Ressourcen schonenTauschschrank in Kölner Südstadt lockt mit Second-Hand-Schätzen

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BU: Aileen Estrada (l.) und Anastasia Bondar am "Geben-und-Nehmen-Schrank" auf dem Eierplätzchen. 
Foto: Susanne Esch

Aileen Estrada (l.) und Anastasia Bondar am 'Geben-und-Nehmen-Schrank' auf dem Eierplätzchen. Foto: Susanne Esch

Der Kölner Geben-und-Nehmen-Schrank, ein Zero-Waste-Projekt mit der Köln International School of Design, fördert das Recycling und spart Abfall.

Die Vitrine mit dem orangen Rahmen ist ein Blickfang auf dem Eierplätzchen – und ein Treffpunkt. Immer wieder werfen Menschen einen Blick hinein, öffnen die Tür, holen dort abgestellte Sachen heraus oder stellen etwas hinein.

Die Vitrine ist ein „Geben-und-Nehmen-Schrank“ und seit Juni vergangenen Jahres eine feste Anlaufstelle für tauschfreudige Kölner und Kölnerinnen sowie Fans von Second-Hand-Klamotten und Gebrauchsgegenständen. Gerade wurde seine Standzeit nach einer Testphase verlängert.

Zero-Waste Konzept der Stadt Köln: Aus Workshop entsteht Geben-und-Nehmen-Schrank

Anastasia Bondar vom Innovationsbüro der Stadt erläutert, was es mit dem Angebot auf dem kleinen Südstadtplatz auf sich hat: „Wir entwickeln mit der Köln International School of Design (KIDS) ein Kooperationsprojekt pro Semester“, schildert sie. „Der Geben-und-Nehmen-Schrank entstand aus einem Projekt zu einem großen Thema, der Frage: Wie können wir Materialien und Objekte im Kreislauf halten?“ Sie habe sich aus dem „Zero-Waste“-Konzept ergeben, das der Stadtrat beschlossen hat.

„Keine Verschwendung“, das hat sich auch die Stadt seit einiger Zeit auf ihre Fahnen geschrieben und möchte Aktivitäten unterstützen, die darauf abzielen, möglichst wenig Abfall zu produzieren und Rohstoffe zu schonen, so wie die Weiterverwertung von Objekten, die sonst auf dem Müll landen würden.

Zwölf Studenten und Studentinnen der KISD beschäftigten sich mit dem Thema. Sechs von ihnen entwickelten schließlich den Tauschschrank. Dem Entwurf des Stadt-Möbels ging eine lange Recherche voraus. Aileen Estrada, eine der beteiligten Studentinnen, schildert ihr Vorgehen: „Wir haben viele Menschen, das Rote Kreuz, Second-Hand-Läden und Repair-Cafés zum Thema interviewt. Wir haben eine Tour zum Werkstoff-Center in Gremberghoven gemacht und die dort in der Schlange wartenden Kunden gefragt, warum es für sie einfacher ist, ihre Sachen dort zu entsorgen, als sie zu verkaufen oder spenden.“

Wunsch nach Alternative, um gebrauchte Gegenstände abzugeben

Nach der Befragung wusste das KISD-Team genauer Bescheid: „Viele sammeln Sachen, die sie nicht mehr brauchen in ihrem Keller“, sagt Estrada. „Dann bringen sie alles mit einer Tour weg, weil im Alltag nicht viel Zeit haben, beispielsweise, weil sie arbeiten.“

Viele wünschten sich aber eine bessere Alternative, eine lokale Lösung, einen Ort in ihrer Nachbarschaft, wo sie die gebrauchten Gegenstände abgeben können. So entstand die Idee, einen solchen Ort zu schaffen, in Form eines Möbelstücks. Es sollte ausreichend Platz für die Gegenstände bieten, allerdings keine Möglichkeit sein, dort allzu große Dinge, wie Mobiliar, zu entsorgen, oder darin zu übernachten. Das Ergebnis der Überlegungen und des kreativen Prozesses war die moderne Vitrine.

Das Ordnungsamt und die AWB hatten allerdings zunächst trotzdem Bedenken, als sie dort platziert wurde: „Sie fürchteten, dass die Menschen den Schrank als eine Art Mülleimer benutzen“, sagt Estrada. „So hatten wir die Idee, die Nachbarschaft einzubinden.“ Die Projektteilnehmer suchten Paten für den Schrank und fanden gleich mehrere Anwohner, die sich gerne um ihn kümmern und darauf achten, dass dort kein Abfall landet.

Die Auswertung des Testlaufs ergab zudem, dass das Projekt überaus erfolgreich ist. „Stündlich wird der Schrank von acht Menschen genutzt und es werden 25 Objekte getauscht“, so Estrada. Die Stadt bekam positives Feedback: „Wir erhielten Liebesbriefe aus der Nachbarschaft, mit denen die Menschen sich dafür bedankten, dass wir einen solchen Ort geschaffen haben“, so Bondar.

Auch die AWB sei nun sehr zufrieden mit dem Abgabeort: „Ohne einen solchen Abgabeort stellen die Bürger Zu-verschenken-Kisten vor die Tür“, sagt Bondar. „Sie stehen im Regen und werden nass. Am Ende muss die AWB die Kisten entsorgen.“ Sie sieht den Geben-und-Nehmen-Schrank in der Südstadt als Pilotprojekt für die ganze Stadt: „Wir möchten jetzt, wenn möglich, auch an anderen Orten in Köln eine solche Möglichkeit schaffen, gebrauchte Dinge abzugeben und abzuholen“, so Bondar.

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