Die Haare wieder schönWie Kölner den ersten Friseurbesuch seit langem erleben

Auch in Köln haben die Friseursalons wieder geöffnet. (Symbolbild)
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- Auch in Köln haben am Montag die Friseure wieder geöffnet.
- Unter strengen Hygiene-Auflagen freuten sich viele Kunden, endlich wieder professionell geschnitten werden zu können.
- Ein Besuch bei den Kölner Haar-Experten.
Köln – Cordula hat sich so darauf gefreut. Auf den ersten Friseurbesuch nach über sechs Wochen. Doch jetzt macht sich ein bisschen Enttäuschung breit. „Irgendwie fehlt das Freudvolle, der Genuss, das Wellness-Gefühl“, sagt die Juristin und zupft zum x-ten Mal an ihrer rotgemusterten Behelfsmaske. Immer wieder rutscht das Ding von der Nase.
„Liebgewonnene Routinen sind weggefallen“, murmelt Friseurin Sara Stumpf unter ihrer Maske. Konzentriert bearbeitet sie Cordulas Kurzhaarschnitt. Ein freundliches „Was möchtest du trinken?“ gibt es im Friseursalon „Headlounge“ am Kartäuserwall ebenso wenig wie bunte Illustrierte. Selbst die Musik scheint gedämpft.
Pausenlos klingelt das Telefon
Wo sonst mehr als ein Dutzend meist junge, flippige Haarkünstler durcheinander wuseln, hat nun alles eine klar vorgeschriebene Ordnung. Auf einem DIN-A-4-Blatt trägt sich jeder Kunde mit Kontaktdaten ein. Beginn und Ende der „Friseurdienstleistung“ werden akribisch notiert. Salonleiterin Ronak Nikbakht heftet die Papiere säuberlich in einem grauen Aktenordner ab. Bürokratie statt Beauty.
Viele Vorsichtsmaßnahmen
Der Infektionsschutz wird beim Friseurbesuch großgeschrieben. So muss ein Mindestabstand von 1,50 Metern gewahrt werden, die Haare müssen vor jedem Schnitt im Salon gewaschen werden. Masken sind Pflicht.
Im Gesicht des Kunden dürfen die Friseure nicht arbeiten. Make-up, Bart schneiden oder Wimpernfärben, ist verboten. Selber die Haare zu fönen, ist derzeit nicht erlaubt.
Zusätzliche Kosten, die ihnen durch den erhöhten Aufwand entstehen, legen einige der rund 1100 Friseure in Köln auf die Kunden um. 3 bis 5 Euro hält der Obermeister der Kölner Friseurinnung, Mike Engels, für angemessen. (dha)
Schon um acht Uhr hat die „Headlounge“ geöffnet. Zwei Stunden früher als vor der Zwangsschließung. „Wir haben unsere Öffnungszeiten geändert und das Team halbiert“, sagt die Salonleiterin zwischen zwei Telefonaten. Sie hat mit dem Telefonieren buchstäblich alle Hände voll zu tun. Fast pausenlos klingelt das Telefon. „Einen Moment bitte“, sagt Ronak Nikbakht, legt einen Hörer zur Seite – und wendet sich wieder dem ersten Anrufer zu. Mit der Maus klickt sie durch die bunte Termintabelle auf dem PC. Ihre langen hellroten Fingernägel stecken unter durchsichtigen Plastikhandschuhen. „Am 30. Mai könnte ich dir einen Termin anbieten.“ In den nächsten acht Wochen ist es schwer, einen freien Termin zu finden.
Am Pony mit der Nagelschere
Nach dreieinhalb Stunden ist Ronak Nikbakht leicht entnervt. „Da wird viel gejammert am Telefon. Ich kann den Leuten auch nicht früher einen Termin geben, wenn sie mir ihre ganze Lebensgeschichte erzählen“, seufzt sie und wischt mit einem Desinfektionstuch über das EC-Gerät. „Am Telefon übertreiben alle total und erzählen, wie schlimm sie aussehen. Dann kommen sie rein und sehen aus wie aus dem Ei gepellt.“
Das stimmt allerdings nur bedingt. Vielen sieht man die unfreiwillige Friseurpause an. „Am Pony war ich mit der Nagelschere“, gesteht eine Frau mit blondem langen Jahr. Eine Endvierzigerin hat einen rund vier Zentimeter breiten weißen Ansatz im dunklen Haar. „Normalerweise komme ich alle vier Wochen zum Färben“, verrät sie. Und: Oh Wunder, jetzt will sie ausgerechnet das nicht mehr. „Ich hab die Krise für eine Typänderung genutzt. Ich bin jetzt so mutig und lass mein Weiß rauswachsen“, erklärt sie. Der Grund ihres Besuchs: Nachschneiden – und Silbershampoo kaufen.
Zurück-zum-alte-Typ bei den Männern beliebt
Keine Typänderung, sondern ein Zurück-zum-alten-Typ steht bei den zahlreichen Männern an, die am ersten Tag zum Friseur kommen. „Bei Kurzhaarfrisuren wächst die Form schneller raus. Lange Haare werden einfach nur länger“, erklärt eine Friseurin, die einem blonden Mann in den Dreißigern die Haare schneidet. Konturen kommen wieder zum Vorschein. „Karneval war ich das letzte Mal hier. Kurz bevor ich wieder kommen wollte, war dann geschlossen“, klagt er. Er habe sich in den letzten Wochen unwohl gefühlt mit seinem Haarschnitt. „Aber die anderen sahen ja auch nicht besser aus.“
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Während er still und schicksalsergeben litt, hat Juristin Cordula beherzt im Freundeskreis um Hilfe gebeten. „Ich hatte schon bei den Videokonferenzen mit dem internationalen Team die Kamera ausgemacht, weil ich meine Frisur so schrecklich fand“ , gesteht sie. Eine Marketingleiterin hat schließlich das Haareschneiden übernommen.
„Gar nicht so schlecht. Es macht richtig Spaß, das auszugleichen“, sagt Friseurin Sara Stumpf – und lässt ihre 800-Euro-Profi-Schere durch das Haar wandern. Während die Kollegen aus Spanien und Italien inzwischen bei den Videokonferenzen Hüte tragen, kann Cordula sich mit ihrer Frisur nun wieder wohlfühlen vor der Kamera.