Kölner KlimagenossenschaftWie „heuteStadtmorgen“ Köln klimaneutral machen möchte

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Plakate werben für die Klimagenossenschaft.

Plakate werben für die Klimagenossenschaft.

Auf dem Weg zum klimaneutralen Köln will jetzt eine Genossenschaft für Tempo sorgen. Das Konzept ist umfassend.

Elf Jahre hat Köln noch Zeit, um klimaneutral zu werden. Im Jahr 2035, so hat es der Rat beschlossen, soll es so weit sein. Jetzt gibt es Rückenwind: durch die Klimagenossenschaft „heuteStadtmorgen“. Sie will dabei unterstützen, die bereits konkret formulierten Maßnahmen des Aktionsplans Klimaschutz umzusetzen.

„Ich sehe die Genossenschaft als Unterstützung für die Stadt. Sie kann ja nicht alles selber machen“, sagt Michael Vesper (Grüne). Der Ex-NRW-Bauminister gehört dem Aufsichtsrat von „heuteStadtmorgen“ an. Den Vorsitz hat die ehemalige Düsseldorfer Regierungspräsidentin Anne Lütkes (Grüne). Den Vorstand der Genossenschaft bilden Frank Schillig und Jörg vom Stein vom Kölner Klimarat sowie Projektentwickler Klaus Eschmann, der auch Organisator der Veranstaltung Straßenland ist.

Gegründet im Sommer vergangenen Jahres, nimmt die Genossenschaft jetzt Fahrt auf. Im Stadtgebiet werben Plakate dafür, Mitglied zu werden. 111 Euro kostet ein Anteil. Das Interesse sei groß, sagt Schillig. 50 neue Mitglieder seien bereits in wenigen Tagen dazu gekommen. Rund 200 Mitglieder gibt es bereits. 10.000 sind als ehrgeiziges Ziel angepeilt. Dass der Weg dahin noch weit ist, tut dem Optimismus keinen Abbruch. „Auch die weiteste Reise beginnt mit dem ersten Schritt“, sagt Vesper.

Kölner Klimagenossenschaft: Einzigartig in Deutschland

Dabei ist die neue Kölner Klimagenossenschaft einzigartig in Deutschland. Anders als Bürgerenergie-Genossenschaften, die sich in der Regel auf klimafreundliche einzelne Projekte ausrichten, ist „heuteStadtmorgen“ breit aufgestellt. „Unser Ziel ist es, die ganze Bandbreite des Klimaschutzes abzudecken. Dazu gehört zum Beispiel auch Ernährung und Landwirtschaft, Mobilität bis hin zu Wirtschaftssystemen“, sagt Schillig. In Aktivkreisen können Menschen ihre Ideen einbringen.

Die Begründung: Wenn man nur die „einfachen Dinge“ mache, wie Solaranlagen zu bauen, käme man nicht weit genug in Richtung Klimaneutralität. „Das Schöne in Köln ist ja, dass es den Klimarat gibt, den Frau Reker 2020 ins Leben gerufen hat. Er deckt den gesamten Bereich ab“, sagt Schillig. Auch das Maßnahmenpaket zum Erreichen der Klimaneutralität ist dort aufgestellt und vom Rat beschlossen worden.

Die Klimagenossenschaft ist basisdemokratisch aufgestellt. Wer einen Anteil erwirbt, hat ein Mitspracherecht bei der Mitgliederversammlung. „Wir wollen die gesamte Stadtgesellschaft erreichen. Eine Genossenschaft ist eines der wenigen Instrumente, die das ermöglicht“, sagt Schillig. Jedes Mitglied hat eine Stimme, unabhängig wie viele Anteile es hält. Schilligs Traum ist es, mit „heuteStadtmorgen“ eine regelrechte Bewegung zu schaffen. „Eine Bewegung, in der einfach jeder merkt: Hey, ich baue gemeinsam mit meinen Freunden, meinen Bekannten, mit allen Kölnern an meiner lebenswerten Stadt.“

„heuteStadtmorgen“: Auch Wirtschaftsorganisation

Dabei ist die Genossenschaft nicht nur eine Aktiv-, sondern auch eine Wirtschaftsorganisation. Wer Geld investiert, kann auf eine Rendite hoffen. Es wird ein Mix aus kommerziellen und nicht-kommerziellen Klimaprojekten angestrebt. So werden Maßnahmen umgesetzt, die sich unter anderem über Energieeinsparung oder Energieerzeugung refinanzieren.

Das erste Klimaschutzprojekt ist schon an Land gezogen. Auf fünf Mehrfamilienhäusern der Wohnungsgenossenschaft Köln-Süd in Zollstock wird „heuteStadtmorgen“ Photovoltaik-Anlagen errichten und den Solarstrom den Mietern anbieten. So etwas verspricht auf Dauer Rendite. Genau wie Windparks, Ladeinfrastruktur oder Wärmeprojekte. „Es gibt aber auch Projekte, die gemacht werden müssen und kein Geld einbringen“, sagt Schillig. So will „heuteStadtmorgen“ auch Viertel im Blick haben, in denen sozial schwächere Menschen leben. „Wir wollen, dass die auch spüren, dass die Klimagenossenschaft sich um alle Menschen dieser Stadt kümmert“, so Schilligs Vision.

Ob die Mitglieder diese Vision mittragen, wird sich bei den Mitgliederversammlungen zeigen. „Unser Job als Aufsichtsrat ist es, dafür zu sorgen, dass der Vorstand die Ideen der Mitgliederschaft aufnimmt und entlang dieser Prinzipien operativ arbeitet. Dabei geben wir Rat“, erklärt Vesper. Mit dem Umwelt-Dezernenten der Stadt, William Wolfgramm, ist die Klimagenossenschaft im steten Austausch. „Wir treffen uns alle zwei Monate und tauschen uns über mögliche Maßnahmen und Unterstützung aus“, sagt Schillig.

Es gibt bereits weitere Projekte in der Pipeline. Und: An Kölnerinnen und Kölner, die große Dächer haben und nicht selber in Photovoltaik investieren wollen, appelliert Klimagenossenschafts-Vorstand Schillig, sich zu melden: „Sprecht uns an. Genauso, wenn euch irgendwo ein Ladepunkt fehlt.“

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