160 Schüler ab 2020Rautenstrauch-Joest-Museum soll zur Schule werden

Hinter Gittern: Nach Prüfarbeiten an der Fassade hat die Stadt den Gehweg am Ubierring vorsorglich abgesperrt.
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- Schon seit Jahren sind im 1906 eröffneten Rautenstrauch-Joest-Museum keine Ausstellungen mehr zu sehen
- Aufgrund des Schulnotstands sollen hier ab 2020 knapp 160 Schüler unterrichtet werden
- Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum Projekt: Was geplant ist, was es kostet, ob es sich lohnt
Köln – Hoch oben unter dem Giebel thront immer noch das Kölner Stadtwappen. Seit der Eröffnung 1906 ziert es den stolzen Museumsbau. Doch die Fassade am Ubierring bröckelt, seit mehr als einem Jahrzehnt sind im maroden Rautenstrauch-Joest-Museum (RJM) keine Ausstellungen mehr zu sehen. Man wünscht sich eine schützende Vitrine für das ehrwürdige Haus der Völkerkunde. Ab dem Sommer 2020 sollen hier 160 Schüler lernen.
Was ist dort genau geplant?
Weil es mit dem Schulbau nicht vorwärts geht, hat der Rat im vergangenen Jahr ein Programm aufgelegt, um 16 Schulbaumaßnahmen schnell umsetzen zu können (siehe Infotext). Ein Projekt: die Herrichtung des Museums, um übergangsweise die Oberstufe der Integrierten Gesamtschule Innenstadt (Igis) unterzubringen. Für die Igis-Oberstufe (Unterstufe an der Frankstraße) entsteht wenige Meter entfernt ein Neubau: Am Severinswall wird ab diesem Sommer die Theo-Burauen-Realschule abgerissen und an selber Stelle die neue Schule errichtet. Bis zur geplanten Fertigstellung des Neubaus 2022 sollen die Schüler ins alte RJM ziehen.

Im Treppenhaus wurden Proben entnommen und markiert.
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Lässt sich das Museum einfach umbauen?
Nein, der Umbau ist ein Wagnis. In der vergangenen Woche haben Arbeiter mit einem Hubsteiger die Fassade untersucht. Ergebnis: Der Fußweg vor dem Museum wurde sofort abgesperrt, da einige Gesimssteine locker sitzen. Bruchstücke sind mit Markern gekennzeichnet. Zwei Steine liegen auf dem Trottoir. Innen sieht es nicht viel besser aus. Die Technik ist veraltet, der Putz an den Wänden brüchig. Jahrelang hat die Stadt versucht, für den altehrwürdigen Bau einen neuen Nutzer zu bekommen. Ein Kino mit Hotelbetrieb, die Musikschule, Eventgastronomie, ein Casino und die Kunsthochschule für Medien waren in der Verlosung. Fix ist bis heute nur, dass die Kosten zur reinen Wiederherrichtung des Gebäudes einen zweistelligen Millionenbetrag ausmachen.

