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Kölns Bausünden„Ich wär längst in Berlin“

Lesezeit 3 Minuten

Peter Busmann im Café des Museum Ludwig. Den Museumskomplex mit Philharmonie entwarf er 1975 mit Godfrid Haberer.

KölnSie sind in Hannover geboren, haben in Braunschweig studiert. Was hat Sie 1958 nach Köln verschlagen?

Der Zufall. Ich war mit dem Zug auf der Durchreise, hatte drei Stunden Aufenthalt und habe mich bei einem Architektur-Büro beworben. „Sie können anfangen“, haben die gesagt.

1972 kam Godfrid Haberer in Ihr Büro. Das Projekt, für das Sie beide in Köln und darüber hinaus bekannt wurden, ist der Museumskomplex mit der Philharmonie. Würden Sie den Bau heute anders entwerfen?

Die grundsätzlichen Sachen würd’ ich genauso machen. Die Idee mit dem Konzertsaal kam übrigens von uns. Ohne uns hätte die Stadt auch nicht die Verbindung zwischen Dom und Rhein. Das Projekt ist mein Opus magnum – zehn Sekunden brauchten wir für die Idee, zehn Tage für den Wettbewerbsbeitrag und zehn Jahre für Planung und Bau.

Was ist in Köln noch auf Ihrem Reißbrett entstanden?

Unter anderem das Stapelhaus, das Gemeindezentrum mit der Matthäuskirche in Lindenthal, das Bahnhofsdach und mit Bauturm-Kollegen die Musikhochschule.

Arbeiten Sie noch als Architekt?

Ja, ich bin noch Gesellschafter des Berliner Büros und an Wettbewerben beteiligt; seit 25 Jahren bin ich zudem in Südamerika beim Bau von Kindergärten und Schulen beratend tätig, in Deutschland sammel’ ich das Geld für die Projekte.

Was sind aus Ihrer Sicht die größten Bausünden in Köln?

Zum einen die Nord-Süd-Fahrt und die Ost-West-Achse, die die Innenstadt zerschneiden. Zum anderen ist die Silhouette der Stadt und die Dominanz des Doms zerstört durch die Hochhäuser. Ich bin stolz, selber keines gebaut zu haben.

Wie gefällt Ihnen der Rheinauhafen?

Teilweise ist es eine zeitgemäße, bemerkenswerte Architektur. Ich hätte die Bauten aber nicht höher als das Siebengebirge geplant und Fußgängerbrücken zur Südstadt geschaffen. Und: Es fehlt an Bäumen.

Nicht nur hier . . .

Ja, in der Stadt werden Bäume regelrecht verteufelt, dabei sind Bäume das urbane Grün und Raum bildend.

Wie sollte der Deutzer Hafen bebaut werden?

In den Hafen gehören maßvolle Wohngebäude – mit guter Durchgrünung, um den Charakter der Rheinaue fortzusetzen.

Was würden Sie in Köln am liebsten abreißen lassen?

Was mich immer geärgert hat, ist das Hochhaus der Post neben St. Peter.

Was läuft falsch in Politik und Verwaltung, dass es in Köln so viele Bausünden gibt?

Auf Investoren wird zu viel Rücksicht genommen und innerhalb der Stadt kooperieren die Ämter zu wenig. Köln gehört zu den lebendigsten, erfreulichsten Städten in Deutschland, aber das Erscheinungsbild entspricht nicht der Qualität dessen, was die Menschen produzieren. In Hamburg und München gibt es deutlich weniger Bausünden.

Welcher moderne Bau weltweit fasziniert Sie am meisten?

Das Guggenheim Museum in New York von Frank Lloyd Wright. Es ist eine architektonische Skulptur, eine wunderbare, einmalige Konstruktion.

Wohnen Sie privat in einem selbst erbauten Traumhaus?

Nein, in einem Bau aus den 20er Jahren, eine Mischung aus Renaissance und Jugendstil. Ich hätte gern mal für mich gebaut, aber am Anfang fehlte das Geld, später die Zeit.

Was muss ein Haus haben, damit Sie sich wohl fühlen?

Gut proportionierte Räume, einen Bezug zur Natur, keinen Verkehrslärm und gutes Licht - mein wichtigstes Baumaterial, übrigens auch das billigste.

Werden Sie in Köln bleiben?

Ich wär schon längst in Berlin, aber meine Frau arbeitet hier. Wie ich von Politik und Verwaltung behandelt werde, ist unwürdig. Ich bin zum Beispiel der einzige deutsche Architekt, der in den Orden „pour le merite“ für Wissenschaft und Künste gewählt wurde, aber das interessiert hier ja nicht.