Seit sieben Wochen graben Archäologen am Neumarkt, dort, wo der neue Brunnen entstehen soll. Nach Funden aus der Zeit vor 500 und vor 1000 Jahren stießen die Bodendenkmalschützer nun auf Prestige aus der Römerzeit.
Grabungen am NeumarktArchäologen entdecken Luxus-Bad der Römer in Köln

Die Ausgrabung am Neumarkt ist in vollem Gange. Rund drei Wochen Zeit bleiben der Bodendenkmalpflege.
Copyright: Meike Böschemeyer
Reiche Leute müssen die römischen Bürger Kölns gewesen sein, die vor mehr als 1500 Jahren dort wohnten, wo heute der Brunnen für den Neumarkt ausgegraben wird. Grüner Marmor – Cipollino verde – aus Griechenland war im einstigen Privatthermalbad verbaut, das die Archäologen bei ihren Grabungen fanden. Cipollino, die Zwiebel, oder eher: das Zwiebelchen, passt gut, denn wie eine Zwiebel haben auch die Schützer der Bodendenkmäler den Neumarkt Schicht für Schicht abgetragen.
Eine Zeitreise durch Bodenschichten
Unter der ersten Schicht, rund anderthalb Meter tief, fanden die Archäologen eine Straße aus dem 14. bis 16. Jahrhundert. Unter der zweiten Schicht, rund drei Meter tief, fanden sie ein 1000 Jahre altes Marktpflaster. Was nun unter der dritten Schicht, rund vier Meter unter dem Neumarkt gefunden wurde, bezeichnet Gregor Wagner als Volltreffer. „Es ist schon eine kleine Sensation, dass wir das hier gefunden haben“, erklärt der Leiter der Archäologischen Bodendenkmalpflege.
Ausgerechnet in der rund acht Meter breiten und zehn Meter langen Baugrube für den neuen Brunnen, der ab der Saison 2024 auf dem Neumarkt sprudeln soll, stieß die Bodendenkmalpflege auf einen privaten Badebereich aus dem Zeitraum 3. bis 4. Jahrhundert. Dass die Römer die Erfinder der Fußbodenheizungen waren, sei klar, erklärte Professor Markus Trier, Leiter des Römisch-Germanischen Museums. Diesmal stießen die Entdecker aber auf mehr als nur das Heizungssystem: Sie fanden die Überreste einer Badewanne.

Professor Marcus Trier, Leiter des Römisch-Germanischen Museums, präsentiert den griechischen Marmor, der in dem Bad verbaut war.
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So muss in dem ursprünglichen Wohnhaus, das am westlichen Stadtrand kurz vor der damaligen Stadtmauer gelegen war, nachträglich eine Art Therme eingebaut worden sein. Ein Heizraum mit Kessel, der gleichzeitig warme Luft für die Fußbodenheizung und heißes Wasser erzeugt, das in eine Badewanne geleitet wird.
Bis zu 50 Grad Celsius heiß soll der Raum geworden sein, erklärt Wagner, bei 100 Prozent Luftfeuchtigkeit. Neben dem Warmbad hatten die Römer – das wissen die Archäologen von Nachbauten in Xanten oder der Römerstadt Zülpich – auch noch ein Lauwarmbad und ein Kaltbad. Dass ein Wechselbad gut für das Herz-Kreislauf-System sein soll, wussten also auch die Römer schon zu nutzen. Es ist insgesamt bisher das vierte solche Privatbad, das bisher in Köln gefunden wurde. Wagner vermutet, dass es noch einige mehr gegeben haben muss.
50 Münzen aus der Römerzeit
Die zeitliche Einordnung gelingt vor allem durch weitere Funde: Neben dem griechischen Marmor entdeckten die Archäologen ein Stück Feinkeramik, das ein klassisches Rollenstempel-Muster aufweist und damit in späte 4. Jahrhundert einzuordnen sei. Zudem berichtet Trier von rund 50 römischen Münzen, die gefunden wurden. Darunter eine, die die Inschrift Kaiser Valens hat. Dieser war von 364 bis 387 römischer Kaiser.
Dass so viele Bodendenkmäler unter dem Neumarkt sind, ist für Marcus Trier und Gregor Wagner keine Überraschung. „Der Neumarkt ist – bei allen Problemen die er so hat – seit jeher ein identitätsstiftender Platz in dieser Stadt“, sagt Trier. Jedoch graben die Archäologen nie gezielt an einer bestimmten Stelle, sondern eben nur da, wo sowieso gebaut wird. Ein solcher Fund ist daher großes Glück.

Das frühere römische Bad: Rechts unten war Heizraum, von dem die Luft oerbahl der dunklen, seitlich verbauten Steine in die Fußbodenheizung gelang. Sie verteilte sich zwischen den sogenannten Hypokaustpfeilern im linken oberen Bildrand. Auf der Steinmauer in der Mitte des Bildes muss die Badewanne gestanden haben.
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Die Bodendenkmalpflege hat zudem ein vertraglich geregeltes Zeitfenster. In diesem Fall zehn Wochen, also 50 Werktage. 35 sind mittlerweile vergangen, drei weitere Wochen bleiben also für Grabungen. Ob es jedoch nach der Schicht mit den Ruinen aus der Römerzeit noch eine weitere mit großen Entdeckungen gibt, ist auch für die Experten fraglich. Marcus Trier spricht von einer möglichen Holzsiedlung, die aber vermutlich nicht mehr klar erkennbar sein wird.