Der Plan für die Gesamtschule.
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Sonderprogramm Schulbau
340 Millionen Euro umfasst das Sonderprogramm, mit dem die Stadt den Schulbau beschleunigen will. Bis 2022 sollen so 16 Baumaßnahmen an elf Schulen umgesetzt werden. Die Maßnahmen werden an General- oder Totalunternehmer vergeben.
Der Generalunternehmer nimmt der Stadt sämtliche Bauleistungen ab, das Totalunternehmen dazu den Großteil der Planungsleistungen. Die Stadt kann sich durch dieses Verfahren die aufwendige Einzelvergabe der Gewerke ersparen. Sie betont, jeweils Herrin des Verfahrens zu bleiben.
7000 Schulplätze sollen laut Stadt bis 2022 mit den 16 Maßnahmen gesichert werden. Köln benötigt insgesamt 40 neue Schulen. (mft)
Wie sollen die Klassenräume aussehen?
Ein Planungsteam ist dabei, das denkmalgeschützte Gebäude herzurichten. Die bis zu zwölf Klassenräume sollen in den alten Ausstellungsräumen und im Kammerspielsaal entstehen. In den Räumen braucht es für den Schulbetrieb akustische Maßnahmen, derzeit werden Vorhänge, dämpfende Wand- und Deckenbeläge oder Raum-im-Raum-Systeme geprüft, teilt die Stadt mit. Auch ein neuer Boden ist notwendig. Damit hinter dem Gebäude ein Schulhof erreichbar ist, muss im rückwärtigen Teil ein Durchbruch gemacht werden. Es wird eine neue Heizungsanlage installiert, demnächst die Klos abgerissen. Schadstoffprüfer, Architekten und Brandschützer geben sich die Klinke in die Hand. Verkleidungen werden freigelegt, Materialproben entnommen, der Putz untersucht. Schon klar ist: Neben einer Erneuerung der Technik ist ein Fensteraustausch zur Frontseite am Ubierring notwendig. Wie jeder Altbau dürfte auch das gut 110 Jahre alte Südstadt-Juwel viele Überraschungen bereit halten. Und dann müssen alle Umbauten noch den Anforderungen des Denkmalschutzes genügen.
Lohnt der Aufwand für zwei Jahre?
Nein, denn es geht nur um 160 Schüler und 13 Lehrer, die für zwei Jahre Platz benötigen. Marion Weiler, Architektin und Projektleiterin der Maßnahme, schwärmt dennoch von den „besonderen Raummöglichkeiten“. So gebe es die Gelegenheit, neue Schulkonzepte in der Raumarchitektur zu etablieren.
Neue Schulkonzepte? Raumarchitektur? Für zwei Jahre? Auf Nachfrage räumt die Stadt ein, dass die „Möglichkeit einer Mehrfachnutzung des RJM als Schulinterim“ bestehe. Mit anderen Worten: Sind die Räume hergerichtet, könnten immer wieder Schüler ins Völkerkundehaus ziehen. Der Bedarf wird angesichts des Schulnotstandes weiter bestehen. Tatsächlich hat der Rat im September nicht nur das zweijährige Interim beschlossen, sondern auch die Prüfung, ob das Haus „längerfristig als Schulstandort beibehalten“ werden kann. Letzteres wurde als Zusatzbeschluss nachträglich ergänzt und fiel kaum jemandem auf. Die Antwort dürfte klar sein: Ja, das geht.

Große Planungsaufgabe: Die Projektleiter der Gebäudewirtschaft, Torsten Leesmeister und Marion Weiler.
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Was kostet der Umbau des RJM?
Dazu schweigt die Verwaltung. „Eine belastbare Summe lässt sich derzeit nicht beziffern“, teilt die Stadt mit. Die Unwägbarkeiten sind offenbar enorm. „Der Aufwand ist natürlich groß“, sagt Katharina Schulte, ebenfalls Projektleiterin der Gebäudewirtschaft. In den zunächst auf dem Schulhof geplanten Containern hätten die Schüler während des Neubaus aber nicht untergebracht werden können. Nun gehe es auch darum, dass das RJM erhalten wird und sich irgendwann eine andere Nutzung anschließen könne.

In den alten Ausstellungsräumen entstehen Klassenzimmer.
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Zuletzt hat man Gertrud Borsch häufiger am Ubierring gesehen. Das ist ein gutes Zeichen. Borsch ist so etwas wie die gute Seele des Hauses, als Hausmeisterin schritt sie jahrzehntelang bei klemmenden Türen oder defekten Glühbirnen ein und erlebte mit, wie das Grundwasser ins Depot schwappte. Borsch kennt alle Problemzonen des Haues. Wenn es dort nun wieder Betrieb gibt, könne das nur gut sein. Aber ihr blute auch das Herz. „Weil es nicht mehr das Gleiche ist.“