Wolle Benether und Stefan Dößereck arbeiten seit vielen Jahren nebenberuflich als Weihnachtsmann.
Große Nachfrage in der AdventszeitKölner Weihnachtsmänner leiden unter Fachkräftemangel

Stefan Dößereck (links) und Wolle Benether sind Weihnachtsmänner aus Leidenschaft.
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Schlagfertigkeit ist eine der wichtigsten Eigenschaften des Weihnachtsmanns. Denn wenn Kindern eine Frage unter den Nägeln brennt, weiß Wolle Benether, dann scheuen sie vor gar nichts zurück. „Wie viel Bier muss man trinken, um so einen Bauch zu kriegen“, fragte ihn einmal ein Elfjähriger bei einem Auftritt in einem Kaufhaus. Einen erfahrenen Weihnachtsmann darf auch so eine Frage nicht aus dem Konzept bringen. Dann gilt es, eine weihnachtliche Antwort zu finden. Mit Bier habe der Bauchumfang natürlich nichts zu tun. Es waren die vielen Kekse, die Schuld sind. „Würdevolles Kontern“, nennt er diese Eigenschaft. „Und das ist am Ende auch das, was mir an diesem Job so sehr Spaß macht.“
Wolle Benether arbeitet seit gut zehn Jahren nebenberuflich als Weihnachtsmann. Bei seinem ersten Einsatz stand er 2013 gemeinsam mit 29 anderen Weihnachtsmännern aus ganz Deutschland für die „Flying Home for Christmas“-Kampagne von Airberlin vor der Kamera. Die Begeisterung war geweckt und hält bis heute an. Rund 25 Auftritte als Weihnachtsmann, aber auch als Nikolaus, absolviert Benether seitdem in jedem Jahr. Das große Geld verdient er damit nicht. Aber darum geht es ihm auch nicht. Der Lohn für die Arbeit sind strahlende Kinderaugen, begeisterte Erwachsene oder gerührte Großmütter, die sich in ihre Kindheit zurückversetzt fühlen.
Weihnachtsmannservice 1997 gegründet
Zu seiner Rolle als Weihnachtsmann kam Wolle über Stefan Dößereck. Der betreibt in Widdersdorf seit 1997 einen Weihnachtsmannservice. Die Aufträge, die er an seine rund 40 Weihnachtsmann-Kollegen in seinem Netzwerk verteilt, kommen von Kaufhäusern, von Unternehmen oder von Privatpersonen. Dößereck, der selbst bis zu 140 Auftritte pro Jahr absolviert, bietet zudem dreistündige Seminare an, in denen er wertvolle Informationen zu Auftrittsplanung, Verhalten auf Terminen und Kostümen vermittelt. Auch Hintergründe zum Weihnachtsfest oder der Unterschied zwischen Weihnachtsmann und Nikolas gehören zu den Inhalten. Ohne Schulung schickt er keinen seiner Leute auf einen Termin. Dößereck ist Weihnachtsmann aus Leidenschaft. „Jeder Termin macht einfach unheimlich viel Spaß“, sagt er. „Wir berühren Menschen emotional und machen ihnen eine Freude. Das ist es, was uns antreibt.“
Egal, wie sich ein Kind über das Jahr benommen hat – mit der Rute kommt der Weihnachtsmann nie zu einem Termin. „Wir rügen nicht“, sagt Wolle Benether. „Wir sagen immer nur, dass es Verbesserungspotenzial gibt. Zum Beispiel, dass man ja mal versuchen könnte, sich regelmäßig die Zähne zu putzen.“ Damit der Weihnachtsmann die nötigen Informationen in sein Goldenes Buch aufnehmen kann, gibt es für jeden Termin ein Vorgespräch. Ohne geht es nicht. Dabei wird deutlich, dass Eltern oft ganz unterschiedliche Intentionen haben, wenn sie einen Weihnachtsmann nach Hause bestellen. Manche Eltern liefern vorab einen Text, in dem nur negative Dinge über das Kind stehen. „Andere bereiten drei Seiten gesalbte Worte vor. Da kann es schon mal vorkommen, dass die Mutter vor Freude anfängt zu weinen, wenn sie ihren Text vom Weihnachtsmann vorgelesen hört“, sagt Dößereck.
