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Gemeinsames LernenRückschlag für die Inklusion in Kölner Grundschulen - Klassengröße wächst

Lesezeit 3 Minuten
Demo für mehr Inklusion an Schulen.

Demo für mehr Inklusion an Schulen.

Die Klassengröße für das Gemeinsame Lernen in Köln wird zum neuen Schuljahr nicht mehr reduziert sein.

Das gemeinsame Lernen von Kindern mit und ohne Einschränkungen und Behinderungen wird in den Kölner Grundschulen zum kommenden Schuljahr in größeren Klassen als bisher stattfinden. Das geht aus einer Verwaltungsvorlage für den Ausschuss für Schule und Weiterbildung hervor. Statt wie bisher eine Reduktion auf 25 Kinder pro Klasse, gibt es keine Sonderregelung mehr.

Als Begründung gibt die Stadtverwaltung den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land NRW in Münster aus dem vergangenen Jahr an. Das Gericht hatte nach der Klage eines Vaters auf einen Grundschulplatz für sein Kind entschieden. Das Urteil: Es gebe keine Rechtfertigung der Aufnahmekapazität in den Eingangsklassen an Grundschulen aufgrund besonderer Lernbedingungen allein durch die Einrichtung Gemeinsamen Lernens. Stattdessen wendet Köln nun die allgemeinen, in NRW gültigen Werte zur Klassenstärke auch auf das Gemeinsame Lernen an.

„Dieser Gerichtsbeschluss führt nun dazu, dass die Stadt Köln für die Schuleingangsklassen an den Grundschulen für das Schuleingangsjahr 2025 die verordnungsrechtlich festgelegten Klassenbildungswerte ansetzen muss“, teilt die Stadt auf Nachfrage mit. Das werde dazu führen, dass je nach Zügigkeit der Grundschule auch im Gemeinsamen Lernen Schuleingangsklassen mit bis zu 29 Kindern gebildet werden.

Mittendrin: Rückschlag für Inklusion

„Das ist eine weitere Verschlechterung für die Inklusion“, beurteilt Eva-Maria Thoms vom Kölner Verein Mittendrin, die geänderte Vorgabe. Der Verein setzt sich für den Ausbau und die Verbesserung inklusiver Bildung ein. Die Bedingungen für das Gemeinsame Lernen an inklusiven Schulen würden immer schlechter. „Das im November 2024 veröffentlichte Inklusionsmonitoring der Stadt Köln zeigt, dass das Folgen hat: Inklusion ist rückläufig in Köln. Und das, obwohl Köln lange Zeit Vorreiter in Sachen inklusiver Bildung war“, schreibt Mittendrin in einer Pressemitteilung.

Seit gut zwei Jahren organisiert der Kölner Verein Proteste rund um die Sitzungen des Ausschusses für Schule und Weiterbildung. Auch am kommenden Montag ist um 14 Uhr wieder eine Demonstration auf dem Theo-Burauen-Platz geplant, bevor um 15 Uhr die Ausschussmitglieder im Ratssaal tagen. 

„Das ist ein weiterer Versuch, einen konstruktiven Dialog zwischen Verwaltung, Politik, Schulen und Eltern anzuregen, um das Thema voranzubringen und finanzierbare Lösungen zu finden", sagt Ute Berger, die für Mittendrin die Proteste rund um den Schulausschuss koordiniert.  

Die Eltern seien maßlos enttäuscht, sagt Berger. „Seit bald zwei Jahren machen Eltern behinderter Kinder nun schon darauf aufmerksam, dass die Bedingungen im Gemeinsamen Lernen an inklusiven Schulen immer schlechter werden. Die Politik hat versprochen, eine Lösung zu finden“, sagt Berger. Aber das Thema werde ausgesessen und verschleppt.

Silke Clasing ist Schulleiterin der Friedrich-List-Grundschule aus Porz-Gremberghoven, wo seit 1995 Gemeinsames Lernen praktiziert wird. Sie betont, wie wichtig kleinere Klassen für gelingende Inklusion seien. „Die Folge größerer Klassen ist, dass die Lehrkräfte viel weniger auf die einzelnen Kinder eingehen können“, sagt Clasing.

Grundsätzlich ist es so, dass die zulässige Zahl der Kinder in einer Klasse von der Zügigkeit einer Schule abhängt. Wenn eine Schule nur eine Klasse pro Jahrgang hat, können 29 Kinder unterrichtet werden. Bei zwei Parallelklassen sind es 28 Kinder je Klasse,bei drei 27, bei vier Parallelklassen maximal 26 Kinder und wenn ab fünf Klassen pro Jahrgang 25 Kinder je Klasse. 

Von insgesamt 149 Grundschulen in Köln nehmen derzeit 84 Grundschulen am Gemeinsamen Lernen teil.