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Kölner Talent beim Afrika-CupZurück aus dem Sommermärchen

Lesezeit 3 Minuten

Spieler mit Perspektive: Marc Lamti von Bayer Leverkusen ist seit diesem Sommer tunesischer Nationalspieler.

Köln – Als feststand, dass sein Sommerurlaub ausfällt, überkam Marc Lamti (18) eine Mischung aus Freude und Aufregung. Am Telefon bekam der talentierte Fußballer seine Nominierung für die Nationalmannschaft Tunesiens mitgeteilt. Statt mit Freunden auf Mallorca auszuspannen, hieß das neue Ziel plötzlich Ägypten. Austragungsort des Afrika-Cups.

Zum Einsatz kam Marc Lamti zwar nicht, aber das war vom jüngsten Spieler dieses Turniers auch nicht unbedingt zu erwarten. „Ich habe mich riesig gefreut überhaupt dabei zu sein. Eigentlich war ich für die U23 nominiert worden, aber im Training habe ich dann einen ganz guten Eindruck hinterlassen“, sagt der Kölner, der in der U19 von Bayer Leverkusen spielt und auch hier schon mehrfach bei den Profis trainieren durfte. Lamti erlebt eine spannende Phase seiner sehr jungen Sportkarriere, denn er steht auf dem Sprung in den Profifußball.

Als er gerade vier Jahre alt war, hatte er beim FC Pesch quasi eigenmächtig seinen Sport gefunden: Fußball. „Er ist mit Ball am Fuß zum Platz gelaufen. Und er hat Druck gemacht“, erinnert sich sein Vater David und lacht. Nun ist sein Sohn offiziell Nationalspieler. Beim Testspiel Tunesiens gegen den Irak wurde er in der 81. Minute eingewechselt. Für ihn ging übrigens Ellyes Skhiri vom Platz, an dem der 1. FC Köln interessiert ist. „Wir haben uns natürlich unterhalten. Ich habe ihm gesagt, dass der FC ein toller Verein ist. Und ich habe ihm angeboten, ihm die Stadt zu zeigen“, erzählt Lamti. Shkiri wolle sich melden, sagt er. Im Test gegen Burundi durfte Lamti ein paar Tage später sogar mehr als 20 Minten spielen.

Seit der U8 bei Bayer Leverkusen

Marc Lamti ist Kölner. Er wurde hier geboren, wuchs in Pesch auf, lebt dort noch bei seinen Eltern. Dass er seine Fußballjugend in Leverkusen verbracht hat, war Zufall. „Nachdem mich die Bayer-Trainer beim Geißbock-Cup gesehen hatten, wurde ich abgeworben“, sagt er. Seit der U8 spielt er schon in Leverkusen. Das ändert aber nichts daran, dass der Rest seiner Familie große Sympathien für den FC hegt. Bis zur achten Klasse ging er noch in Pesch aufs Gymnasium, dann wechselte er auf eine Realschule in Leverkusen. „Ich musste eine halbe Stunde nach der Schule schon in der Kabine sein. Gegessen habe ich meistens im Auto“, erzählt er. Nun macht er bei Bayer eine Ausbildung als Sport- und Fitnesskaufmann.

Er durfte bereits mit 18 Jahren das Trikot der tuniesischen Nationalmannschaft tragen.

Dass Lamti nun das tunesische Nationaltrikot trägt, hat sich eher so ergeben, als dass es das Ergebnis eines ausgeklügelten Plans war. In der U15 war Lamti einst zu zwei Lehrgängen beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) eingeladen worden, er hatte stets einen deutschen Pass. Weil sein Großvater aus Tunesien stammt, durfte er nun die Einladung zur Nationalmannschaft annehmen. „Es war nicht einfach, weil ich kein Arabisch spreche. Aber auf Englisch konnte ich mich verständigen“, sagt der 1,96 Meter große Innenverteidiger, der sich aber auch im defensiven Mittelfeld wohl fühlt. Während des Afrika-Cups hat er sich an Mohamed Dräger vom SC Paderborn geheftet und mit ihm ein Zimmer geteilt. Dräger fungierte zugleich als Dolmetscher. Ins Visier des tunesischen Verbands war Lamti geraten, weil ein privater Betreiber der Internetseite „Tunesiche Talente“ Spielszenen des 18-Jährigen hochgeladen hatte.

Viel Pause hat Lamti nach seiner Rückkehr aus Ägypten nicht. Mit den Profis von Bayer 04 verbrachte er ein paar Tage in Salzburg, nun steht das Trainingslager der U19 an. Bei seinem Vater klingelte nach dem Afrika-Cup mehrfach das Handy. „Es haben sich einige Berater gemeldet, die Marc gerne managen würden“, erzählt David Lamti. Doch er ist zurückhaltend. „Ich möchte mir erstmal selbst einen Überblick verschaffen, falls Angebote kommen“, meint er.