Ebasa der Meister am Alphorn.
Copyright: Simon Westphal

Die Pink Poms auf der Bühne im Brunosaal.
Copyright: Simon Westphal
Ebasas Stand-up-Nummer, in der er über die Zubereitung von Weinbergschnecken referiert, zündet weniger gut. Hörenswert ist dagegen sein Auftritt am Alphorn. Wer bisher gedacht hätte, die Wörter Alphorn und virtuos passen nicht zusammen, sollte diese Nummer dringend sehen. Inmitten des Publikums steht er auf einem Podest und bläst den Querbeat-Hit „Dä Plan“. Die Reihen erheben sich. Ebasa, an diesem Abend „le maitre“, genießt die Anerkennung sichtbar.
Und dann reißen die „Pink Poms “ das Publikum noch einmal von den Stühlen. Der Spaß, den die Männer-Cheerleading-Gruppe mit ihren kurzen Leder-Höschen und den pinken Puscheln versprühen, springt auf den ganzen Saal über. Ein weiterer Höhepunkt zum Abschluss einer abwechslungsreichen und gelungenen Premiere.