Mit einem Benefizkonzert begeisterte der Musiker 160 Menschen im Sancta Clara Keller. Nicht nur das Ende war spektakulär.
BenefizkonzertChilly Gonzales spielt in Adiletten für die Ukrainer

Im obligatorischen Bademanteln spielte Chilly Gonzales das Konzert für die Ukraine im Sancta Clara Keller
Copyright: Costa Belibasakis
Der Meister tritt in grünen Adiletten ins Licht. Mit einem Karton unter dem Arm und im obligatorischen Bademantel schlendert Chilly Gonzales zum Flügel. Wieder einmal tritt er an, um diese Welt etwas schöner zu machen. Oder, an diesem Abend: um sie etwas erträglicher zu machen. Im Sancta Clara Keller gab der Kanadier ein Benefiz-Konzert für die Ukraine. Rund 160 Besucher waren bei dem exklusiven Konzert dabei, und sie sollten reichlich Gelegenheit finden, sich auch über den Erwerb der Karten hinaus spendabel zu zeigen.

Ein Mann für jede Tonart: Chilly Gonzales
Copyright: Costa Belibasakis
Dafür erlebten sie den multitalentierten Musiker in bester Verfassung und mit großer Lust, den Entertainer in sich aufspielen zu lassen. In sich gesunken eröffnete der Wahlkölner den Abend mit einem Medley und ließ später die Erfolgsstücke „Dot“ und „Knight Moves“ folgen. Jedes Stück ist ein Ereignis in diesem Gewölbe, denn der Künstler braucht kein Mikrofon und keinen Verstärker. „Für mich ist es perfekt“, sagt der Pianist. „Ich bin in meinem liebsten versteckten Ort, der ungefähr 850 Jahre alt ist. Und ich brauche nur 10 Minuten zu Fuß.“
Mit der Zeitschätzung trifft es Chilly Gonzales fast exakt. Der Sancta Clara Keller gehört zum Architekturbüro Kaspar Kraemer und wurde Anfang der 70er Jahre freigelegt. Die Wurzeln des Gewölbes in der Straße Am Römerturm reichen bis ins frühe 13. Jahrhundert zurück. Das Hofgut wurde vom Grafen Wilhelm IV. von Jülich erworben und später von seiner Frau als Clarissen-Kloster gestiftet. Der heutige Hausherr weilt derzeit im Urlaub und verpasste daher das spektakuläre Konzert im Haus. Etwa den mitreißenden brandneuen Akustik-Rap „ICE“, den der 51-Jährige der Deutschen Bahn gewidmet hat. „Ich dichte auf Deutsch sehr langsam, ein bisschen wie die Deutsche Bahn“, witzelt er. Und schlägt dann den Takt mit einer Tüte Vollkornknusperbrezeln, selbstverständlich erstanden im Bordbistro der Deutschen Bahn. „Ich schaue aus dem Fenster des ICE. Hier bin ich allein von Bergheim bis Hildesheim.“
Gonzales' Philosophie, die er auch jüngeren Menschen lehrt, war schon immer: Als Musiker kannst Du so gut sein, wie Du willst. Als Unterhaltungskünstler musst Du noch etwas ganz anderes auf die Bühne bringen. Im September plant er ein neues Album, vorwiegend mit französischen Stücken.
Es fehlt in der Ukraine immer noch das Wesentliche. Lebensmittel und Medikamente, medizinische Hilfsmittel.
Initiiert hatte den Abend die mit dem Musiker gut breundete Kristina Koch, die in Nippes in der Flüchtlingshilfe engagiert ist. Der internationale Zweig von „Willkommen in Nippes“ heißt „Cologne Cares“, Koch betreibt ihn mit Mowafaq Abdulmuati, der aus dem Irak stammt. „Es fehlt in der Ukraine immer noch das Wesentliche“, sagt sie. „Lebensmittel und Medikamente, medizinische Hilfsmittel.“ Es sei wichtig, die Aufmerksamkeit hoch zu halten für die Ukraine, auch darum geht es an diesem Abend. „Die Menschen haben Angst vor dem nächsten Winter.“ Die Initiative unterstützt im Westen der Ukraine Krankenhäuser, Kinder- und Altersheime sowie Zivilisten mit Medikamenten, Stromgeneratoren, Lebensmitteln, Kleidung. Zudem fahren Hilfstransporte aus Köln in die Ukraine.
Der Künstler und Koch kennen sich seit langem. Der Weltstar am Piano hat kürzlich einen Tag in der Hilfsorganisation mitgearbeitet. An diesem Abend treibt er zusätzliche Spenden höchstselbst mit dem EC-Lesegerät ein. 100, 300, 500 Euro und dann („Held des Abends“) 1000 Euro kommen der Ukraine zu Gute. Der Musiker feiert jede Transaktion mit einem akzentuiert-feierlichen „Zahlung genehmigt“, das er in den Saal ruft. Der Abend endet kurios mit dem „Summer of `69“ von Bryan Adams (!), das Gonzales per Lautsprecher einspielt und am Flügel begleitet. Am Ende kommen rund 17.000 Euro für die Menschen in der Ukraine zusammen. Die Welt ist etwas besser zu ertragen.
www.cologne-cares.de