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Holocaust-GedenkenKölsche Kippa Köpp richten Tafel für verfolgte jüdische Karnevalisten ein

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Mitglieder der Kölschen Kippa Köpp vor dem Mahnmal auf dem jüdischen Friedhof in Bocklemünd.

Mitglieder der Kölschen Kippa Köpp vor dem Mahnmal auf dem jüdischen Friedhof in Bocklemünd.

Innehalten mitten in der Session. Das machte der jüdische Karnevalsverein Kölsche Kippa Köpp anlässlich des Holocaust-Gedenktages. 

Die in der Shoa getöteten Kölner Karnevalisten des ehemaligen jüdischen Karnevalsvereins „Kleiner Kölner Klub K.K.K.“ haben einen Ort des Gedenkens erhalten. Eine Tafel auf der wieder hergerichteten Grabstätte von Theo Stein auf dem jüdischen Friedhof in Bocklemünd erinnert an Emil Nathan, David Hirsch, Leo Löwenthal, Ignatz Iwan Berger und Joseph Jakobs. Noch ist die Tafel ein Provisorium, aber schon bald wird dieses durch eine steinerne Tafel ersetzt.

„An dieser Grabstätte wird derjenigen gedacht, die keine eigenen Gräber haben“, sagte Volker Scholz-Goldenberg vom KKK-Vorstand. Er vertrat den Vereinspräsidenten Aaron Knappstein, der auf einer Auslandsreise war. Zum zweiten Mal versammelten sich Mitglieder des Karnevalsvereins Kölsche Kippa Köpp vun 2017 (KKK) am Freitag zu einer Gedenkstunde auf dem jüdischen Friedhof in Bocklemünd und gedachten der jüdischen Karnevalisten, die durch die Nationalsozialisten verfolgt und getötet wurden.

Anlass war der Internationale Holocaust-Gedenktag am 27. Januar. Das Gedenken fand einen Tag früher statt, weil der Tag, an dem sich die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz zum 79. Mal jährt, dieses Jahr auf einen Sabbat fällt. Während dieses Ruhe- und Feiertags betreten Juden keinen Friedhof. 2023 fand die Gedenkstunde am Grab von Emil Jülich, dem Dichter und Komponisten des letztjährigen Sessionsmottos und -liedes „Ov krüzz oder quer“ statt.

„Die aktuelle Weltlage zeigt, wie wichtig das Erinnern ist“, sagte Scholz-Goldenberg. „Es geht nicht nur um das Erinnern, sondern auch darum, die Menschen zu sensibilisieren, dass sich so etwas nie wiederholen darf.“ Er verwies darauf, dass wir „in einer Zeit leben, in der in vielen Ländern antidemokratische Kräfte am Werk“ seien. „Es gibt ein erschreckendes Erstarken ultrarechter Kräfte“, sagte Scholz-Goldenberg und fügte hinzu: „Das Gift der AfD wirkt.“

Volker Scholz-Goldenberg (l.) aus dem Vorstand der Kölschen Kippa Köpp am Grab von Theo Stein.

Volker Scholz-Goldenberg (l.) aus dem Vorstand der Kölschen Kippa Köpp am Grab von Theo Stein.

Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 erlebe man einen internationalen Antisemitismus. „Seit dem 7. Oktober leben wir einer anderen Realität“, sagte Scholz-Goldenberg. Angst und Sorge unter Jüdinnen und Juden hätten auch in Köln deutlich zugenommen.

Mit Blick auf die Demonstrationswelle für Demokratie und gegen rechte Auswüchse, stellte Scholz-Goldenberg fest: „Das macht Mut und zeigt, dass Menschen aus der Geschichte gelernt haben. “Besonders hob der KKK-Vorstand die klare Haltung des Festkommitees hervor. „Es freut mich, dass der organisierte Kölner Karneval sich immer wieder explizit positioniert.“ Zuletzt hatte Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn bei der Demonstration auf der Deutzer Werft am vergangenen Sonntag klar vor der Gefahr von rechts gewarnt.

„Ich bin dankbar, dass es euch gibt“, betonte Bettina Levy vom Vorstand der Synagogen Gemeinde Köln bei der Gedenkstunde. Als Karnevalsverein, in dem Juden und Nichtjuden organisiert seien, erreichten die Kippa Köpp Aufmerksamkeit bei der Jugend und zeigten ein Stück Normalität. „Wir wünschen uns so sehr, als normal angesehen zu werden. Alles, wo wir mitmachen und uns zeigen, ist ganz wesentlich“, unterstrich Levy. Gerade in jüngster Zeit habe sie wieder festgestellt, dass es eine „unglaubliche Unwissenheit “über die Situation der Jüdinnen und Juden gebe. „Macht weiter und seid lau“t, gab Levy den Mitgliedern des KKK mit auf den Weg. 

Doch dann wurde es erst einmal leise. Zum Abschluss der Gedenkstunde trug Allon Sander die  Gebete El Male Rachamim und das Kaddisch vor.


Theo Stein lebte von 1874 bis 1928 in Köln. Er war ein aktives Mitglied im jüdischen Karnevalsverein „Kleiner Kölner Klub K.K.K.“, in dessen Tradition die Kippa Köpp stehen. Stein war Inhaber eines bekannten Bekleidungsgeschäfts in der Schildergasse 23-25, später in der Antwerpener Str. 42. Seine Witwe Else, geb. Lichtenstein, führte das Geschäft zunächst in der Antwerpener Straße 42, ab 1931 in der Ehrenstraße 113 weiter, bis es in der Pogromnacht am 9. November 1938 geplündert und zerstört wurde.

Else Stein wurde 1942 nach Theresienstadt deportiert, 1945 befreit und kehrte vorerst zurück nach Köln, von wo sie 1949 nach Chile zu ihrer Schwester auswanderte. Else Stein starb 1951 in Santiago de Chile im Alter von 73 Jahren.

Gustav Stein, der Sohn von Theo und Else, wurde 1942 im Alter von 38 Jahren in Auschwitz ermordet.

Das Grab von Theo Stein wurde Mitte Januar 2024 durch die Kölschen Kippa Köpp wieder hergerichtet.

Der jüdische Friedhof in Bocklemünd.

Der jüdische Friedhof in Bocklemünd.