Es begann mit einer Schnapsidee: Zwei junge Kölnerinnen haben spontan einen Kiosk gekauft. „Lui & Flitze“ soll am Samstag, 19. Juli, eröffnen.
„Lui & Flitze“ im AgnesviertelZwei Freundinnen kaufen spontan Kölner Kiosk

Julia Vander und Anna-Sophie Schmitz eröffnen den Kiosk „Lui & Flitze“ im Agnesviertel.
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Julia Vander (28) und Anna-Sophie Schmitz (27), zwei junge Kölnerinnen und beste Freundinnen, haben Anfang Juni spontan entschieden, einen Kiosk zu kaufen. Schon am kommenden Samstag, 19. Juli, soll das Büdchen „Lui & Flitze“ im Agnesviertel eröffnet werden.
„Ich habe schon lange damit geliebäugelt, irgendwann mal eine Bar oder ein Café zu eröffnen, und Kioskkultur fand ich schon immer interessant“, sagt Julia Vander auf unsere Nachfrage. Vander und Schmitz wohnen zusammen, bei einem Kiosk in ihrer Nachbarschaft waren sie Stammkundinnen und mit dem Besitzer befreundet. „Als er uns gesagt hat, dass er aufhört, haben Anna und ich beide das Gleiche gedacht - warum hat er uns nicht gefragt?“, erzählt Vander.
Spontaner Kiosk-Kauf begeistert Follower von „Lui & Flitze“
Auch, wenn ihr Stammkiosk schon verkauft war, blieb die Idee eines gemeinsamen Kiosks in ihren Köpfen. „Wir haben dann einfach mal blauäugig auf Ebay geschaut“, erzählt Vander. Bald fanden sie auf Ebay ein neues Angebot: Der ehemalige Kiosk 668 in der Blumenthalstraße 91 im Agnesviertel stand zum Verkauf. „Wir sind sofort hingefahren und haben uns dann innerhalb von einer Woche entschieden“, so die Studentin.
In einem ihrer ersten Videos auf ihrem Instagram-Kanal zeigen die beiden Freundinnen, wie sie in einem Park sitzend an einem Gänseblümchen zupfen. Nach dem Motto „Er liebt mich, er liebt mich nicht“, nur eben mit „ja, nein, ja, nein“. Dann steht fest: die Antwort heißt ja. „Entscheidung getroffen. Danke Blume <3“ schreiben die beiden unter das Video von Donnerstag, 5. Juni.
In den Wochen seit Anfang Juni zeigen Schmitz und Vander in den sozialen Medien, was nach dem Gänseblümchen-Zupfen passiert ist. Man sieht die Freundinnen aufgeregt und vorfreudig grinsend beim Geldabheben für die Anzahlung, bei der Fahrt zum Unterschreiben des Vertrags mit Kippe am Steuer, beim Anstoßen mit zwei Flaschen Piccolo auf der Straße. Dabei werden sie von ihrer Followerschaft für ihre liebenswert-verpeilte Art gefeiert.
Zum Beispiel hält Anna-Sophie Schmitz in einem Video zwei merkwürdige, längliche Gegenstände in leuchtendem Grün in die Kamera, die sie gerade in einer Zu-Verschenken-Kiste gefunden hat. „Erste Einrichtung für den Kiosk“ schreiben die frischgebackenen Unternehmerinnen dazu. „Wir sind ein bisschen chaotisch, aber dann klappt am Ende doch irgendwie alles“, sagt Julia Vander und lacht.
Außenbereich, Barista-Kaffee und Wein vom Winzer im neuen Kiosk
In ihren Videos dokumentieren die Freundinnen das Projekt ihres eigenen Kiosks als locker und lustig; es sei aber natürlich auch eine sehr stressige Zeit gewesen, räumt Julia Vander ein. „Da hängt ja super viel dran, und im ersten Moment weiß man noch gar nicht was man alles beachten muss“, so die 28-Jährige. „Es hat aber auch total Spaß gemacht, sich da reinzufuchsen – die Arbeit ist ja für etwas, für das wir beide brennen und auf das wir total Lust haben.“
Julia Vander ist in den Endzügen ihres Soziale-Arbeit-Studiums, für den Kiosk hat sie ihren Nebenjob als Inklusionskraft gekündigt. Anna-Sophie Schmitz arbeitet in Teilzeit im HR-Bereich bei einem IT-Unternehmen, auch im Kiosk wird sie in Teilzeit arbeiten. Ihr Herzensprojekt finanzieren sie mit einem Kredit, Selbsterspartem und Erbe. Aus ihrem familiären und Freundesumfeld sei ihre verrückte Idee von Anfang an auf Unterstützung getroffen, erzählt Vander.

Süßigkeiten in einem Kiosk am Barbarossaplatz.
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Ihrer schnell gewachsenen Followerschaft haben die beiden auf Instagram bisher keine Bilder des Kiosks gezeigt - Sie wollen noch Raum für Überraschungen schaffen, sagt Vander. „Wir möchten den typischen, kernigen Kiosk-Charme behalten, aber gleichzeitig auch ein bisschen Gemütlichkeit reinbringen“, erzählt die Studentin.
Bei „Lui & Flitze“ werde es eine Siebträgermaschine mit Kölner Kaffee geben, außerdem wollen die beiden Wein von einem lokalen Winzer verkaufen. Qualität und Nachhaltigkeit sollen in ihrem Kiosk eine wichtige Rolle spielen. Genauso wichtig ist den beiden aber, dass Kaffee, Limo und co. erschwinglich sind und der Kiosk so ein „Ort für jeden“ bleibt, wie Julia Vander es ausdrückt. Auch einen kleinen Außenbereich mit Stehtischen und Bepflanzung werde es geben.
„Wir waren in den letzten Wochen viel vor Ort, um die Leute, das Stammpublikum kennenzulernen“, sagt Julia Vander. Der ehemalige Besitzer lebt in Montabaur, erzählt die Studentin. Als Familienvater musste er schweren Herzens einsehen, dass die Pendelstrecke zu lang und nicht mit Arbeit und Familie vereinbar sei. Er habe vor der Zusage an die beiden Freundinnen auch andere Anfragen abgelehnt: „Bei uns meinte er sofort, da habe er ein gutes Gefühl – da entsteht etwas Schönes“, sagt Julia Vander.