Capitol-TheaterSo schön klingt die Lyrik von Mascha Kaleko

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Dota

Dota singt Mascha Kaleko auf der Bühne des Capitol-Theaters in Düsseldorf

Vor 100 Jahren schrieb die jüdische Dichterin ihre Texte, sie klingen auf der Bühne frisch und farbenfroh.

Es sind Zeilen von Vergänglichkeit, Verlust und Sehnsucht, geschrieben vor 100 Jahren. Doch vertont klingen die Gedichte von Mascha Kaleko so frisch wie heute. Und der feine ironische Blick gibt den Stücken ein sanfte Beschwingtheit. Für die ist natürlich eine Frau aus Berlin verantwortlich: Dota Kehr. Im Club des Düsseldorfer Capitol-Theaters sang sie die Texte der Dichterin – und noch einiges mehr.

Dota, früher auch als „Kleingeldprinzessin“ bekannt, tourt seit vielen Jahren engagiert über die Bühnen des Landes. Irgendwann hat ihr jemand ein Buch der polnischen Jüdin Mascha Kaleko zugesteckt, die in den 20er und 30er Jahren Gedichte schrieb. Es sind Liebesgedichte, aber auch komische Alltagsgeschichten, alles sehr berlinerisch. „Ich mag die Präzision der Sprache, sie ist mit wenigen Worten sehr exakt“, sagt die Liedermacherin: „Wir haben keine andere Zeit als diese“, heißt es in „In dieser Zeit“. „Wir wurden alt bevor wir jung gewesen. Und unser Lebens ist ein Noch-Nicht-Sterben.“

Düsseldorf: Dota Kehr verleiht Lyrik von Kaleko ein leuchtendes Strahlen

Kaleko kam 1907 zur Welt, sie kam während des ersten Weltkrieges nach Deutschland, lebte als junge Frau in Berlin. Und sie fand sich irgendwann  in einem Büro wieder, das sie als muffig empfand. Doch Gedichte schreiben? Der Vater sagte: „Das fehlt gerade noch.“ Doch die Tochter schrieb und schrieb und fand ihren ganz eigenen Ton. Die Gedichte handeln auch vom Schmerz des Verlustes, denn in den 30er Jahren musste Kaleko flüchten nach New York. Und in den USA spürte sie mit ihrem Kind die gleiche kalte Fremdheit, die sie schon in Berlin  erlebt hatte. „Ich bleibe der Fremde im Dorf“, heißt es in „Der Fremde“.  „Sie sprechen von mir nur leise.“

Dota

Dota singt Mascha Kaleko Düsseldorf Capitol-Theater

Dota Kehr hat bereits 2020 die ersten Gedichte vertont, im vergangenen Jahr mit „In der Fernsten der Fernen“ das zweite Kaleko-Album nachgelegt. Auf der Bühne wird sie begleitet von Janis Görlich am Schlagzeug, Jan Rohrbach an der E-Gitarre, Keyboarder Jonas Hauer und der Vibraphonistin Maria Schneider. Den Musikern gelingt es, dass die Lyrik nicht aufgeführt klingt, sondern ein eigenes frisches Volumen bekommt, ein leuchtendes Strahlen. Mit knapp 500 Besuchern ist der kleine Saal im Capitol fast ausverkauft. Ein paar wiegen die Köpfe sanft im Takt. Und sie hören frisch-fröhlich sprießende Text wie „Resignation für Anfänger“.

Am Ende des zweiten Teils legt Dota Kehr noch eigene Texte nach und die Tonart wechselt, das Tempo zieht an. „Eichhörnchen“ ist eine sehr komische Abrechnung mit den (vermeintlich) putzigen Nagern, und auch die Lobgesänge auf den Tontechniker oder den Bademeister erheitern den Saal. Dazu gibt es frühe Klassiker wie „Für die Sterne“ und „Wir rufen Dich Galaktika“. Nach zweieinhalb Stunden hat Dota auch den letzten Besucher im Capitol verzaubert. Nicht ohne für den Dezember ein Gastspiel mit brasilianischen Musikern in Köln anzukündigen.

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