Individuelle Wünsche an den Weihnachtsmann
Bei der Anfrage können Kunden ihre individuellen Wünsche für den Termin äußern. Dößereck, Benether und ihre Kollegen machen grundsätzlich vieles mit. Benether stellt in diesem Jahr bei einem seiner Auftritte beispielsweise einen neuen Distanz-Rekord auf. Für einen Auftrag besucht er ein Unternehmen auf der Ostsee-Insel Rügen.
Doch es gibt auch Grenzen. „Auftritte, bei denen Frivolitäten gefordert sind, lehnen wir grundsätzlich ab“, sagt Dößereck. Dass Kunden einen strippenden Engel oder Weihnachtsmann bestellen, komme häufiger vor. „Wir verteilen auch keine Mobilfunktarife vorm Handyladen. Was wir machen, sind glaubhafte, seriöse, vernünftige Auftritte“, erklärt Dößereck. Trotzdem kommt es ab und an auch zu Überraschungen. „Bei einer Weihnachtsfeier eines Mode-Unternehmens wurde ich zum Sektausschenken benutzt und sollte dann auch noch ohne vorherige Absprache auf der Bühne tanzen“, erzählt Benether. „Das war mit Abstand der schaurigste Auftritt, den ich bisher hatte.“
An Anekdoten mangelt es den beiden erfahrenen Weihnachtsmännern nicht. Am Düsseldorfer Flughafen sollten sie im Duty-Free-Shop vor einigen Jahren Schokolade an Kinder verteilen. Für Geschenke wie diese sei immer der Kunde zuständig. „Ich habe allen Kindern Schokolade in die Hand gedrückt“, erinnert sich Benether. „Bis einer mir sagte: Wissen Sie eigentlich, dass da Alkohol drin ist?“
Gerade für Heiligabend gibt es ganz viele Anfragen und nur ganz wenige, die sie ausführen.
Gerade zur Weihnachtszeit kann so ein Leben als Weihnachtsmann ganz schön stressig werden. Vor allem an Heiligabend ist der Zeitplan straff. „Das ist richtig harte Arbeit“, sagt Dößereck. Ins Kostüm schlüpfen die Weihnachtsmänner nämlich erst vor Ort. Denn wenn der Weihnachtsmann mit der Bahn anreist, oder vor der Haustür aus dem Auto aussteigt, geht ein Teil des Zaubers logischerweise verloren.
Die Nachfrage sei auch in diesem Jahr extrem groß. Hinzu kommt: „Wir haben bei den Weihnachtsmännern einen massiven Fachkräftemangel“, sagt Dößereck. „Gerade für Heiligabend gibt es ganz viele Anfragen und nur ganz wenige, die sie ausführen.“ Dazu gebe es viele schlechte Weihnachtsmänner. „Sie sind der erste Weihnachtsmann, der nicht besoffen zu uns kommt“, wurde Dößereck einmal begrüßt. Trinken, essen oder telefonieren sind für ihn im Kostüm ein Tabu.
Nicht jeder eigne sich für die Rolle des Weihnachtsmanns. „Ein Weihnachtsmann muss aufgeschlossen sein, er sollte wissen, wie man mit der jüngeren Generation umgeht und sollte sich immer bewusst sein, dass er Dienstleister ist“, sagt Benether. Die erste Frage an die Teilnehmer der Schulungen von Stefan Dößereck lautet: „Glaubst du noch an den Weihnachtsmann?“ Wer verneint, fliegt raus. „Gott sei Dank ist das bisher noch nicht vorgekommen.“