Spielsucht, Obdachlosigkeit, Pflegefamilien: Kerstin Ott gibt Einblicke in ihre bewegte Vergangenheit, die sie in ihrer Musik verarbeitet.
Kerstin Ott vor Konzert in Köln„Das sind sehr private Dinge, die ich mit der Öffentlichkeit teile“

Kerstin Ott (54) spielt am 10. Dezember in der Arena.
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Kerstin Ott kennt die Höhen und Tiefen des Lebens: Sie war als junge Frau jahrelang spielsüchtig, zeitweise obdachlos und machte als Kind im Pflegeheim schwere Zeiten durch. Vor rund 20 Jahren schrieb sie ihren wohl berühmtesten Song „Die immer lacht“ – und legte damit den Grundstein für eine erstaunliche Karriere im Schlager-Business. Wir sprachen mit der 43-Jährigen ihr über ihr aktuelles Album, die Wendepunkte in ihrem Leben und ihr Köln-Konzert im Dezember.
Ihr aktuelles und mittlerweile fünftes Album „Für immer für dich“ ist in den Top 5 der Charts gelandet. Wofür steht es?
Das ist eine sehr persönliche Platte geworden, die viele verschiedene Geschichten erzählt. Ich bin ganz stolz darauf, dass wir es wieder geschafft haben, so viele schöne Momente in Lieder zu verpacken. Es geht um Liebe, aber auch um ernstere Themen wie Obdachlosigkeit, Süchte oder Selbstzweifel. Das Album ist wirklich sehr bunt und auch tanzbar. Es eignet sich aber auch super zum Autofahren. (lacht)
Sie haben eine Vergangenheit, die nicht immer einfach war. Wie wichtig ist die Reflektion dieser Vergangenheit in Ihren Liedern?
Natürlich verarbeite ich in meinen Songs die schweren Erfahrungen, zum Beispiel auf dem Song „Was wäre ich ohne dich“? Da geht es um Süchte und um die Fragen an sich selbst: „Was wäre ich eigentlich ohne diese Sucht, wo könnte ich stehen? Wer könnte ich sein?“ Das sind sehr private Dinge, die ich mit der Öffentlichkeit teile, da ich weiß, dass es einigen Menschen genauso geht. Und ich hoffe, dass es diesen Hörern auch hilft.
Welche Wendepunkte gab es in Ihrem Leben?
Wichtig war, dass ich nach meiner ersten Pflegefamilie, unter welcher ich sehr gelitten habe, neue Pflegeeltern bekommen habe. Das war für mich ganz, ganz wichtig, weil diese endlich Liebe ins Haus gebracht haben. Ein zweiter wichtiger Punkt war, dass ich damals meine Lehre als Malerin abgeschlossen habe in einer Firma in Hademarschen, sowie dass ich meine Ehefrau Karolina kennenlernen durfte und wir uns eine tolle Familie aufgebaut haben.
Wie wichtig ist beruflicher Erfolg für Sie?
Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass mir das gänzlich unwichtig ist. Aber ich glaube, dass nicht der Schwerpunkt nur darauf liegt, beruflich erfolgreich zu sein. Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich so erfolgreich sein darf und mit Musik auch viele Menschen erreichen darf. Und dass ich einfach ein wirklich sehr gutes Leben habe. Es hat aber eine Zeit gedauert, bis ich mich daran gewöhnt habe.
Zuletzt sind Sie bei der Schlagernacht vor Tausenden in der Lanxess-Arena aufgetreten. Ende des Jahres besuchen Sie Köln noch einmal, am 10. Dezember. Was verbinden Sie mit der Stadt?
Ich bin super gerne in Köln. Seitdem ich während „Let’s dance“ ein paar Wochen in Köln gelebt habe, ist mir die Stadt sehr ans Herz gewachsen. Ich mag die Art, wie die Menschen miteinander umgehen. Köln ist auf jeden Fall eine Großstadt, die ich super gerne mag. Aber grundsätzlich bin ich ein Landei und lebe am liebsten in meiner bodenständigen, norddeutschen Heimat auf dem Dorf. (lacht)
Bodenständigkeit und Familie sind Ihnen also wichtig – was sind noch Werte, mit denen Sie sich identifizieren und die Sie vermitteln wollen?
Ich finde es ganz wichtig, dass man im Leben sein Ding macht – vor allem, dass man sich nicht lenken lässt, zum Beispiel von den Sozialen Medien. Denn das reale Leben ist immer noch ein anderes. Und ich glaube, dass gerade viele Jugendliche heutzutage das Handy als absolut wichtigsten Begleiter in ihrem Leben sehen – das ist eine besorgniserregende Entwicklung. Ich hoffe, dass es in unserer Gesellschaft wieder ein bisschen mehr zur Realität hingeht und nicht alle nur noch in der Social Media-Welt leben.