JustizLVR-Klinik für psychisch kranke Straftäter ist „in der Gesellschaft angekommen“

Die Nachbarn haben sich an die LVR-Klinik für psychisch kranke Straftäter in Porz gewöhnt.
Copyright: Costa Belibasakis
- Seit 10 Jahren werden in der LVR-Klinik in Porz psychisch kranke Straftäter therapiert.
- Ein geregelter Tagesanlauf mit Arbeitsgruppen ist ebenso wichtig wie die Bezugspflege.
- Die einst heftige debattierte Einrichtung ist nun in der Gesellschaft angekommen, sagt der Chefarzt.
Köln – „Ich habe einen Menschen verletzt.“ Als Jan (Name geändert) das sagt, wird seine Stimme leiser. Die Tat belastet ihn. Als er sie vor etwa vier Jahren verübte, hatte er eine akute Psychose – Wahnvorstellungen, Halluzinationen. Hinzu kamen Drogen. „Cannabis, Amphetamine, Ecstasy.“ Jan hatte den Halt in der Realität verloren. „Nicht schuldfähig“, lautete das Urteil. Statt in ein Gefängnis, kam der heute 28-Jährige in die Forensische Psychiatrie in Porz. Seit zehn Jahren werden in der Maßregelvollzugsklinik psychisch kranke Straftäter therapiert.

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Ein langwieriger Prozess. „Die Verweildauer ist hier viel länger als im Gefängnis“, sagt Chefarzt Herbert Meurer. Durchschnittlich sieben Jahre verbringen die Menschen in der Klinik. „Wir arbeiten wie Archäologen, die immer tiefere Schichten freilegen“, veranschaulicht Meurer. Infolge psychischer Erkrankungen, allen voran Psychosen, wissen viele Patienten bei ihrer Einlieferung nicht, was sie getan haben.
Bezugspflege ist besonders wichtig
Schritt für Schritt müssen sie sich stabilisieren. Dabei helfen neben Medikamenten zahlreiche Therapien. Wichtig ist auch die Bezugspflege auf den Stationen. Jeweils ein Pfleger oder eine Pflegerin hat ein enges Verhältnis zu einigen Patienten und beschäftigt sich mit ihnen über einen langen Zeitraum.
Maßregelvollzug in der LVR-Klinik Porz
148 Behandlungsplätze für männliche Straftäter gibt es in Porz.
Das Alter der Patienten liegt zwischen 21 und 79 Jahren. Die durchschnittliche Verweildauer beträgt etwas über sieben Jahre. Sexualstraftäter verbleiben überdurchschnittlich lange im Maßregelvollzug.
Das Ziel der Behandlung ist die Entlassung der Patienten in ein straffreies Leben. Nach der Zeit in Porz werden sie auf Reha-Stationen am Klinikstandort Merheim weiter darauf vorbereitet. Die Rückfallquote liegt zwischen fünf und sieben Prozent.
Die Dauer des Aufenthalts im Maßregelvollzug wird einmal jährlich von drei Richtern als Kontrollorgan beurteilt. (dha)
Die ausschließlich männlichen Patienten können – je nachdem in welcher Heilungsphase sie sind – an verschiedenen Arbeitstherapien teilnehmen. Es gibt eine Gartengruppe, eine Holz- und eine Metallwerkstatt. „Für unsere Patienten ist es wichtig, Selbstwirksamkeit zu erfahren. Zu erleben, dass sie etwas wert sind“, sagt Meurer. Wer in den Werkstätten arbeiten will, muss bewiesen haben, dass er sich an Regeln halten kann. Etwas, das für den Großteil der Patienten schwierig ist. „Oft leben sie hier erstmals in einem geregelten Umfeld. Ein Negativ-Mensch wird quasi umprogrammiert zu jemandem, der verlässlich ist“, sagt Meurer.

Fest verschlossen sind die Türen der Patientenzimmer nachts.
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„Klinik ist in der Gesellschaft angekommen“
Die Straftaten, die die Männer begangen haben, sind schwer: Körperverletzung, Brandstiftung, Tötungs- und Sexualdelikte. Dementsprechend hoch sind die Sicherheitsvorkehrungen hinter den fünfeinhalb Meter hohen Mauern, die das Gelände umgeben. Immer wieder müssen Metalldetektoren passiert werden. Türen lassen sich nur mit einer Sicherheitskarte öffnen. Die Patienten-Zimmer auf den sieben Stationen sind zwischen 21 und 7 Uhr verschlossen. Alle Mitarbeiter tragen ein Alarmgerät bei sich. Einen Ausbruch gab es noch nie. Bei Ausflügen jedoch sind schon einige Patienten kurzzeitig entwichen. Das Verhältnis zu den Nachbarn, die sich vor dem Bau vehement gegen eine Forensische Klinik gewehrt hatten, ist inzwischen gut. „Die Klinik ist mitten in der Gesellschaft angekommen“, ist Meurer überzeugt.
Dort will auch Jan ankommen. Er bereitet er sich zusammen mit den beiden Klinik-Lehrern auf den Realschulabschluss vor. Vielleicht wird nach seiner Entlassung Genesungsbegleiter werden. „Das sind ehemalige Patienten, die kommen und den anderen von ihrem Weg berichten“, erläutert Meurer.
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